Bodentruppen im Irak Obamas Kehrtwende

Die Bombardements haben wenig gebracht. Immer noch sind Tausende Flüchtlinge in Gefahr. Jetzt überlegt US-Präsident Obama, ob er doch Bodentruppen in den Nordirak schicken muss. Das hatte er eigentlich ausgeschlossen.

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US-Präsident Barack Obama: Die USA erwägen einen riskanten Rettungseinsatz im Nordirak. Quelle: ap

Die USA erwägen einen Militäreinsatz, um Tausende jesidische Flüchtlinge im Irak vor der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu retten. Im Gespräch seien ein Lufteinsatz und eine Rettungsaktion mit Bodentruppen, sagte Präsident Barack Obamas Sicherheitsberater Ben Rhodes dem Sender Fox News. Letzteres würde bedeuten, dass US-Soldaten in direkte Kampfhandlungen mit Extremisten verwickelt werden könnten. „Wir müssen herausfinden, wie wir diese Bevölkerung an einen sicheren Ort bewegen und ihnen humanitäre Hilfe bringen können“, sagte Rhodes.

Fakten zum Terror im Irak

Der riskante Vorschlag werde aber noch entwickelt und sei noch nicht von Obama genehmigt worden, berichtete das „Wall Street Journal“ am Mittwoch online. Das Blatt berief sich dabei auf namentlich nicht genannte Vertreter der US-Regierung.

Am Dienstag waren bereits 130 weitere US-Soldaten in Erbil im Norden des Landes eingetroffen. Sie sollen feststellen, welche weiteren Schritte beim humanitären Einsatz zum Schutz der Jesiden unternommen werden können. Mit der Entsendung stieg die Zahl der im Irak stationierten US-Soldaten auf fast 1000.
Pentagon-Sprecher John Kirby bestätigte die Pläne zunächst nicht. „Es ist kein Rettungseinsatz in Arbeit“, sagte Kirby gegenüber CNN. Die Lage im Sindschar-Gebirge, wohin sich Zehntausende Jesiden und Christen vor IS-Extremisten geflüchtet haben, sei aber sehr komplex. Nach Informationen des „Wall Street Journal“ suche man in Washington nach anderen Möglichkeiten, um den Menschen zu helfen. Die vor knapp einer Woche begonnenen Hilfslieferungen von Wasser und Lebensmitteln seien auf Dauer keine Lösung, hieß es.

Deutschland will Rüstungsgüter liefern

Die Bundesregierung will schon in Kürze Rüstungsgüter direkt an die irakischen Kurden liefern. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte die Ausfuhr von Ausrüstungsgegenständen in den von Kurden kontrollierten Nordirak am Mittwoch in der ARD rechtlich und politisch für möglich. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: „Wir wissen, dass Dringlichkeit herrscht, deswegen wird auch dringlich geprüft.“
Die Dramatik der Lage erfordere schnelles Handeln, sagte Seibert. Die Ausbreitung der Dschihadistengruppe IS charakterisierte er als „Vormarsch blutrünstiger Extremisten“. Diese Gruppe bestehe aus „Menschen, denen nichts heilig" sei, sagte Seibert. "Das geht uns alle an, diesen Vormarsch zu stoppen.“
Deutschland darf laut geltendem Recht Rüstungsgüter nur an anerkannte Regierungen ausführen. „Völkerrechtlich ist es so, dass formal die irakische Regierung, die ja auch um Hilfe gefleht hat und bittet, das bekommt“, sagte von der Leyen im ARD-"Morgenmagazin“. „Aber pragmatisch geht es direkt in den Nordirak.“

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts verwies darauf, dass die Kurdenregion im Nordirak über eine legitime Regionalregierung in Erbil verfüge: Dies mache es möglich, „uns mit der direkten Lieferung von Rüstungsgegenständen direkt nach Erbil zu wenden“.
Nach Regierungsangaben läuft die Prüfung der Lieferungen mit Hochdruck. In Abstimmung mit den europäischen Partnern gehe es darum, welche Güter in welchen Regionen gebraucht würden und wie dabei die Transportmöglichkeit aussehen. Bei dem für diese Woche geplanten Sondertreffen der EU-Außenminister zum Irak werde "idealerweise ein europäisches Handlungspaket" herauskommen, sagte ein Außenamtssprecher.
Anders als etwa die USA oder Frankreich will Deutschland keine Waffen in den Irak liefern. Es gehe um eher defensive Rüstungsgüter wie Schutzwesten, Helme, Unimogs und Logistikgerät, wie von der Leyen sagte.

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