Alan Henning Ehefrau von IS-Geisel appelliert an Entführer

Die Terrormiliz IS hat mit der Ermordung eines in Syrien verschleppten Briten gedroht. Nun wendet sich die Ehefrau öffentlich an die Entführer. Derweil gibt die Freilassung der türkischen IS-Geiseln Rätsel auf.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Undatiertes Foto von Alan Henning: „Ein friedlicher, selbstloser Mensch.“ Quelle: ap

London Die Ehefrau einer britischen Geisel der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat die Entführer eindringlich um die Freilassung ihres Mannes gebeten. Er sei ein „friedlicher, selbstloser“ Mensch, der in Syrien gewesen sei, um bedürftigen Menschen zu helfen, hieß es in der am frühen Sonntagmorgen vom britischen Außenministerium veröffentlichten Bitte der Ehefrau.

Auf frühere, „wirklich wichtige“ Appelle an die Entführer ihres Mannes Alan Henning habe sie keine Antwort erhalten. „Ich bete, dass die Menschen, die Alan festhalten, auf meine Botschaften antworten und mit mir in Kontakt treten, bevor es zu spät ist.“

Die Terrormiliz hatte im Video von der Ermordung der britischen Geisel David Haines mit der Tötung des 47 Jahre alten Ehemannes der Frau gedroht. Der Taxifahrer war im Dezember 2013 gekidnappt worden. Die Dschihadisten haben auch zwei US-Journalisten enthauptet. Für die Freilassung des 47-Jährigen hatten sich unlängst auch zwei Imame in Großbritannien eingesetzt.

Rätsel um türkische IS-Geiseln

Vor der Uno-Generalversammlung werden die USA in der kommenden Woche weiter für ein globales Bündnis im Kampf gegen IS werben. „Das hier ist nicht Amerika gegen den Islamischen Staat“, sagte US-Präsident Barack Obama am Samstag in einer Rundfunkansprache in Washington. „Das ist die Welt gegen den Islamischen Staat.“ Mehr als 40 Länder unterstützten mittlerweile die Koalition gegen den IS.

Nach mehr als drei Monaten in der Gewalt der IS-Terroristen sind 46 türkische und 3 irakische Geiseln wieder frei. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan teilte mit, der Geheimdienst MIT habe die Geiseln während einer nächtlichen „Rettungsoperation“ befreit. Die Terrormiliz hatte die Türken in ihre Gewalt gebracht, als sie am 11. Juni das Konsulat im nordirakischen Mossul stürmte.

Die befreiten türkischen Geiseln trafen am Samstag in ihrer Heimat ein. Die Zeitung „Hürriyet Daily News“ zitierte eine Geheimdienstquelle, wonach kein Lösegeld geflossen und auch kein Gefangenenaustausch vereinbart worden sei. Wie die Türkei die Extremisten zur Übergabe der Geiseln brachte, blieb unklar.

Im benachbarten Syrien führte der jüngste IS-Vormarsch zu einer neuen Flüchtlingswelle. 45.000 Kurden seien vor den Extremisten in die Türkei geflohen, sagte der türkische Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus. Am Freitag hatte die Türkei ihre Grenze geöffnet, nachdem sich aus Angst vor IS-Massakern Tausende Menschen davor versammelt hatten. Laut neuesten Uno-Zahlen vom Sonntag waren es bereits 70.000 innerhalb der vergangenen 24 Stunden.

Die IS-Extremisten beherrschen im Irak und in Syrien jeweils rund ein Drittel der Fläche des Landes. Dort haben sie ein „islamisches Kalifat“ ausgerufen.


Iran bietet Geschäft zur Hilfe an

Im Irak hatten die USA ihre Luftangriffe gegen IS-Stellungen weiter ausgeweitet. Am Samstag flogen sie nach Augenzeugenberichten erstmals Angriffe unmittelbar im Stadtzentrum von Mossul. Die 400 Kilometer nördlich von Bagdad gelegene Stadt ist eine Hochburg der Terrormiliz. Eine Bestätigung vom US-Zentralkommando für diesen Angriff lag zunächst nicht vor.

Extremisten hatten Mossul Mitte Juni in einem Blitzangriff eingenommen und von dort aus weitere Teile des Iraks erobert. Bislang hatten die USA vor allem das Umland von Mossul bombardiert. Am Freitag waren dabei nach Berichten von Augenzeugen mindestens 22 IS-Kämpfer ums Leben gekommen.

Iran: „Man gibt etwas, man bekommt etwas“

In New York war am Freitag der Uno-Sicherheitsrat zu einer Sondersitzung zusammengekommen. In einer gemeinsam verabschiedeten Erklärung verurteilte das Gremium die Tötungen, Vergewaltigungen, Entführungen und Folter der Terrormiliz auf das Schärfste. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, heißt es in dem Papier. Einige der Verbrechen „könnten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen“.

Als erster Staat nach den USA hatte Frankreich am Freitag begonnen, Stellungen des IS im Irak zu bombardieren.

Der Iran zeigt unterdessen Bereitschaft zur Kooperation mit den USA im Kampf gegen IS. Im Gegenzug verlangt die Führung in Teheran allerdings Zugeständnisse des Westens in den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm, wie die Nachrichtenagentur Reuters von hochrangigen iranischen Regierungsvertretern erfuhr. „Der Iran ist ein sehr einflussreiches Land in der Region und kann im Kampf gegen IS helfen“, sagte einer davon. Eine Unterstützung dürfe aber keine Einbahnstraße sein. „Man gibt etwas, man bekommt etwas“, ergänzte er.

IS sei eine Gefahr für die Weltsicherheit. Aber das iranische Nuklearprogramm sei dies nicht, es sei friedlich. Westliche Diplomaten sagten jedoch, in den Atomgesprächen sollten keine weiteren Themen auf den Tisch kommen.
Offiziell haben die USA und der Iran eine militärische Zusammenarbeit ausgeschlossen. Doch US-Außenminister John Kerry hatte kürzlich gesagt, der Iran müsse eine Rolle bei der Abwehr von IS spielen. Der iranische Präsident Hassan Ruhani hatte IS für die Enthauptung von Geiseln scharf kritisiert. Er wird in der neuen Woche zur UN-Vollversammlung in New York erwartet, wo der IS zentrales Thema sein dürfte.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%