Offen für neue Vorschläge zur Lösung des US-Schuldendramas sei er, flötet US-Präsident Barack Obama am Freitag bei der ersten Rede nach seiner Wiederwahl. Lasst uns miteinander reden, umgarnt er Freund und Feind. Es müsse doch möglich sein, einen Kompromiss zwischen Demokraten und Republikanern zu finden. Spitzenpolitiker der Opposition, Vertreter von Bürgerinitiativen, ja sogar Unternehmer wolle er Anfang nächster Woche zu Gesprächen treffen, um deren Ideen und Meinungen zu hören, wie denn Amerikas Schuldenproblem gelöst werden könne. Na, das wird ja mal langsam Zeit, Mr. President.
Flugs stellte der neue alte Chef im Weißen Haus aber gleich mal klar: Nur ein ausgewogener Plan sei mit ihm zu machen. Zur Lösung des Haushaltsstreits müssten Ausgabenkürzungen mit höheren Einnahmen kombiniert werden. Deshalb müssten wohlhabende Amerikaner eben etwas mehr Steuern zahlen. Es könne ja wohl nicht sein, so Obama, bei Studenten-Darlehen zu kürzen, den Wohlhabenden aber Steuererleichterungen zu schenken. Auch die müssten was zum Schuldenabbau beitragen.
„Lasst uns die Steuererleichterungen für die Mittelklasse verlängern, und die für die Wohlhabenden auslaufen“, rief Obama und wedelte mit einem Federhalter vor der Kamera herum: „Hier, ich habe einen Stift dabei, ich kann das gleich unterzeichnen, dann ist ein großer Teil der Unsicherheit bei den Verbrauchern kurz vor Jahresende endlich weg.“
Recht hat der Präsident damit sicherlich. Das amerikanische Familienfest „Thanksgiving“ steht in der vierten Novemberwoche vor der Tür und einen Monat später ist auch schon Weihnachten - dem Konsum würde eine Verlängerung der Steuererleichterungen aus der Ära der Bush-Regierung sicherlich einen Schub geben.
Giftspritze für die Republikaner
Aber so einfach ist das leider nicht. Gleich in seiner ersten Rede, setzt Obama bei der Opposition die Giftspritze an: Da war es wieder das hässliche Wort „Steuererhöhung“ – ein rotes Tuch für die Republikaner und wahrlich keine Einladung an sie, sich kompromissbereiter zu zeigen.
Die Republikaner zeigten sich in Person des Spitzenpolitikers John Boehner allerdings auch nicht gerade nachgiebig. Ebenfalls am Freitag haute Boehner gleich mal auf den Tisch und beharrt ebenfalls auf den alten Positionen seiner Partei. Steuererhöhungen seien mit den Republikanern nicht zu machen – für niemanden. Einem Kompromiss der Steuererhöhungen für irgendeinen Amerikaner vorsehen würde, stimmten die Republikaner nicht zu.
Wall Street reagiert nervös
Sein Vorschlag: die Steuererleichterungen einfach für alle verlängern bis sich die beiden Parteien im Kongress auf eine umfassende Steuerreform geeinigt haben. Mit einer solchen umfassenden Reform ließen sich Schlupflöcher und Ausnahmen schließen und das resultiere in mehr neue Einnahmen für den Staat als die Wohlhabenden zu schröpfen.
Tja – all diese Positionen kennen wir jetzt schon. Nachdem der Wahlkampf nun vorbei ist im Ton freundlicher, aber dennoch auf den ewig gleichen Positionen zu verharren – damit kommen weder Obama noch die Republikaner voran, um Amerika vor einer neuen Rezession zu bewahren.
Viel Zeit bleibt nicht mehr, um sich zu einigen. Zum Jahreswechsel drohen automatische Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Milliardenhöhe, falls der Kongress nicht um ein umfassendes Sparprogramm zum Schuldenabbau einigt. Gleichzeitig laufen befristete Steuersenkungen aus. Kommt es tatsächlich zu diesen Kürzungen, stünde Amerika eine heftige Rezession bevor. „Fiscal cliff“, haben die Amerikaner das drohende Unheil getauft.
Extrem nervös reagierten die Finanzmärkte in der vergangenen Woche auf den Wahlausgang. Obama ist zwar wiedergewählt, seine Demokraten konnten ihre Mehrheit im Senat behaupten und sogar ausbauen. In der anderen Kammer des Kongress aber, behielten die Republikaner aber die Mehrheit – ein Durchregieren ist also nicht möglich.
Also, Schluss mit dem Muskelgespiele und den alten Reflexen – Mr. President: eine Einigung muss her. Get busy – wie die Amerikaner so schön sagen.
Obama betet für CIA-Chef
Für Präsident Obama fing die zweite Amtszeit gleich mit einem Rücktrittsgesuch an: Der Chef des amerikanischen Geheimdienstes CIA, David Petraeus, reichte bei Obama am Freitag seinen Rücktritt ein – wegen einer Sexaffäre. Obama nahm das Gesuch an. Er bete für Petraeus und seine Frau und wünscht den beiden das Beste in diesem schwierigen Moment. Beten, hilft ja bekanntlich immer.