Atomabrüstung Die Nato warnt Russland

Die Nato hat Russland vor einer Abkehr von einem wichtigen Atomabrüstungsabkommen gewarnt. Offenbar wurde ein entsprechendes Raketensystem in Russland identifiziert, welches erhebliche Bedenken aufkommen lässt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der russische Präsident beteuert, Russland werde trotz der Differenzen mit den USA am Abrüstungsvertrag festhalten. Quelle: dpa

Brüssel, Berlin Die Nato zweifelt daran, dass Russland eines der entscheidenden atomaren Abrüstungsabkommen aus den 80er Jahren noch einhält. Es geht dabei um den INF-Vertrag, der 1987 den Grundstein für die Verschrottung der landgestützten atomaren Mittelstreckenraketen und damit das Ende einer ganzen Waffensparte legte. „Die Alliierten haben ein russisches Raketensystem identifiziert, das ernsthafte Bedenken erregt“, erklärte die Allianz am Freitag in Brüssel. „Die Nato fordert Russland dringend auf, sich zu diesen Bedenken substanziell und transparent zu äußern und aktiv einen technischen Dialog mit den USA zu führen.“ Die Bundesregierung appellierte an Russland und die USA, die Zweifel an der Einhaltung des Abkommens möglichst rasch auszuräumen. Russland weist die Vorwürfe zurück.

Die USA stellten eigenen Angaben zufolge bereits 2016 fest, dass Russland seine vertraglichen Verpflichtungen verletze. Dabei gehe es um das Verbot, landgestützte Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern zu besitzen, zu produzieren oder zu testen. Die Regelung erstrecke sich zudem auf den Besitz oder die Herstellung von Abschusseinrichtungen für derartige Raketen. Vergangene Woche erklärte das US-Außenministerium, es prüfe militärische Optionen. Dazu zählten auch neue Mittelstrecken-Marschflugkörper. Es war die erste Reaktion der Regierung von US-Präsident Donald Trump auf die Feststellungen.

Auch die Nato äußerte sich am Freitag erstmals in dem Streit. Sie erklärte, die USA hielten ihre Verpflichtungen aus dem bilateralen INF-Vertrag ein. „Die Alliierten betonen, dass eine Situation, in der die USA und andere Parteien den Vertrag einhalten und Russland nicht, schwerwiegende und dringende Besorgnis auslösen würde.“ Das Bündnis sei sich einig, dass effektive Rüstungskontrollabkommen ein unerlässliches Element strategischer Stabilität und der kollektiven Sicherheit blieben. Die USA und Russland verdächtigen sich bereits seit einigen Jahren gegenseitig, den INF-Vertrag zu brechen. Zuletzt waren die Vorwürfe jedoch lauter geworden. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel warnte deshalb vor einem neuen Rüstungswettlauf.

Das Auswärtige Amt betonte am Freitag, der INF-Vertrag sei ein Grundpfeiler der europäischen Sicherheitsarchitektur. Deutschland habe ein zentrales Interesse am Erhalt des Abkommens.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Donnerstag die Bereitschaft geäußert, trotz aller Differenzen mit den USA an der Abrüstungspolitik festzuhalten. Sein Land werde sich nicht auf ein neues Wettrüsten einlassen, betonte der 65-Jährige, der im März zur Wiederwahl antritt. Russland stehe auch zu seinem Bekenntnis, ein Start-III-Abkommen mit den USA aushandeln zu wollen.

Dies gelte, obwohl die USA inzwischen offenbar den INF-Vertrag zur Disposition stellten. „Es scheint, dass die USA mit einer Propaganda-Kampagne den Boden dafür bereiten, sich womöglich aus dem Abkommen zurückzuziehen“, sagte Putin. „De facto haben sie es schon verlassen.“ Die Start-Abkommen dienen der Verringerung der strategischen Atomwaffen und ihrer Trägersysteme, also von Raketen und Bombern. Der erste Start-Vertrag wurde 1991 unterzeichnet.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%