America first So bereitet Trump den Handelskrieg vor

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Trump und das Heft des Handels

Zwar obliegt traditionell die Verantwortung für die Handelspolitik dem US-Kongress. Dieser jedoch hat seit Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder Rechte an den Präsidenten abgegeben, etwa um die nationale Sicherheit zu gewährleisten oder die heimische Industrie zu schützen. In einem Papier der Bertelsmann-Stiftung USA, das der WirtschaftsWoche vorliegt, schreiben die Forscher von „weitgehenden Möglichkeiten“, die der Präsident habe, um den Import von Waren und Dienstleistungen aus anderen Ländern zu unterbinden. Auch Claudia Schmucker, Handelsexpertin bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) sagt: „Nur wenn Trump den Handel liberalisieren will, muss er mit dem Kongress arbeiten. Strafzölle und die Aufkündigung von Handelsabkommen kann Trump einfach so beschließen. Restriktiv hat er fast völlig freie Hand.“

Da wäre etwa der „Trading with the Enemy Act“, der dem US-Präsidenten weitgehende Rechte einräumt, alle möglichen ausländischen Transaktionen von Gütern oder Besitz zu bestrafen oder zu unterbinden, die in irgendeiner Weise mit den USA verbunden sind. Entstanden ist dieses Gesetz zwar schon 1917 und natürlich, um die USA und ihre Wirtschaft im Ersten Weltkrieg vor dem Feind zu schützen. Doch schon von 1950 bis 2008 diente es den Vereinigten Staaten als Grundlage für die Sanktionen gegen Nordkorea. Nun könnte es, so die Bertelsmann-Experten, „sehr wohl auch gegen andere Staaten angewandt werden, die mit den Vereinigten Staaten im Konflikt stehen.“

Gleiches gilt wohl für den „Trade Expansion Act“ von 1962, mit dem der US-Wirtschaftsminister auf ökonomische Bedrohungen der nationalen Sicherheit reagieren kann. Stellt der Minister demnach fest, dass ein importiertes Gut aufgrund seiner Menge oder den Umständen seiner  Einfuhr eine Bedrohung für die USA darstellt, darf der Präsident den Import erschweren oder schlicht verbieten. So geschehen unter Trumps Vorgängern Gerald Ford, Jimmy Carter oder Ronald Reagan um Öleinfuhren aus dem mittleren Osten zu besteuern  oder zu unterbinden.

"Der Protektionismus schadet den amerikanischen Verbrauchern"

Selbst innerhalb bestehender Handelsabkommen kann der Präsident einiges anrichten. Der Nafta-Vertrag mit Mexiko und Kanada etwa, den Trump noch im Wahlkampf wüst beschimpft hatte und abschaffen wollte, garantiert dem US-Oberhaupt wohl das Recht, Zölle zu erheben, um annähernd gleiche Handelsbedingungen für alle Seiten herzustellen. „Das existierende Abkommen würde es Trump erlauben, Importe relativ einfach einzudämmen“, schreiben die Bertelsmann-Handelsfachleute.

Und dann ist da schließlich noch der zentrale „Trade Act“ an sich, beschlossen 1974, mit dem der US-Präsident in die Lage versetzt wird, Strafzölle und Importquoten gegen Länder zu verhängen, denen er unfairen Wettbewerb nachweisen kann – etwa weil es ungleiche Löhne gibt oder eine „immanente und signifikante“ Abwertung des Dollar. Ein solches Szenario wäre tatsächlich für Trump sehr einfach konstruierbar. Etwa im Falle Chinas. Die Volksrepublik nämlich lässt ihren Renminbi nicht frei schwanken, sondern reguliert die Währung manuell. Zwar führt das US-Finanzministerium seit einigen Jahren schon China nicht mehr als „currency manipulator“, doch das dürfte Trump kaum aufhalten. Zumal seine Berater – Wirtschaftsminister Wilbur Ross, Handelsberater Peter Navarro und Handelsbeauftragter Robert Lighthizer – ohnehin als größtmögliche China-Kritiker gelten. Auch im US-Repräsentantenhaus finden sich viele ablehnende China-Kommentatoren.

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"Es ist gut möglich, dass diese Administration einen Handelskrieg mit China und Europa anzettelt“, sagt Handelsforscher Kirkegaard. Die Twitter-Aktionen der vergangenen Wochen, etwa gegen BMW, seien nur ein Anfang. Sein worst-case-Szenario: Trump erklärt den nationalen Notstand aufgrund Chinas angeblicher Währungsmanipulationen. Er erhebt eine Sonderabgabe auf chinesische Produkte. Die Chinesen reagieren indem sie alle US-Firmen im Land zur Steuer-Sonderprüfung bitten, irgendetwas finden und Milliardenstrafen verlangen. Trump müsste amerikanische Firmen schützen und würde weitere Strafen verhängen. So könnte es mit einigen Ländern laufen – auch mit Europa. „Die Welthandelsorganisation WTO müsste dann einschreiten. Also tritt Trump auch dort aus“, sagt Kirkegaard. „Dann wäre das Welthandelssystem zurück im Jahr 1930.“

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