Analyse Warum Südafrika nach dem Zuma-Rücktritt ein Sanierungsfall ist

Nach massivem Druck aus seiner Partei ANC hat der südafrikanische Präsident Zuma seinen sofortigen Rücktritt erklärt – und hinterlässt einen Scherbenhaufen.

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Zehn Jahre lang war er Regierungschef in Südafrika. Quelle: AP

Kapstadt Als begnadeter Redner wird Jacob Zuma nicht in die Geschichte eingehen. Die Ansprachen des am späten Mittwoch nur unter großem Druck abgetretenen südafrikanischen Staatschefs waren hölzern und langatmig. Seine Rücktrittsrede bildete keine Ausnahme: Über 30 Minuten lang sprach Zuma wirr daher, ehe er im letzten Satz schließlich dann seinen Rücktritt ankündigte – knapp zwei Stunden vor Ablauf eines Ultimatums, das sein regierender Afrikanischer Nationalkongress (ANC) dem sturen Präsidenten zuvor gesetzt hatte. Andersfalls wäre Zuma im Parlament durch ein Misstrauensvotum entmachtet worden – eine Demütigung erster Güte.

Lange hatten die Südafrikaner diesen Schritt herbeigesehnt. Denn für das Land war die zehnjährige Regierungszeit Zumas ein Desaster – ökonomisch wie politisch. Seine gesamte Präsidentschaft ist von einer langen Liste schwerer Korruptionsvorwürfe geprägt. Der Strommonopolist Eskom und andere staatliche Unternehmen wie etwa die nationale Fluglinie SAA wurden geplündert und stehen vor dem Bankrott. Die einst hocheffiziente Steuerbehörde wurde ebenso wie die Strafverfolgungsbehörden stark geschwächt.

Die nach wie vor größte Volkswirtschaft Afrikas, die einst als Hoffnungsträger des ganzen Kontinents galt, steckt in einer tiefen Krise. Die Staatsverschuldung ist zwar mit einem Wert von 53 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung auf einem relativ niedrigen Niveau. Aber sie hat sich in Zumas Amtszeit glatt verdoppelt. Die willkürliche Ernennung von Ministern, gerade im Finanzressort, das früher als Stabilitätsanker galt, hat das Vertrauen der Anleger zerstört. Die Ratingagenturen haben Südafrika insbesondere wegen des schwachen Wirtschaftswachstums von zuletzt 0,7 Prozent (2017) auf Ramschstatus herabgestuft.

Wie erleichtert vor allem die schwer angeschlagene Wirtschaft über die nun besiegelte Präsidentschaft Cyril Ramaphosas ist, lässt sich an der Erholungsrally der südafrikanischen Währung Rand in den vergangenen Tagen ablesen. Bereits zu Wochenbeginn war der Rand in Erwartung einer Machtübernahme Ramaphosas auf mehrjährige Hochs zu Dollar und Euro gestiegen. Offenbar ist die Privatwirtschaft überzeugt, dass Ramaphosa als versierter Geschäftsmann seinen Worten Taten folgen lässt.

Noch ist aber vieles unklar. „Südafrika braucht einen massiven Reformschub“, sagt Nazmeera Moola, Währungsexpertin bei Investec Asset Management in Kapstadt. Magda Wierzycka, Chefin der Sygnia Group und eine Aktivistin im Kampf gegen die Korruption am Kap, stimmt zu: „Jacob Zuma und sein ANC haben in den letzten Jahren viel zerstört. Entsprechend viel gibt es zu reparieren.“ Ob ohne Zuma alles besser wird, ist nicht klar. Offen ist etwa die Frage, ob die korruptionsanfällige Regierungspartei ANC zum Wandel bereit ist. „Die Positionen des ANC zu Marktwirtschaft oder Eigentumsfragen sind so nebulös und widersprüchlich wie immer“, klagt Tim Cohen, Chefredakteur des „Business Day“. Zumas Rücktritt ändere daran wenig. Der ANC sei tief zerstritten.

Spätestens mit der Wahlniederlage von Zumas Ex-Frau Nkosasana Dlamini Zuma gegen seinen Erzrivalen Cyril Ramaphosa auf dem Parteitag des ANC im Dezember war Zumas Niedergang besiegelt: Durch die versuchte Berufung seiner Frau zur Vizepräsidentin hatte er sich ausreichend Schutz vor einer strafrechtlichen Verfolgung erhofft, wie sie ihm nun droht – vergebens.

Zuma erlebt nun ganz unmittelbar, wie es sich anfühlt, wenn die früheren Freunde und Mitstreiter, die er über Jahre in Ministerämter oder sogar die Chefsessel staatlicher Firmen gehievt hat, das sinkende Schiff verlassen. Es ist die alte, eherne Regel: Wenn Macht erst einmal bröckelt, zerfällt sie schnell.

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