Anschlag von Manchester Britische Polizei glaubt an rasche Ermittlungserfolge

Die britische Polizei macht bei ihren Ermittlungen zum Anschlag von Manchester nach eigener Aussage rasch Fortschritte, acht Menschen befinden sich in Haft. Die Spur des Selbstmordattentäters führt auch nach Deutschland.

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Die britische Polizei glaubt an schnelle Ermittlungserfolge. Quelle: AP

London/Berlin Die Ermittlungen nach dem Anschlag von Manchester mit 22 Toten kommen nach Darstellung der britischen Polizei gut voran. Er könne den Menschen versichern, dass die insgesamt acht Festnahmen bedeutsam seien, sagte der Chef der Polizei von Manchester, Ian Hopkins, am Donnerstag. Auch seien bei Durchsuchungen Gegenstände entdeckt worden, die für die weiteren Untersuchungen sehr wichtig seien.

Britische Sicherheitsbehörden haben nach Regierungsangaben in den vergangenen vier Jahren 18 geplante Terroranschläge vereitelt. Allein seit der Attacke im Londoner Regierungsbezirk Westminster im März seien fünf Attentate verhindert worden, zitierte die britische Nachrichtenagentur PA am Donnerstag Regierungskreise. Der Inlandsgeheimdienst MI5 führe um die 500 Ermittlungen gleichzeitig. Jederzeit gebe es bis zu 3000 Personen, die für den Geheimdienst von besonderem Interesse seien.

Der Manchester-Attentäter Salman Abedi habe in der Vergangenheit zu diesem Personenkreis gehört, so die Quelle. Zuletzt sei er aber nicht mehr regelmäßig überprüft worden. Die Entscheidung, ob jemand als potenzieller Terrorist eingestuft werden müsse, sei schwierig.

Nach Angaben der deutschen Behörden soll Abedi sich vier Tage vor dem Anschlag in Düsseldorf aufgehalten haben. Auf dem Weg nach Manchester sei er dort umgestiegen, hielt sich nach Angaben der Düsseldorfer Polizei aber nur im Transit- und Sicherheitsbereich des Flughafens auf. Erkenntnisse über Kontakte nach Nordrhein-Westfalen gebe es nicht.

Unterdessen stoppte die britische Polizei vorerst die Weitergabe von Informationen zu dem Anschlag an die US-Behörden, nachdem in dortigen Medien Erkenntnisse zu den Ermittlungen veröffentlicht worden waren. Dies wurde der Nachrichtenagentur Reuters aus Kreisen der Anti-Terrorimus-Fahnder bestätigt.

Im Rahmen des Nato-Gipfels in Brüssels ging die britische Premierministerin Theresa May daher die USA hart an. US-Präsident Trump verurteilte die Lecks öffentlich und kündigte Ermittlungen an. So hatte etwa die „New York Times“ Fotos vom Tatort veröffentlicht, die unter anderem Reste der Bombe sowie den Rucksack des Attentäters zeigten.

Vom Flug Abedis vergangene Woche von Düsseldorf nach Manchester berichteten das Magazin „Focus“ und das ZDF. Beiden Medien zufolge war Abedi auch bereits 2015 in Deutschland und flog von Frankfurt nach Großbritannien. Zuvor sei er offenbar zur paramilitärischen Ausbildung in Syrien gewesen, habe Scotland Yard dem BKA mitgeteilt, berichtete der „Focus“.

Laut ZDF ergab eine Prüfung, dass Abedi nicht an den deutschen Flughäfen registriert wurde. Dies lege nahe, dass er jeweils nur im Transitbereich gewesen sei. Am 18. Mai sei er von der Türkei nach Düsseldorf geflogen und dann weiter nach Großbritannien. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums erklärte, die britischen und die deutschen Behörden stünden in engstem Kontakt. „Selbstverständlich sind auch etwaige Bezüge in andere Länder sowie mögliche Reisewege Teil dieser Ermittlungen.“


„Belegbare“ Verbindungen zum IS

Die in Syrien und dem Irak aktive Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat die Tat von Manchester für sich reklamiert. Die britische Regierung geht davon aus, dass Abedi nicht allein gehandelt hat. Die Polizei sprach von einem Netzwerk. Der französische Innenminister Gerard Collomb hatte von „belegbaren“ Verbindungen Abedis zum IS gesprochen.

Bei dem Anschlag starben am Montag 22 Menschen, darunter auch Kinder und Jugendliche. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen 22-Jährigen mit libyschen Wurzeln, der in Großbritannien geboren wurde. In dem Land gilt erstmals seit zehn Jahren die höchste Terror-Warnstufe „kritisch“. Dies bedeutet, dass ein weiterer Anschlag unmittelbar bevorstehen könnte.

Königin Elizabeth besuchte ein Kinderkrankenhaus in Manchester, in dem 19 Verletzte des Anschlags behandelt werden. Nach Angaben des Nationalen Gesundheitsdienstes werden in acht Kliniken 116 Verletzte des Attentats behandelt. 23 von ihnen schweben noch in Lebensgefahr. In der Stadt im Nordwesten Englands gedachten am Donnerstag die Menschen mit einer Schweigeminute der Opfer.

Unter den in Großbritannien festgenommenen Personen soll sich unbestätigten Medienberichten zufolge auch ein Bruder Abedis befinden. Zudem wurden sein Vater und ein jüngerer Bruder in Libyen festgenommen. Der Bruder stehe im Verdacht, Beziehungen zum IS zu unterhalten und einen Anschlag in der Hauptstadt Tripolis geplant zu haben.

Der US-TV-Sender ABC News berichtete, die Polizei habe in Abedis Wohnung eine Art Bombenwerkstatt gefunden. Er habe offenbar genug Chemikalien gelagert, um weitere zu bauen. Ermittlerkreisen zufolge hat Abedi die Bombe wohl selbst hergestellt. Dem Nachrichtenportal „The Independent“ zufolge wurden auch bei weiteren Razzien Materialien zum Bombenbau entdeckt. Ein verdächtiger Gegenstand sei kontrolliert zur Explosion gebracht worden.

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