APEC-Gipfel Wie Europa unwichtig wird, ohne es zu merken

Der APEC-Gipfel in Peking zeigt: Der Schwerpunkt des Weltgeschehens hat sich längst nach Asien verlagert. Europa wird marginalisiert - wirtschaftlich wie politisch.

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Barack Obama und Park Geun-hye Quelle: REUTERS

Für den APEC-Gipfel hat China den Pekingern Zwangsurlaub verordnet. So sollen weniger Autos die notorisch verstopften Straßen der Hauptstadt befahren. Außerdem wurden über 2500 Kraftwerke und Stahlfabriken in den Dreckschleuderprovinzen Shanxi und Hebei abgeschaltet.

Den 21 Regierungschefs aus dem asiatischen-pazifischen Raum, inklusive Wladimir Putin und Barack Obama, will Xi Jinping seine Hauptstadt von ihrer besten Seite präsentieren. Europäer sind nicht dabei - aus dem banalen geographischen Grund: Europa liegt nicht am Pazifik.
Das letzte Mal, dass sich Peking so von seiner "sauberen" Seite zeigte, war 2008 bei den Olympischen Spielen. Damals waren sowohl die japanische als auch die deutsche Volkswirtschaft noch größer als die chinesische. Sechs Jahre später hat der Staatskapitalismus der Volksrepublik die ehemaligen Konkurrenten weit hinter sich gelassen.

Konjunkturindikatoren

40 Prozent der Weltbevölkerung leben in APEC-Staaten, die Hälfte davon wiederum sind Chinesen. China misst sich heute mit den USA, es nimmt für sich den Status einer Supermacht in Anspruch. Europa wird marginalisiert. Während sich in Deutschland die Bürger über Chlorhühner echauffieren, die ein Freihandelsabkommen mit den USA in deutsche Supermärkte bringen könnte, verlagert sich das Zentrum des Weltgeschehens nach Asien: Wirtschaftlich, finanziell, außenpolitisch und ökologisch.

Wirtschaftlich

Kritik an Chinas Wachstumsmodell ist berechtigt. Eine Immobilienblase und ein immer weiter vor sich hin schwelender Schattenbankensektor drücken auf das Wachstum, dass im vergangenen Quartal bei 7,3 Prozent lag. Hinzu kommt: Noch ist die Bau-Branche angeheizt durch zahlreiche Infrastrukturprojekte eine der wichtigsten Wachstumstreiber. Dass das nicht immer so weitergehen kann, ist auch der Regierung in Peking bewusst. Xi Jinping bezeichnete geringeres Wachstum als das "neue Normal", die Zeiten von zweistelligen Zuwachsraten sind vorüber.
Andererseits: Im Gegensatz zu Europa gibt es in Asien überhaupt Wachstum. Die deutsche Wirtschaft verdient noch gut am chinesischen Boom. Die neue chinesische Mittelschicht will deutsche Autos, und Unternehmer brauchen deutsche Maschinen, um ihre Produktion zu modernisieren. Doch andere europäische Staaten spielen wirtschaftlich für China so gut wie keine Rolle mehr - weshalb Peking auch gesonderte Beziehungen mit Berlin pflegt.

Die Schwellenländer Indien und Indonesien hinken China hinterher, doch die Richtung ist klar: Sowohl Produktion als auch Konsum verlagern sich nach Asien. Schon heute erwirtschaften die APEC-Staaten 57 Prozent des weltweiten BIPs. Dieser Anteil wird angetrieben von China steigen.
So will Peking 40 Milliarden US-Dollar in einen Infrastruktur-Fonds zur Wiederbelebung der alten Seidenstraße investieren. Schon heute wird in der uigurischen Stadt Kashgar an einer gewaltigen Sonderwirtschaftszone gebaut, die die Stadt zum Zentrum des zentralasiatischen Warenverkehrs machen soll. Eine Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) in Peking soll mit 50 Milliarden Dollar ähnliche Impulse setzen.
Viel wichtiger aber dürfte das Freihandelsabkommen werden, über das die USA und China verhandeln. Während die USA mit elf anderen Staaten eine Transpazifische Partnerschaft (TPP) favorisieren, will China mit 15 Staaten eine Regionale Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) einrichten. Welches Modell sich am Ende durchsetzt, ist unklar. Chlorhühner spielen bei der Diskussion keine Rolle.

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