Da Wirtschaft zu einem ganz großen Teil Psychologie ist, ist es gerade im Moment gefährlich, wenn der amerikanische Präsident und ihm nachtuend fast alle westlichen Regierungen für die Gesundung der Weltwirtschaft nichts oder nur wenig beizusteuern wissen. Tatsächlich wird die real existierende Geißel der Menschheit in Gestalt einer fragilen Konjunkturlage von Obama regelrecht ausgeklammert.
Isis ist auch eine Belastung für die Weltwirtschaft
Das ist umso erstaunlicher, als Obamas dritte Geißel der Menschheit, in Gestalt der Isis, nach allgemeiner Auffassung ihrerseits eine neue Belastung für die Weltwirtschaft darstellt. Geht es nach dem früheren Verteidigungsminister Robert Gates und dem Ex- Geheimdienstchef und ebenfalls Ex-Verteidigungsminister Leon Panetta, stellt sich Obamas Irakpolitik als mangelhaft dar.
Die viel gescholtenen Despoten von Ben Ali über Gaddafi bis zu Mubarak, Assad und Saddam Hussein, führten profane, so gesehen, laizistische Regierungen und dienten sich dem Westen jahrzehntelang als Garanten der In-Schach-Haltung der ohne sie explodierenden islamisch-islamistischen Kräfte an.
Dann kam der sogenannte arabische Frühling, den Obama mit leichtfertigen Redereien unkontrolliert und unkontrollierbar mit angefacht und angeheizt hat. Die von ihm wesentlich ermutigte Befreiungsbewegung im Iran 2009 hat Obama dagegen bekanntlich eiskalt der Vernichtung anheimfallen lassen, um die Tatsachen beim Namen zu nennen. Wohl weniger aus bösem Willen, den man Obama nicht unterstellen kann, aber aus außenpolitischem Dilettantismus. Sein Libyenkrieg war eine unüberlegte und niemals zu Ende gedachte Aktion und sein Auftritt gegen Assad, dem er drohte und demgegenüber er dann einknickte, war eine politische Katastrophe mit Langzeitwirkung.
Fakten zum Terror im Irak
Die Terrorgruppe ISIS („Islamischer Staat im Irak und in Syrien“) ist eine im Syrienkrieg stark gewordene Miliz. Die Gruppe steht seit 2010 unter Führung eines ambitionierten irakischen Extremisten, der unter seinem Kriegsnamen Abu Bakr al-Baghdadi bekannt ist. Die USA haben zehn Millionen Dollar auf seinen Kopf ausgesetzt. Ihm ist es in den vergangenen vier Jahren gelungen, aus einer eher losen Dachorganisation eine schlagkräftige militärische Organisation zu formen. Ihr sollen bis zu 10.000 Kämpfer angehören.
Die Gruppe nannte sich Ende Juni in IS um, da sie die Einschränkung auf den Irak und Syrien aufheben wollte.
ISIS sind Dschihadisten, Gotteskrieger. Sie kämpfen für eine strikte Auslegung des Islam und wollen ihr eigenes „Kalifat“ schaffen. Ihre fundamentalistischen Ziele verbrämt Isis bisweilen - wenn es in einzelnen Regionen gerade opportun erscheint. „Im Irak gerieren sie sich als Wahrer der sunnitischen Gemeinschaft“, weiß Aimenn al-Tamimi, ein Experte für die militanten Einheiten in Syrien und im Irak. „In Syrien vertreten sie ihre Ideologie und ihr Projekt weit offener.“ In der syrischen Stadt Rakka beispielsweise setzen die Extremisten ihre strikte Auslegung islamischer Gesetze durch. Aktivisten und Bewohner in der Stadt berichten, dass Musik verboten wurde. Christen müssen eine „islamische Steuer“ für ihren eigenen Schutz zahlen.
Ihre Taktik ist eine krude Mischung von brutaler Gewalt und Anbiederung - alles zwischen Abschreckung durch das Köpfen von Feinden und Eiscreme für die Kinder in besetzen Gebieten. Das alles dient der Al-Kaida-Splittergruppe Isis nur zu einem Ziel: den Islamischen Staat im Irak und Syrien zu bilden, den ihr Name verheißt. Die Gruppe, der bis zu 10.000 Kämpfer angehören sollen, hat diese Woche die irakischen Städte Mossul und Tikrit überrannt und den Marsch auf Bagdad angekündigt.
Zu Jahresbeginn hatte Isis bereits die Stadt Falludscha und Teile der Provinz Anbar westlich von Bagdad unter ihre Kontrolle gebracht. Inzwischen hat ISIS maßgeblichen Einfluss auf ein Gebiet, das von der syrisch-türkischen Grenze im Norden bis zu einem Radius von 65 Kilometern vor der irakischen Hauptstadt reicht. Der einstige Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida, den US-Truppen vor ihrem Abzug aus dem Irak 2011 besiegt zu haben meinten, blüht in einer neuen Inkarnation wieder auf. Dabei profitiert Isis von den Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten, die ihre sunnitische Anhängerschaft radikalisieren.
Bislang drangen ISIS-Kämpfer bis zur Provinz Dijala knapp 60 Kilometer nördlich von Bagdad vor. Rund 50 Kämpfer sollen dort laut Medienberichten bei Gefechten mit der irakischen Armee getötet worden sein. Die Isis habe sich daraufhin zurückgezogen, hieß es. Mittlerweile haben die Kämpfer die Städte Dschalula und Sadija in der Provinz Dijala unter ihre Kontrolle gebracht. Die Städte liegen 125 beziehungsweise 95 Kilometer von Bagdad entfernt.
Nach dpa-Informationen erbeuteten ISIS-Kämpfer in Mossul 500 Milliarden irakische Dinar (318 Millionen Euro) in der Zentralbank. Damit wird Isis zur reichsten Terrororganisation vor Al-Kaida. Experten schätzen das Vermögen der Al-Kaida auf 50 Millionen bis 280 Millionen Euro. Auch schweres Kriegsgerät soll ISIS erbeutet haben. Im Netz kursierende Videos zeigen irakische Panzer und Helikopter mit der schwarzen Flagge der Isis bei einer Militärparade in Mossul.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf Isis Bombenanschläge in Wohngebieten, Massenexekutionen, Folter, Diskriminierung von Frauen und die Zerstörung kirchlichen Eigentums vor. Einige Taten kämen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleich. Nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen sind mittlerweile rund eine Million Iraker auf der Flucht. Viele versuchten das als stabil geltende kurdische Autonomiegebiet im Nordirak zu erreichen. Allein in Mossul waren binnen weniger Stunden 500.000 Menschen vor den Extremisten geflohen.
Ministerpräsident Al-Malikis Versuch, am 12. Juni 2014 den Notstand auszurufen, war am Parlament gescheitert, das eine Abstimmung wegen mangelnder Beteiligung verschob. Seit Monaten zeigt sich Al-Maliki praktisch machtlos gegen den Terror sunnitischer Extremisten im Land. Dieser kostete seit April 2013 Tausenden Menschen das Leben.
Der UN-Sicherheitsrat sagte der irakischen Regierung einmütig Unterstützung im Kampf gegen Terrorismus zu. Die Nato und Großbritannien schlossen einen militärischen Eingriff aus. Auch der iranische Präsident Hassan Ruhani hat dem Nachbarland die uneingeschränkte Solidarität im Kampf gegen die Terrorgruppe Isis zugesichert. Sowohl auf regionaler als auch internationaler Ebene werde der Iran alles im Kampf gegen die Terroristen im Irak unternehmen, sagte Ruhani dem irakischen Regierungschef Nuri al-Maliki. Mittlerweile prüft die US-Regierung auch militärische Optionen.
Obama hat in Maghreb, im Nahen und im Mittleren Osten viele unvollendete Baustellen aufgerissen, von denen er nach wie vor nicht weiß, wie er sie wieder herrichten soll, und er hat an vielen Stellen ein Vakuum erzeugt, so auch ein Vakuum im Irak, wo er vor lauter Populismus nichts Besseres wusste als einen Komplettabzug der amerikanischen Truppen in Szene zu setzen. Dieses Vakuum hat Isis ausgefüllt und Isis ist nicht über Nacht entstanden, Isis ist ein vernetzter Konzern mit einem großen weltweiten Sympathisantenheer. Isis könnte die Logistik seiner Militärmaschinerie niemals aufrecht erhalten, ohne Geldzufluss aus den Nachbarländern, aber auch nicht ohne die westlichen Strukturen wie Banken, internationalen Zahlungsverkehr und dergleichen zu nutzen. Und zu allem Überfluss wird auch die Zahl der Payrollsteher unter Journalisten und Politikern zunehmen.
Das gigantische Versagen Obamas in Syrien
Es liegt also ein gigantisches Versagen Obamas in der Verkennung des eigentlich offen liegenden Wachstums der Isis innerhalb kürzester Zeit vor. Das inzwischen bald ein Jahr andauernde Zaudern sich überhaupt mit dem Thema der islamistischen Gewalt, die durch seine verfehlte Syrienpolitik gefördert wurde, zu befassen, hat Isis groß gemacht.
Zur Erinnerung: Anfang Dezember 2013 gingen die ersten Bilder von enthaupteten Kindern in Syrien um die Welt. Damals hieß es noch, die Täter seien syrische Rebellen gewesen, die gegen Assad kämpften, aber es gab keine vernünftigen Reaktionen aus den Hauptstädten des Westens oder der Westmedien. Und das Christkind wurde ganz beruhigt im Weißen Haus gefeiert.