Ägypten und die Emirate Geld gegen Macht

Ägyptens Wirtschaft hängt in den Seilen. Die kleinen Vereinigten Arabischen Emirate sind zum wichtigsten Verbündeten des größten Lands in der arabischen Welt geworden. Die Zusammenarbeit soll nun noch ausgebaut werden.

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Kairo sucht sich einen neuen Verbündeten – die Vereinigten Arabischen Emirate. Quelle: dpa

Dubai Die einen haben Geld, aber wenig Menschen. Die anderen eine große Bevölkerung, aber kein Geld. Beiden Ländern gemeinsam ist die Angst vor islamistischen Extremisten und einer iranischen Expansion in einer instabilen Region. Unter diesen Voraussetzungen haben sich die Beziehungen zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten in den vergangenen Jahren vertieft. Die kleine mit den USA befreundete Golfnation schickt sich an, treuester Verbündeter des größten Landes der arabischen Welt zu werden.

Nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi im Juli 2013 investierten in erster Linie die Emirate, aber auch Saudi-Arabien und Kuwait, Milliarden in Ägypten. Die Emirate, eine Föderation von sieben Staaten, beschafften und beschaffen Investoren, um die angeschlagene Wirtschaft zu stabilisieren. Auch die militärische Zusammenarbeit wurde ausgebaut.

Der Außenminister der Emirate, Scheich Abdullah bin Said al-Nahjan, begründete dieses Engagement erst im Februar auf einer Konferenz in Dubai so: „Sicherheit in Ägypten ist ein Eckpfeiler für die Sicherheit der ganzen arabischen Welt.“ Demonstrativ stellte das Opec-Mitglied die neue Freundschaft in den Fokus der Konferenz, an der 80 Länder teilnahmen. Auf einem Logo war zu lesen, dass Ägypten bei den Emiraten einen besonderen Platz einnehme. Der ägyptische Ministerpräsident Ibrahim Mahlab bedankte sich artig und lobte die „kluge Führung“ der Emirate.

Die Wirtschaft in Ägypten liegt seit dem Umsturz 2011, als der Autokrat Husni Mubarak aus dem Amt gejagt wurde, am Boden. Investitionen aus dem Ausland blieben aus, auch die Tourismusbranche darbte. Die ausländischen Währungsreserven schwanden, gleichzeitig stieg die Arbeitslosigkeit. Die Unruhen und Gewaltexzesse im Land ließen die Kräfte schwinden, die Wirtschaft wieder aufzubauen.

Hilfe kam aus den Golfstaaten. Denn mit der neuen ägyptischen Führung um Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatten sie ein gemeinsames Feindbild: Mursis Muslimbruderschaft. Gegen Sympathisanten der Gruppe gingen die Regierungen im Sog des Arabischen Frühlings aggressiv vor. Im November brandmarkten Riad und Kairo die Gruppe als Terrororganisation.

Die finanziell größten Hilfen kamen aus den Emiraten: Einem Bericht der Regierung der Emirate zufolge war Ägypten im Jahr 2013 mit Abstand der größte Empfänger von Geldern - mit 4,6 Milliarden Dollar (4,2 Milliarden Euro). Damit war die Hilfe 29 Mal so hoch wie die von Ägyptens zweitgrößtem Unterstützer Jordanien.


Schulen, Krankenhäusern, Weizensilos

Zusätzlich zu diesem Geld half der Opec-Staat seinem Partner Ägypten mit dem Bau von Schulen, Krankenhäusern, Weizensilos und Zehntausenden Häusern. Das Geld hierfür - rund zehn Milliarden Dollar - war Ägypten nach dem Sturz Mursis zweckgebunden zur Verfügung gestellt worden. Zum Vergleich: Vor Mursis Sturz war Ägypten mit dem Internationalen Währungsfonds im Gespräch gewesen, um einen Kredit von 4,8 Milliarden Dollar zu bekommen - dazu kam es jedoch nie.

Kommende Woche soll die Zusammenarbeit noch ausgebaut werden: Auf der Sinai-Halbinsel findet dann unter tatkräftiger Mitwirkung der Emirate eine Konferenz statt, mit deren Hilfe Investoren nach Ägypten gelockt werden sollen, um die Wirtschaft des Landes wiederzubeleben. Die Elite der Emirate wird dort versammelt sein. Führungskräfte von westlichen Unternehmen wie General Electric und Coca-Cola werden sich mit Vertretern von in den Emiraten angesiedelten Unternehmen wie der Telecom Etisalat Group, der Firma Abraaj Capital und dem Immobilien-Unternehmen Emaar Properties die Bühne teilen. Darüber hinaus werden leitende Angestellte aus Luftfahrt, Bankwesen und Energiesektor aus den Emiraten dabei sein.

Bereits bekannt ist, dass das Bauunternehmen Arabtec Holding aus den Emiraten ehrgeizige Pläne für ein 40-Milliarden-Dollar-Projekt hat: Ziel ist es, eine Million Häuser in ganz Ägypten für Menschen mit mittleren Einkommen zu errichten. Mithilfe des Projekts sollen mehr als eine Million Jobs in Ägypten entstehen.

Natürlich profitieren auch die Emirate von diesem Engagement. Das Land ist reich, stellt nach Saudi-Arabien die zweitgrößte Wirtschaft der arabischen Welt und kann daher viel Geld für Verteidigung ausgeben. Das zeigt sich auch daran, dass es eine der am besten ausgerüsteten Armeen der Region besitzt. Was die Emirate jedoch nicht haben, ist das Menschenpotenzial von Ägypten. In den Emiraten leben lediglich neun Millionen Menschen, darunter viele ausländische Arbeiter. In Ägypten leben rund 90 Millionen.

Wegen seine Bevölkerungsgröße, aber auch seiner Lage sowie der großen historischen und kulturellen Bedeutung sehen die Emirate Ägypten als zentral für die Sicherheit der Region an. Jane Kinninmont, Nahost-Expertin von der britischen Denkfabrik Chatham House sagt: „Ägypten ist für die Vereinigten Arabischen Emirate der strategische Partner Nummer eins außerhalb des Golfs.“ Das liege daran, dass beide eine ähnliche Vision für die Region und eine sehr ähnliche Wahrnehmung der Bedrohung hätten. „Und die Bedenken über die Muslimbruderschaft haben sie noch enger zusammengebracht.“

Die gewachsenen Beziehungen fanden auch Ausdruck in einer Reihe gemeinsamer Manöver im letzten Jahr. Zusammen sollen die beiden Länder im August islamistische Kämpfer in Libyen bombardiert haben. Und die Militärkooperation soll noch ausgebaut werden: Im letzten Jahr führten Ägypten, Saudi-Arabien, Kuwait und die Emirate Gespräche über die Gründung eines Militärbündnisses gegen militante Extremisten.

Nach den Enthauptungen koptischer Christen in Libyen vor wenigen Tagen durch die Terrormiliz Islamischer Staat rief Al-Sisi dazu auf, eine gemeinsame arabische Militäreinheit zu gründen. Zwei Länder, fügte er hinzu, hätten separat bereits militärische Kräfte entsandt, um Ägypten zu helfen: Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate.

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