Aus der weiten Welt

Vietnam - Ein Tiger gerät ins Taumeln

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Platzende Immobilienblase

Vietnamiesische Dongs in einer Bank östlich von Hanoi: Die Banken haben einen Berg an faulen Schulden angehäuft. Quelle: REUTERS

Nachhaltiger wäre es, wenn die Regierung strukturelle Reformen einleitet. Sie müsste die Staatsunternehmen dem Wettbewerb aussetzen, die unter Bergen fauler Kredite begrabenen Banken sanieren und vor allem die Blase auf dem Immobiliensektor bereinigen.

Denn der Boom der vergangenen Jahre hat zu einer Überinvestition in Immobilien geführt, mit denen sich schnell und leicht viel Geld verdienen ließ. Das führte jedoch vor allem in zwei Bereichen zu Überkapazitäten. So leidet das Hotelgewerbe unter einem Überangebot an Hotelzimmern. In Da Nang in Zentralvietnam beispielsweise wurden an dem 20 Kilometer langen Strand Zwei- und Drei-Sterne-Hotels in so großer Zahl hochgezogen, dass man dort inzwischen schon ein Zimmer für 15 bis 20 Euro bekommt

Überkapazitäten bestehen inzwischen auch bei Luxusimmobilien. Der Bedarf dafür ist drastisch eingebrochen. Die institutionellen Investoren und spekulativen Käufer halten sich bedeckt. Immobilienmakler klagen, dass sie nur solche Käufer finden, die eine Wohnung für den eigenen Bedarf suchen, obwohl die Preise schon um 20 bis 30 Prozent gefallen sind. Der Kundenkreis dafür ist aber begrenzt angesichts von durchschnittlichen Monatseinkommen in den Städten von 150 Dollar.

15 Prozent aller Kredite sind faul

Die Banken, die in den vergangenen Jahren die Immobilienblase bereitwillig finanzierten, haben dadurch sowie durch leichtfertige (und von der Partei gewünschte) Kreditvergabe an marode Staatskonzerne einen Berg an faulen Schulden angehäuft. Vor wenigen Wochen gestand die Zentralbank, dass nicht nur fünf Prozent wie bis dahin angegeben, sondern zehn Prozent aller Bankkredite als notleidend gelten und nicht bedient werden. Die Ratingagentur Fitch schätzt den Anteil sogar auf 15 Prozent.

Ende August erschütterte es die Finanzmärkte, als der prominente Baulöwe Nguyen Duc Kien, dem in Hanoi auch der größte Fußballverein gehört, wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten verhaftet wurde. Dazu wurden weitere Topmanager von Staatskonzernen wegen Korruption und Missmanagement verhaftet.

Märkte von morgen

Mit Polizeimaßnahmen ist es jedoch nicht getan. Die Regierung muss den wirtschaftlichen Teufelskreis durchbrechen: Denn die unter den faulen Krediten stöhnenden Banken haben ihre Kreditvergabe drastisch eingeschränkt, was nun das Wirtschaftswachstum mindert und den Unternehmen so erschwert, ihre Kredite zu bedienen, was wiederum die Banken belastet.

Nicht alles ist schlecht

Ohne grundlegende Reformen wird Vietnam nicht aus dem Wachstumsloch kommen. Dazu müsste sie einige heilige Kühe schlachten und insbesondere die Staatsbetriebe, die zwei Fünftel der nationalen Wirtschaftsleistung erbringen, reformieren und auf Effizienz trimmen. Das wäre aber mit einem Verlust an politischer Einflussnahme verbunden: Über die Staatsbetriebe hält die KP ihre politische Kontrolle über die Wirtschaft aufrecht.

Grundsätzlich hat Vietnam noch alle Chancen, um wieder an die Wachstumstory anzuknüpfen. Denn das Land verfügt nicht nur über eine junge, arbeitsame Bevölkerung, es ist auch nur relativ gering im Ausland verschuldet, mit 44 Prozent des BIP ist die Staatsverschuldung niedrig, mit 4,8 Prozent das Haushaltsdefizit erträglich. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Land sogar einen kleinen Exportüberschuss.

Manches ist heute sogar besser: So ist es gelungen, im vergangenen Jahr den Anstieg der Verbraucherpreise auf 6,8 Prozent abzubremsen. 2011 kletterten die Preise mit 18,6 Prozent noch fast dreimal so schnell.

Dass Vietnam ein Phase hoher Inflation hinter sich hat, wird jedem Besucher spätestens beim Geldwechseln in vietnamesische Währung deutlich: Bei dem derzeitigen Kurs von gut 27 000 vietnamesische Dong für einen Euro wird er schon bei einem Einsatz von 37 Euro zum Millionär – auf Dong-Basis.

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