Aus der weiten Welt

Syrien: Kampf um das sensible Herz des Nahen Ostens

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Splittet sich Syrien in mehrere Teile auf?

Für Saudi Arabien und den Iran geht es um die Vorherrschaft am Golf, woher die Weltwirtschaft noch immer einen Großteil ihres Öls bezieht Quelle: REUTERS

Die Minderheiten, auf die sich das Assad-Regime stützt, fürchten nicht zu Unrecht blutige Vergeltungsmaßnahmen, sollte Assad fallen. Weil die Konfliktlinien zwischen den Religionen unversöhnlich scheinen, rechnen manche Beobachter schon mit einer Aufsplitterung des Landes in drei oder vier Teile. Für Ex-Außenminister Joschka Fischer ist die „Balkanisierung des Landes zwischen unterschiedlichen Ethnien und religiösen Gruppen“ absehbar.

Im Zentrum der Konfliktlinien des Nahen Osten

Zu den religiösen Gruppen kommen noch die syrischen Kurden, zwischen 10 und 15 Prozent der Gesamtbevölkerung, im Grenzgebiet zur Türkei. Obzwar sunnitischen Glaubens, befürchten sie türkische Repressionen. Denn mit Sicherheit wird die Türkei in einem Post-Assad-Syrien größeren Einfluss bekommen, was die Kurden ungern sehen, da sie einen eigenen Staat anstreben, der sich aus ihren Siedlungsgebieten in der Türkei, Syrien und dem Irak zusammensetzen soll.

Gewalt in in Syrien steigt an

Auch wenn die Kurden nicht zur sozialen Basis des Assad-Regimes zählen, dürfte ihre Abneigungen gegenüber der Türkei nicht geringer sein als gegenüber Assad. Umgekehrt wirft Ankara Assad vor, in den nord-östlichen Grenzgebieten Milizen der terroristischen PKK zu dulden, die in der Türkei für einen Kurdenstaat kämpfen. Die Kurdenfrage ist für die Türkei Legitimation genug, in dem Bürgerkrieg Partei zu beziehen und einzugreifen.

Der türkisch-kurdische Konflikt ist nicht der einzige Grund, warum der syrische Bürgerkrieg zu internationalisieren und eskalieren droht. Denn Assads Syrien ist gleichzeitig wichtigster Verbündeter des Iran und der schiitischen Milizen im Libanon. De facto besteht eine schiitische Allianz zwischen Teheran, Bagdad, Damaskus und dem Libanon. Beobachter malen schon das Schreckgespenst eines Religionskrieges zwischen Sunniten und Schiiten an die Wand.

Die Vorherrschaft am Golf zählt

Auf sunnitischer Seite stehen dabei die arabischen Golfstaaten, speziell Saudi Arabien. Die Saudis unterstützen die Opposition in Syrien aber nicht nur aus religiösen Gründen. Sie wollen mit dem Sturz Assads ihren Einfluss ausdehnen und vor allem ihren Todfeind Iran treffen. Wenn sie das brutale Eingreifen Assads kritisieren, geht es ihnen nur vordergründig um Menschenrechte. In Wirklichkeit kämpfen sie um die Vorherrschaft am Golf.

Denn als die mehrheitlich schiitische Bevölkerung Bahrains friedlich demonstrierte, schickte Saudi Arabien keine Solidaritätsadressen an die Protestierer, sondern seine Panzer, um dem bedrängten sunnitischen Herrscherhaus zu Hilfe zu eilen. Dem von Katar finanzierten Sender Al Jazeera, der die Verbrechen des Regimes in Syrien dokumentierte, waren die blutigen Ereignisse in Bahrain kaum eine Nachricht wert.

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