Besetzung aus Protest Warschaus Parlamentskrise dauert an

Aus Protest gegen Polens nationalkonservative Regierung besetzen Abgeordnete der Opposition das Parlament. Auch Wochen nach Ausbruch des Konflikts ist keine Einigung in Sicht. Keine der streitenden Parteien will nachgeben.

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Der Vorsitzenden der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynskis, während einer Pressekonferenz auf einem Korridor des Sejm. In der polnischen Parlamentskrise gibt es drei Wochen nach Ausbruch des Konflikts noch immer keine Einigung. Quelle: dpa

Warschau In der polnischen Parlamentskrise gibt es rund drei Wochen nach Ausbruch des Konflikts noch immer keine Einigung. Mit sieben Stunden Verspätung und gegen die Stimmen der Opposition eröffnete Sejm-Marschall Marek Kuchcinski am Mittwochabend zwar die erste Parlamentssitzung seit Protestbeginn - vertagte sie aber nur Minuten später auf Donnerstag.

Aus Protest gegen die Regierung halten Oppositionspolitiker den Plenarsaal des Parlaments seit dem 16. Dezember besetzt. Lange Beratungen der demonstrierenden Opposition und der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit PiS führten zu keiner Einigung. Die Sitzungseröffnung über die Köpfe der Besatzer hinweg stachelte die Wut noch weiter an. Die Opposition kündigte umgehend weitere Proteste an.

Auslöser der Krise waren - inzwischen aufgegebene - Pläne der PiS, die Medienberichterstattung im Parlament einzuschränken. Als die Opposition während einer Sejm-Sitzung dagegen protestierte, verlegten die Nationalkonservativen die Beratungen in einen Nebensaal und verabschiedeten dort den Haushalt 2017. Dies war nach Meinung der Protestierenden unrechtmäßig. „Die Bedingungen waren skandalös“, sagte Abgeordneter der oppositionellen Bürgerplattform PO Rafal Trzaskowski. Mehrere Oppositionsabgeordnete seien nicht in den Saal gelassen worden, hieß es. Die Demonstrierenden forderten eine Neuabstimmung.

Dagegen wehrte sich die PiS. Ihr rechtspopulistischer Chef, Jaroslaw Kaczynski, erhob Vorwürfe gegen die Oppositionsabgeordneten. Sie hielten das Parlament auf illegale Weise von der Arbeit ab. „Das ist ein Kampf gegen die Demokratie“, kritisierte er.

Der Konflikt spitzte sich zu, als am Mittwoch auch der Senat das umstrittene Haushaltsgesetz annahm. Die PiS hat auch in der zweiten Parlamentskammer die Mehrheit. Nun muss nur noch Präsident Andrzej Duda das Haushaltsgesetz unterschreiben. Gegen das Vorgehen der PiS kündigte die Opposition weitere Proteste an.

Zur Situation am Warschauer Sejm äußerte sich auch EU-Ratspräsident Donald Tusk. Eine schnelle und positive Lösung der Krise sei mit Blick auf Polens Position in Europa sehr wichtig, betonte er. Der Streit werde mit Beunruhigung und Unverständnis beobachtet, sagte der vormalige polnische Ministerpräsident. Er sieht vor allem die regierende PiS in der Pflicht, Kompromissbereitschaft zu zeigen. Tusk warnte außerdem vor den risikoreichen Folgen eines unter zweifelhaften Umständen verabschiedeten Budgets.

Experten sprachen von Chaos am Warschauer Parlament. Gegen Abend versammelten sich Dutzende regierungskritische Demonstranten vor dem Sejm. Politologen zufolge will keine der streitenden Parteien nachgeben, um nicht als Verlierer aus dem Konflikt hervorzugehen.

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