Al Jazeera Katars umstrittener Nachrichtensender

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Der Einfluss des Scheichs

Mustafa Souag, Nachrichtenchef des Senders, sieht in der Finanzierungsweise kein Problem: “Die Herrscherfamilie als Geldquelle bewahrt den Sender davor, kommerzieller zu werden und damit Werbekunden annehmen zu müssen.“ Viele Kritiker vertreten den Standpunkt, Al Jazeera würde sich, was Katar betrifft, selbst zensieren. Aus der Luft gegriffen ist der Vorwurf nicht: Vor allem die Berichterstattung über Bahrain stimmt auffällig deutlich mit der politischen Linie Katars überein. Die dortigen Revolten im Jahr des arabischen Frühlings beschrieb der Sender lediglich als „Unruhen mit religiösem Hintergrund.“ Grund dafür war höchstwahrscheinlich, dass Bahrain gemeinsam mit Katar im Golfkooperationsrat sitzt.

Das ist Katar

Al Jazeera selbst betont immer wieder die eigene Unabhängigkeit und veröffentlichte seinen ethischen Kodex, der eine ausgeglichene und neutrale Berichterstattung garantieren soll. Dabei sind die Unterschiede in der Art und Weise der Berichterstattung zwischen der arabischen und der englischen Version des Senders beachtlich. Während Al Jazeera English vor allem auf internationale Themen und eine eher liberale Position setzt, wird dem arabischen Sender häufig vorgeworfen, die Muslimbruderschaft und die Radikalisierung des islamischen Raumes zu fördern. Der Einfluss des Scheichs auf die Berichterstattung ist sicher nicht zu leugnen.

Das gilt allerdings auch für die globale Bedeutung des Senders als Medium.

Wenigen Sendern gelingt es, so nah am oft turbulenten politischen Geschehen im arabischen Raum zu sein. Auch die zahlreichen Talkshows bei Al Jazeera, in denen häufig kritisch über diverse Regime diskutiert wird, sind ansonsten selten in der arabischen Medienlandschaft. Kein Wunder also, dass gerade jetzt Ägypten, Saudi Arabien und Bahrain von Katar nicht nur ein Ende der vermeintlichen Terrorfinanzierung verlangen, sondern auch ein Verbot von Al Jazeera fordern.

Der Managing Director von Al Jazeera English, Giles Trendle, reagierte auf die Forderung aus Saudi-Arabien mit einem flammenden Appell: "Die Forderung einer Schließung von Al Jazeera kommt einem Versuch gleich, das grundlegende Menschenrecht auf Redefreiheit zu unterdrücken. Es ist ein offenkundiges Gesuch, die Medien mundtot zu machen und Zugang zu unverfälschter Berichterstattung und unparteiischen Erzähltechniken zu vermeiden. … Wir lassen uns weder einschüchtern und schikanieren noch zensieren oder zum Schweigen bringen."

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