„Altparteien“ gegen „Populisten“ Bitte Argumente statt Moral!

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Aus Gegnern werden Feinde

Politisches Moralisieren ist bequem. Es ist die einfachste Antwort von Mächtigen, die durch uneingestandene eigene Fehler und Schwächen zu empfindlich geworden sind, um offene Kritik ertragen zu können. Und das in einer Situation, wo sie es am nötigsten hätten.

Moralisieren erspart langes und gründliches Nachdenken über die langfristigen Folgen kurzfristiger Entscheidungen ebenso wie das Abwägen und Austarieren der Interessen. Auch in Brüssel und Berlin gibt es wohl manchen Europa-Politiker der sich nun sogar freut, dass Großbritannien bald nicht mehr zur EU gehören wird. Schließlich gehörten die weitestgehend moralbefreiten und nutzenorientierten Verhandlungen mit Großbritannien zu ihren unangenehmsten Dienstpflichten.

Moralisieren dagegen schafft klare Verhältnisse: Wir sind die Guten, die anderen sind die Bösen. Das macht die Lage übersichtlicher und schließt die eigenen Reihen.

Der Nachteil: Aus Gegnern mit anderen Interessen werden unversöhnliche Feinde. Es gehört zu den wunderbaren zivilisatorischen Errungenschaften Europas (nicht erst der EU!) und besonders der Briten, durch die repräsentative Demokratie und den Rechtsstaat die Voraussetzungen dafür geschaffen zu haben, dass aus innenpolitischen Interessengegensätzen nicht Feindschaften werden müssen. Denn von da ist es nicht mehr sehr weit zur nächsten Eskalationsstufe: zum Bürgerkrieg. Die europäischen Nationen haben alle solche dunklen Epochen in ihrer Geschichte hinter sich. Unsere Nachbarn in der islamischen Welt und Afrika stecken gerade mitten drin.

Die wohl wichtigste Voraussetzung dafür, dass aus politischen Gegnern keine Feinde werden, ist allerdings, dass sich die Kontrahenten nicht gegenseitig als „Böse“ betrachten.

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