Die Europäische Union und die USA verhandeln über einen gemeinsamen Binnenmarkt. Könnte das Freihandelsabkommen „TTIP“ den Niedergang der USA und der EU abmildern?
Ich bin seit jeher ein Verfechter des Freihandels und würde es sehr begrüßen, wenn Europa und die USA einen gemeinsamen Binnenmarkt schaffen. Das würde auf beiden Seiten des Atlantiks viele Jobs schaffen und ein bisschen den Verlust der Arbeitsplätze kompensieren, die durch den Einsatz von Maschinen und Robotern sowie durch die Verlagerung der Jobs nach Osten verloren gegangen sind. Ich fordere aber auch, dass bei solch einem Abkommen Standards formuliert werden, vor allem in der Landwirtschaft und beim Klimaschutz.
Die Gespräche werden überschattet durch die NSA-Affäre. Wie bewerten Sie die Überwachung der Bürger im Inland wie im Ausland durch die US-Regierung?
Die USA spionieren im großen Stil, nicht nur die NSA. Zollbeamte dürfen Dateien von privaten Computern kopieren – ohne jeden Verdacht. Die Regierung bezuschusst die Installation von Ortungskameras, die, auf Streifenwagen montiert, die Nummernschilder sämtlicher Autos fotografieren, die ihnen begegnen. Die Angst vor Terroranschlägen dient als scheinbar unanfechtbare Rechtfertigung für ein Maß an staatlicher Überwachung herangezogen, das noch vor wenigen Jahren die meisten Amerikaner schockiert hätte.
Sie verwenden in Ihrem Buch gar den Begriff „Polizeistaat“.
Ich werfe den USA nicht vor, ein Polizeistaat zu sein. Ich sage lediglich, dass wir dabei sind, die Techniken so zu verfeinern, dass bei einem Missbrauch durchaus die Gefahr besteht, dass demokratische Länder zu Polizeistaaten mutieren könnten. Wir müssen genau hinschauen und aufpassen, dass die Privatsphäre der Menschen geachtet wird. Aber noch einmal: Wir sollten nicht panisch werden. Es gab in den USA viele Phasen, in denen führende Politiker versucht haben, Bürgerrechte massiv einzuschneiden. Das war unter Woodrow Wilson der Fall, der etwa die Rassentrennung im Militär wiedereinführte. Oder unter dem US-Senator Joseph McCarthy, der im Kampf gegen den Kommunismus über die Stränge schlug. Auf all diese Zeiten folgte immer auch eine Phase der Verteidigung und der Erweiterung der Bürgerrechte. Ich sehe durchaus Tendenzen, dass dies auch dieses Mal der Fall ist.
Die Überwachungspraktiken der NSA
Die Überwachungspraktiken des US-Auslandsgeheimdiensts NSA stehen seit der Enthüllung durch den Informanten und IT-Experten Edward Snowden in der Kritik. Einige Beispiele, über die Medien berichtet haben.
Nach Snowdens Enthüllungen zapfen die USA die Rechner von Internet-Firmen an, um sich Zugang zu Videos, Fotos, E-Mails und Kontaktdaten zu verschaffen. Der Datenhunger betrifft auch die Kommunikation in Europa, darunter Deutschland und Frankreich. Die Möglichkeit dazu bietet unter anderem das Spionageprogramm „Prism“.
Der Geheimdienst NSA und sein britischer Gegenpart GCHQ sollen in der Lage sein, einen Teil der Verschlüsselung und der Datentunnel im Internet zu knacken. Das soll nicht nur Online-Banking und Internet-Shops betreffen, sondern auch Internet-Dienstleister wie Microsoft, Yahoo, Google, Facebook, AOL, YouTube, Skype, AOL und Apple.
Telefon- und Videoverbindungen gelten ebenfalls als nicht sicher. So soll die NSA die Vereinten in New York abgehört und deren Videokonferenzanlage angezapft haben. Betroffen sei auch die EU-Vertretung bei der Uno.
Der Geheimdienst soll auch Millionen chinesischer Mobilfunknachrichten sowie wichtige Datenübertragungsleitungen der Tsinghua-Universität in Peking ausspioniert haben. In Frankreich sollen Wirtschaft, Politik und Verwaltung betroffen sein - allein Ende 2012 und Anfang 2013 rund 70,3 Millionen Datensätze von Telefonverbindungen. In Mexiko sollen Regierungsmitglieder bespitzelt worden sein.
Das hört sich in Ihrem Buch ganz anders an. Da schreiben Sie, dass Sie dieses Mal skeptisch sind, dass es wieder einen Ausgleich gibt, dass die historische Regel nicht mehr gelten könnte.
Ich war skeptisch, als ich das Buch geschrieben habe. In den vergangenen Wochen aber mehrten sich die Anzeichen, dass es auch dieses Mal wieder einen Kreislauf geben könnte – und die Einschnitte der Bürgerrechte eingedämmt werden. Es gibt im US-Kongress sowohl von republikanischen, als auch von demokratischen Politikern Appelle, die Überwachung der Bürger einzuschränken. Das sind ermutigende Zeichen. Meine Skepsis hat sich also ein bisschen gelegt.
Lassen Sie uns abschließend noch über den Klimawandel sprechen: Die globalen Treibhausgase steigen weiter. Was ist zu tun?
Wir müssen den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Welt beschleunigen. Um das zu schaffen, schlage ich vor, eine wie auch immer geartete CO2-Steuer einzuführen, die den für die globale Erderwärmung verantwortlichen Treibhausgasemissionen einen angemessenen Marktpreis zuweist. Gekoppelt werden sollte das mit niedrigen Grenzwerten für die Emissionen.