Amtseinführung Donald Trump Was wir nicht brauchen

Amerikaner lieben es, den Europäer gute politische Ratschläge zu geben. Sie sollten es lieber lassen. Bei ihnen zu Hause gibt es genug Probleme, die gelöst werden müssen. Ein Kommentar.

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„Keine Frage, es gibt einen Haufen Probleme in Europa. Aber US-Experten oder -Politiker, die ab und zu für ein paar Stunden einfliegen und Schnelldiagnosen abgeben, sind bei der Lösung dieser Probleme nicht gerade hilfreich.“ Quelle: Corbis Historical/Getty Images

New York City Nun auch noch Jamie Dimon. Der Chef der US-Großbank JP Morgan vertieft sich in europäische Probleme, analysiert, gibt Ratschläge. Die Europäer hätten die Ursachen für den Brexit, den Beschluss der Briten zum Ausstieg aus der Europäischen Union, nicht genug im Blick, findet er, und nennt dabei Stichworte wie „Zuwanderung“ und „Brüssel“. Er warnt von den verschneiten Davoser Höhen herab, der Populismus werde noch zunehmen, wenn die Europäer sich diesen Problemen nicht zuwenden.

Dimons Äußerungen kommen, kurz nachdem der künftige US-Präsident die Europäische Union insgesamt für eine Fehlkonstruktion erklärt hat, die angeblich nur deutschen Interessen dient. Und sie schließen sich an eine lange Tradition amerikanischer Ökonomen an. Leute wie der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz erklären ständig, dass die Euro-Zone nicht funktionieren kann. Angelsächsisch geprägte Kommentatoren haben schon so oft den baldigen Exitus der Euro-Zone vorhergesagt, dass man es gar nicht mehr zählen kann. Den Brexit sowie die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten haben sie dagegen meist nicht vorher gesehen.

Keine Frage, es gibt einen Haufen Probleme in Europa. Aber US-Experten oder -Politiker, die ab und zu für ein paar Stunden einfliegen und Schnelldiagnosen abgeben, sind bei der Lösung dieser Probleme nicht gerade hilfreich. Sie gießen eher noch Öl ins Feuer der politische Diskussionen. Ihre Lösungsvorschläge, so sie überhaupt welche haben, funktionieren meist nur in der Theorie und haben mit der Praxis wenig zu tun. Wenn ihnen gar nichts mehr einfällt, machen sie Deutschland für die Probleme verantwortlich. Amerikaner neigen dazu, europäische „Wohlfahrts-Staaten“ wie Deutschland als zu dirigistisch und zu wenig kapitalistisch anzusehen, um dann der deutschen Regierung die Schuld dafür zu geben, dass ihre Bürger und Unternehmen lieber exportieren als konsumieren.

Natürlich ist manche Kritik aus den USA an Europa und insbesondere an Deutschland auch berechtigt. Aber in der Regel kann davon ausgehen, dass die Europäer selber die betreffenden Probleme auch schon erkannt haben und längst darüber diskutieren. 

Sollten die Europäer zurückschlagen und bei Tagungen in den USA  gute Ratschläge geben, wie sich das marode Polizei- und Justizwesen der USA am besten reformieren lässt? Oder wie man mit erheblich weniger Geld als bisher eine Gesundheitsversorgung für alle Bürger auf die Beine stellen kann? Vielleicht noch garniert mit ätzender Kritik an der Obdachlosigkeit in einer Stadt wie New York, in der Dutzende von Milliardären wohnen?

Lieber nicht. Die Europäer können zur Lösung amerikanischer Probleme nicht viel beitragen.

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