Bettina Röhl direkt

Terrorismus: So macht Enthaupten Spaß!

Seite 7/7

Mit Werten gegen den Idealismus des Terrors

Statt Koordinatenkreuz gibt es aus irgendeinem Off von den unterschiedlichsten und widerstrebendsten Kräften eine Art verordnetes Durcheinander. Es entstehen Parallelgesellschaften, deren Existenz dann schnell geleugnet wird. Es entstehen weiße Flecken auf den Landkarten der Verfassungen und es entstehen parallele Werteordnungen und regelrecht parallele Gesetzes-und Verfassungsordnungen, hier der laizistische Staat und da der Gottesstaat oder die Religion als letzte staatliche Instanz. Und wie heißt es doch noch gleich aus den süffisant hängenden Mundwinkeln manch eines sogenannten Intellektuellen: Was interessiert mich die Unterschicht und was interessieren mich die Kinder der Unterschicht? Mag ja sein, dass die von den Fehlentwicklungen in der Gesellschaft besonders betroffen sind, aber das ist deren Problem.

Das kaputte Koordinatenkreuz der Gesellschaft

Wie konnte die Obama-Administration mit NSA und Satellitenaufklärung und hoffentlich auch noch ein paar politischen Köpfen in den sogenannten Thinktanks den Weltterrorismus und eben auch den Isis-Terrorismus angesichts deren Erfolge unterschätzen, wozu ja auch eine Unterschätzung der Macht- und Finanzstrukturen gehört, die hinter Isis stehen. Und wie konnte Obama vier Monate lang dem kometenhaften Aufstieg von Isis zusehen, wenn er Isis für eine Organisation hält, die er jetzt mit Bomben bekämpfen will. Und wie konnte die Bundesrepublik dem Treiben im Irak und in Syrien, ebenfalls tatenlos zusehen?

Warum lässt der Westen, der so viel vom Schutz zu Gunsten der Minderheiten daher fabuliert, die am meisten verfolgte und gemordete Minderheit auf dieser Welt, die Christen, auf eine enorm brutale Art und Weise im Stich? Und ist die Jugend in den eigenen Ländern für die politischen Klassen, die gern von der zu sichernden Zukunft der Kinder sprechen, realiter keine zu schützende Minderheit?

Eben weil die westliche Nomen Klatura selber an dem Werteverfall des Westens und ihrer Selbst und der steigenden Bedeutungslosigkeit krankt und die abendländischen Werte nicht mehr beisammen hat und angefixt von diesem Verlust womöglich selber auf neue Werte fliegt, wie sie zum Beispiel der Islam bietet, auf Werte, denen sich auch die Islamisten, ob zu Recht oder zu Unrecht berufen, ist die Abwehrhaltung gegen den Terror so schwach und von einer gewissen Ambivalenz gekennzeichnet.

Priorität Nummer eins in der Terrorbekämpfung wäre es jetzt den Terroristen den Spaßfaktor zu nehmen und dafür braucht es ein Konzept und ein ganzes Bündel unterschiedlichster Maßnahmen. Terrorismus ist eine ideell begründete Gewaltaktion. Der Kampf gegen Terrorismus beginnt also im Kopf und dazu braucht man ein funktionierendes und kalibriertes Koordinatenkreuz. Der Westen muss sich also mit sich selber beschäftigen und mit sich selber ins Reine kommen. Seine Werte, von denen alle nur noch faseln, wieder kennen und wieder wertschätzen lernen.

Die  Erfolgsaussichten dafür, dass dies geschieht und dass der Westen beginnt sich auf seine Werte,  seine Stärke und seine Legitimation zu besinnen und zu handeln beginnt, stehen im Moment nicht gut. Bis eine neue Mode das Dorf erfasst, macht bis auf Weiteres Enthaupten denen erst einmal Spaß, die spüren, wie sie den Westen in die Kniee zwingen. Das muss der taubstumme Westen realisieren. Wo bleibt die Obama-Doktrin? 

Bettina Röhl ist Autorin des Buches "So macht Kommunismus Spaß", das sich mit der Geschichte der Linken in der Bundesrepublik im Kalten Krieg befasst.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%