30 Jahre Milan-Boss Wie Berlusconi sich selbst feiert

Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi feiert sich und 30 Jahre AC Mailand mit einem rauschenden Fest. Doch als Politiker kämpft er gegen das Absinken seiner „Forza Italia“ in die Bedeutungslosigkeit.

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Der AC-Mailand-Boss befindet sich politisch derzeit auf dem absteigenden Ast. Quelle: dpa

Rom Silvio Berlusconi ist noch nie ein Mann der Bescheidenheit gewesen, weder in Worten, noch in Taten, weder als Politiker, noch als Unternehmer. Und so lässt er es richtig krachen in Mailand ab diesem Samstag, um „seinen“ Club AC Milan zu feiern. Vor genau 30 Jahren kaufte Berlusconi den Fußballverein und wurde Präsident. Eine Woche lang wird gefeiert. Erst trifft er die Mannschaft am Samstag zum Mittagessen, dann werden jeden Tag die Erfolge im Stadion und im hauseigenen Museum auf Video gezeigt und nächsten Woche laufen die Spieler im neuen Trikot auf, auf dem groß „Berlusconi“ steht.

Fußball-Erfolge kann er nachweisen, auch wenn der Verein heute nur auf Platz sechs der italienischen Liga A hinter Juventus, Neapel und Fiorentina steht: Achtmal gewannen die „rossoneri“, die Rotschwarzen, die italienische Meisterschaft, achtmal standen sie im Champions-League-Finale und fünfmal holten sie den Titel – 2007 unter dem neuen Bayerntrainer Carlo Ancelotti. Die rosafarbene Sportzeitung „Gazzetta dello Sport“ zeigte zum Anlass des Jubiläums, was wahre Hofberichterstattung ist: Auf vier Seiten brachte sie ein Interview mit Silvio Berlusconi, geschmückt mit Bildern, bei denen keine Frage kritisch war. Da ging es um die „schönste Erinnerung“: der 4:0-Sieg 1989 gegen Steana Bucarest in Barcelona, mit Gullit und van Basten, schon ein paar Jahre her, und darum, dass sich Berlusconi als „großer Bruder“ vieler Milan-Spieler wie Ronaldinho, Maldini oder Kakà fühle.

Im September wird der Mailänder Medienmogul 80. Das neue Engagement für den Fußball garantiert ihm wieder positive Schlagzeilen, seit es sehr ruhig um ihn geworden ist. Die glänzenden Zeiten des stets stark geschminkten und mit künstlich implantierten Haaren geschmückten Putin-Freunds sind vorüber. Und auch der „Bunga-Bunga“-Prozess in Anspielung auf wilde Partys mit Callgirls in seiner Villa in Arcore liegt zurück und endete mit einem Freispruch.

Dann gab es noch die Fotos von seinem Sozialdienst in einem Altersheim in der Nähe von Mailand. Den musste er ableisten, weil er in einem anderen Prozess schuldig gesprochen worden war, wegen seines Alters aber nicht ins Gefängnis musste. Seitdem darf Berlusconi für die nächsten Jahre auch kein politisches Amt mehr bekleiden und nicht mehr wählen. Und selbst die Hochglanzfotos von ihm und seiner 48 Jahre jüngeren Verlobten Francesca Pascale sind aus den italienischen Klatschblättern verschwunden.


Doch es geht nicht nur um Ruhm

In der Politik läuft es für den viermaligen Premierminister nicht gut und auch seine Finanzholding Fininvest hat nicht mehr so glänzende Ergebnisse wie früher. Dann doch lieber Fußball. Jeden Sonntag ist Berlusconi im Stadion in San Siro, seine Tochter Barbara hat er ins Präsidium des Vereins geholt.

Jahrelang bestimmte der Unternehmer, der sein Vermögen erst mit Immobilien und dann mit Privatsendern machte, mit seiner Partei „Forza Italia“ die Politik in Italien und prägte die Sicht auf sein Land. Politologen sprechen heute von „Berlusconismus“, wenn sie die 20 Jahre analysieren, in denen er mit zwei Unterbrechungen mit verschiedenen Koalitionspartnern an der Spitze der Regierung stand. „Berlusconismus“ bedeutet: Maßgeschneiderte Gesetze, um seine Macht zu vergrößern und sich vor Strafverfolgung zu schützen, die ihm selbst am meisten halfen wie die Abschaffung des Tatbestands der Bilanzfälschung. Kritiker warfen ihm vor, seine privaten und wirtschaftlichen mit öffentlichen Interessen zu vermischen.

Die Liste der Prozesse gegen ihn ist lang. Angeklagt wurde er wegen Meineid, Bestechung, illegale Parteienfinanzierung, Bilanzfälschung, Steuerhinterziehung und Mafia-Kontakte. Doch bis auf ein Verfahren kam es nie zu einer rechtskräftigen Verurteilung kam, da in Italien ein Urteil erst nach der dritten Instanz rechtskräftig wird.

Heute liegt die „Forza Italia“ abgeschlagen mit rund zwölf Prozent hinter den Demokraten von Premier Matteo Renzi, dem ehemaligen Bündnispartner Lega Nord und den Populisten des Movimento5 stelle. Ohne ihr Zugpferd Berlusconi funktioniert die Partei nicht, die er 1984 wie ein Unternehmen auf der Basis von Marktforschung gründete.

An diesem Samstag wird Milan-Trainer Mihajlovic 47 Jahre alt. „Ab jetzt nur noch gewinnen“, werde ihm Berlusconi beim Gala-Mittagessen sagen, schreibt die „Gazzetta dello Sport“. Für den Meistertitel ist es zu spät, aber Berlusconis Ziel ist ein Platz in der Champions League. „In diesen Jahren haben wir acht Champions-League-Finale erreicht. In fünf Jahren müssen es zehn werden“, plant der Präsident.

Doch es geht nicht nur um Ruhm, sondern auch um ganz praktische Gründe: Vor einem Jahr kaufte Berlusconis Medienholding Mediaset für 717 Millionen Euro für ihr Premium-Segment die Exklusiv-TV-Rechte an der Champions League und bootete Sky aus. Das muss sich rechnen, zumal vor kurzem der thailändische Investor Bee Taechaubol, in Italien „Mr. Bee“ genannt, seine Zusagen für 480 Millionen Euro zurückgezogen hat. Kevin-Prince Boateng, Torwart Gianluigi Donnarumma und die anderen müssen es richten – schon am Montag nach der Party im Auswärtsspiel gegen Neapel.

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