Afrika Ägypten wirbt um Investoren

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Verkehrshaos in Kairo Quelle: Getty Images

Dabei ist Siemens mit Abstand der größte deutsche Investor im Land. Der Anteil der Deutschen an den Auslandsinvestitionen krebst um höchstens zwei Prozent. Nicht nur Araber aus den Golfstaaten, sondern auch Amerikaner, Briten und Franzosen hängen die deutsche Wirtschaft ab. Und immer stärker trumpfen chinesische Unternehmen auf. Chinesische Autos verdrängen die deutschen von Kairos chronisch verstopften Straßen, und bei Ausschreibungen im Telekommunikationssektor, berichtet el-Mahdi, lagen chinesische Anbieter manchmal 70 Prozent unter den Preisforderungen von Europäern.

Trotzdem: Wegen des robusten Wirtschaftswachstums – 4,7 Prozent im Fiskaljahr 2008/09, im laufenden Jahr etwa 5,4 Prozent – haben noch viele Exporteure und Investoren aus dem Ausland Chancen, die Deutsche bislang kaum nutzen. „Bei uns ist Ägypten als Wirtschaftsstandort einfach nicht bekannt genug“, sagt Magnus Vennewald von der Deutsch-Arabischen Industrie- und Handelskammer in Kairo. Am Nil hat es nie einen Überschwang gegeben wie am ölreichen Persischen Golf, aber auch keine Bauchlandung wie in Dubai 2009 – Lohn der noch unvollständigen Modernisierung.

Die hat natürlich auch ihren Preis: „Versuchen Sie nur nicht, hier in Ägypten an eine Kreditkarte zu kommen, Sie sind wochenlang mit nichts anderem beschäftigen“, klagt ein westeuropäischer Manager, der ansonsten nur Gutes über das ökonomische Klima zu sagen weiß: „Es ist überhaupt kein Problem, innerhalb von 20 Tagen die Lizenz für ein neues Unternehmen zu erhalten und dann hervorragende Mitarbeiter zu finden!“ Expats schwärmen von den Sprachkenntnissen ihrer einheimischen Mitarbeiter: Gutes, beneidenswert akzentfreies Englisch ist für gebildete Ägypter selbstverständlich, Französisch ist weit verbreitet, und die deutsch sprechende Gemeinschaft rechnet viele ägyptische Absolventen des seit Jahrzehnten florierenden Kairoer deutschen Gymnasiums zu den Ihren.

Weil das so ist, hat die internationale Callcenter-Industrie Ägypten entdeckt. In Ägypten findet man leichter als etwa in Indien polyglotte Mitarbeiter mit geringen Gehaltsansprüchen. Als Schwerpunkt für Callcenter, aber auch für anspruchsvollere IT-Firmen und einzelne Regierungsbehörden entsteht derzeit in 30 Kilometer Entfernung vom Kairoer Stadtzentrum das bescheiden so genannte „Smart Village“, viel größer als die entsprechenden „Digital City“ oder ähnlich genannten Projekte in Dubai, Abu Dhabi oder sonst wo am Golf.

„Smart Village“ gehört zu den vielen Trabantenstadt-Projekten, mit denen die Regierung seit Jahrzehnten die Bevölkerungsexplosion bekämpfen will. Das Land hat derzeit fast 80,5 Millionen Einwohner, nächstes Jahr werden es 1,6 Millionen mehr sein; jeder dritte Ägypter lebt im Großraum Kairo. Dieser Anteil wächst mit der Entfaltung einer modernen städtischen Wirtschaft, mit der das ländliche Ägypten überhaupt nicht mithalten kann. Die Versalzung der schmalen fruchtbaren Streifen zwischen Nil und Wüste nimmt zu. Unbildung und Armut in den Dörfern erinnern nicht an andere Schwellenländer, sondern an hoffnungslose Staaten der Dritten Welt.

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