Ban Ki Moon-Nachfolge Wer wird der nächste Uno-Generalsekretär?

Wer Uno-Generalsekretär werden will, muss zum „Vorstellungsgespräch“. Bewerbungen von Frauen als Nachfolger von Ban Ki Moon sind erwünscht, auch Kanzlerin Merkel ist im Gespräch. Am Dienstag starten die Gespräche.

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Wer Uno-Generalsekretär werden will, muss sich einer Fragerunde der Uno-Vollversammlung stellen. Quelle: Reuters

New York Zum ersten Mal in der 70-jährigen Geschichte der Vereinten Nationen können alle Mitgliedstaaten die Bewerber für das Amt des Generalsekretärs in einer Art Vorstellungsgespräch befragen. Dieser Schritt soll den üblicherweise geheimen Auswahlprozess für den diplomatischen Spitzenposten transparenter machen. Die Uno-Vollversammlung reagierte damit im vergangenen Jahr auf das Drängen vieler Staaten, den Nachfolger von Ban Ki Moon in einem offeneren Prozedere zu bestimmen, und verabschiedete einstimmig eine Resolution über öffentliche Anhörungen.

In ihnen sollen die Kandidaten Auskunft darüber geben, wie sie mit globalen Krisen umgehen und den Verwaltungsapparat der Uno managen würden. Nach der Uno-Charta wird der Generalsekretär auf Empfehlung des 15 Mitglieder zählenden Sicherheitsrats von den 193 Staaten der Vollversammlung gewählt. Praktisch bedeutete das bislang, dass die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats – die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich – bei der Kandidatenkür ein Vetorecht haben. Dies wird sich auch bei der Entscheidung über die Nachfolge Bans, dessen zweite fünfjährige Amtszeit am 31. Dezember endet, nicht ändern.

Doch der Präsident der Vollversammlung, Mogens Lykketoft, sagte kürzlich in einem Interview, die am Dienstag beginnenden, zweistündigen Anhörungen eines jeden Kandidaten hätten das Potenzial, die Spielregeln zu ändern. Sollte sich ein Spitzenkandidat oder – erstmals – eine -kandidatin herauskristallisieren und diese Person von einer entscheidenden Zahl von Staaten unterstützt werden, „wäre es für den Sicherheitsrat sehr schwierig und wahrscheinlich nicht möglich, mit einem anderen Kandidaten aufzuwarten“, erklärte Lykketoft. Sollte das Rennen offen ausgehen, habe der Sicherheitsrat stärkeren Einfluss.

Die im September verabschiedete Resolution unterstreicht die Notwendigkeit einer Ausgewogenheit hinsichtlich des Geschlechts und geografischer Gesichtspunkte. Zugleich sollen Bewerber die höchstmöglichen Ansprüche erfüllen. Traditionell wurden bei der Wahl die unterschiedlichen Weltregionen wechselweise berücksichtigt. Russland und die Staaten Osteuropas argumentieren, sie seien noch nie zum Zug gekommen und deshalb dieses Mal an der Reihe. Eine Frau hatte das Amt ebenfalls noch nie inne, viele Länder machen sich daher für eine erste Generalsekretärin stark. Die Resolution fordert alle Staaten auf, für ihre Vorschläge Frauen zu berücksichtigen.

Aktuell haben vier Frauen und vier Männer ihren Hut in den Ring geworfen - sechs aus Osteuropa, einer aus Westeuropa und eine aus dem asiatisch-pazifischen Raum.


Sicherheitsrat wird Ende Juli erste Probeabstimmung abhalten

Es handelt sich um den früheren mazedonischen Außenminister Srgjan Kerim, die ehemalige kroatische Außenministerin Vesna Pusic, den montenegrinischen Ex-Ministerpräsidenten und amtierenden Außenminister Igor Lukic, den früheren slowenischen Staatspräsidenten Danilo Türk, die UNESCO-Generalsekretärin Irina Bokova aus Bulgarien, die frühere moldawische Außenministerin Natalia Gherman, den früheren Uno-Flüchtlingshochkommissar und portugiesischen Ministerpräsidenten António Guterres und die frühere neuseeländische Ministerpräsidentin Helen Clark, die das Unp-Entwicklungsprogramm (UNDP) leitet.

„Ich bin sicher, dass noch weitere Kandidaten kommen, aber ich weiß nicht, wie viele“, erklärte Lykketoft. Eine Frist für Meldungen gibt es nicht. Zwei Namen werden auf den Uno-Fluren als möglicherweise aussichtsreiche Späteinsteiger ins Rennen genannt: Bundeskanzlerin Angela Merkel, obwohl ihr nachgesagt wird, dass sie wenig Lust auf das Amt verspürt, und die Bulgarin Kristalina Georgieva, Vizepräsidentin der EU-Kommission. Diplomaten zufolge wird der Sicherheitsrat wohl Ende Juli eine erste Probeabstimmung abhalten. Die 15 Ratsmitglieder geben dann ein vorläufiges Votum über jeden der Kandidaten ab, das Ergebnis wird veröffentlicht.

Die Vetomacht der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats habe bisher dazu geführt, dass das Gremium nach einem Kandidaten gesucht habe, „der keinen Staub aufwirbelt, der möglichst wenig Ärger macht“, sagt Natalie Samarasinghe, Mitgründerin der Kampagne „1 for 7 Billion“, die sich für eine Reform des Auswahlprozesses einsetzt. Die Dynamik habe sich durch den neuen, offeneren Prozess etwas verändert, und der Sicherheitsrat könne dies nicht völlig ignorieren, sagt sie.

Die Bewerbungsgespräche dauern bis Donnerstag an. Sollten sich weitere Kandidaten melden, werde es eine zweite Runde geben, erklärte Lykketoft. Amtsinhaber Ban nimmt an den Gesprächen nicht teil. Er sei aber hocherfreut, dass sie stattfinden, sagte Uno-Sprecher Stephane Dujarric am Freitag. Auf die Frage, ob der Generalsekretär den Kandidaten einen Rat geben könne, erklärte Dujarric, Ban erinnere sich stets an den Rat, den ihm einst ein Lehrer in Südkorea gegeben habe: „Bleibe mit den Füßen fest auf dem Boden und mit den Kopf in den Wolken.“

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