Außenminister Gabriels Expedition in die Welt des Donald Trump

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Tillerson hat genug mit sich selbst zu tun

Gabriel war das Regierungsmitglied, das sich - noch als Wirtschaftsminister - nach der Antrittsrede Trumps am kernigsten äußerte. „Das waren heute hoch nationalistische Töne. Es fehlen eigentlich nur noch so Begriffe wie das Parlament als „Quasselbude“ zu bezeichnen, oder von „Systemparteien“ zu reden. Dann sind sie in der politischen Rhetorik der Konservativen und Reaktionäre der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts“, sagte er. „Der meint das wirklich ernst, und ich glaube, wir müssen uns warm anziehen.“

Inzwischen ist der Außenminister - seiner neuen Funktion entsprechend - diplomatischer geworden. Er komme mit dem „Angebot von Freundschaft und Vertrauen“ in die USA, sagt er. Die Bundesregierung hofft darauf, dass Trumps Umfeld den Präsidenten bremsen kann und will dieses Umfeld stärken. Hoffnungen setzt sie dabei vor allem auf Tillerson und Verteidigungsminister James Mattis.

Tillerson tritt sein Amt aber unter extrem schwierigen Bedingungen an. Der im Ausland lautstark angeprangerte und teilweise chaotische organisierte Flüchtlings- und Einreisestopp ist nur die Spitze des Eisberges. Der neue Außenminister muss erst einmal die 900 Karrierediplomaten in seinem eigenen Haus beruhigen, die sich in einem Beschwerdebrief gegen Trumps Migrationspolitik stark gemacht haben. Das Weiße Haus hatte ihnen mitgeteilt, sie sollten spuren, oder sie könnten gehen.

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Dabei hätte Tillerson auch genug mit sich selbst zu tun. Er gilt als höchst umstritten. Bei Fragen wie etwa Klimapolitik werfen Kritiker dem ehemaligen „Ölprinzen“ vom US-Konzern ExxonMobil Befangenheit vor. In der Russland-Politik gilt das ebenfalls. Wladimir Putin hängte Tillerson einst den russischen Freundschaftsorden um, weil der sich gegen US-Sanktionen eingesetzt hatte. Im Senat bekam Tillerson am Mittwoch das schlechteste Votum seit Jahrzehnten - 43 der 100 Senatoren stimmten gegen ihn. Condoleezza Rice hatte mit 13 Gegenstimmen 2005 schon als problematisch gegolten.

Der neue Außenminister muss sich also erstmal sortieren. Vielleicht lehnte er deswegen eine gemeinsame Pressekoneferenz mit Gabriel ab, die bei Außenministertreffen befreundeter Staaten eigentlich üblich gewesen wäre.

In den nächsten Wochen wird sich zeigen, wieviel US-Außenpolitik in Tillersons State Department und wieviel im Weißen Haus gemacht wird. Im Amtssitz Donald Trumps bekam Gabriel übrigens auch einen Termin - nicht beim Chef, aber immerhin bei Vizepräsident Mike Pence. Dass er zufälligerweise dort auch Trump treffen könnte, wurde schon vorher als nahezu ausgeschlossen eingeschätzt.

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