Brasilien Für Korruptionskampf zuständiger Minister tritt zurück

Erst tritt der Planungsminister zurück, dann ausgerechnet der Chef des Antikorruptionsministeriums. Zum Verhängnis werden beiden heimliche Aufnahmen. Auch Interimspräsident Michel Temer steht immer mehr unter Druck.

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Fabiano Silveira, der für den Korruptionskampf zuständige Minister in Brasilien, hat sein Rücktrittsgesuch eingereicht. Quelle: dpa

Rio de Janeiro Geheime Aufnahmen von Politikergesprächen über den Petrobras-Skandal haben für weiteren Druck auf Brasiliens Interimspräsidenten Michel Temer und einen nächsten Ministerrücktritt gesorgt. Der für den Korruptionskampf zuständige Minister Fabiano Silveira reichte am Montag sein Rücktrittsgesuch ein.

Am Vorabend hatte der Sender TV Globo Aufnahmen veröffentlicht, in denen ein Gespräch zwischen ihm und einem Toppolitiker zu hören ist, gegen den im Fall des staatlichen Ölkonzerns Petrobras ermittelt wird. Silveira bestreitet jegliches Fehlverhalten.

In diesem Gespräch gibt Silveira dem Senatschef Renan Calheiros eine Rechtsberatung und kritisiert die Untersuchung, in die einige der prominentesten Politiker und Geschäftsleute des Landes verwickelt sind. TV Globo berichtete, Silveira habe die Ermittler im Petrobras-Fall mehrmals kontaktiert, um Informationen über die Anschuldigungen gegen Calheiros zu bekommen. Erfolg hatte er bei diesem Vorhaben aber nicht.

Silveira zählte zum Interimskabinett, das Temer nach der Suspendierung von Staatschefin Dilma Rousseff eingesetzt hatte. Einen Nachfolger hat Temer bislang noch nicht bekanntgegeben.

Es ist der zweite Ministerrücktritt innerhalb von 16 Tagen. Erst vor etwas mehr als zwei Wochen musste der brasilianische Planungsminister Romero Jucá wegen eines ebenfalls heimlich aufgenommenen Tonmitschnitts zurücktreten. In der Aufnahme entstand der Eindruck, die Absetzung von Rousseff gehöre zu Versuchen, die Petrobras-Untersuchung zu stoppen. Rousseff hatte wiederholt gesagt, die gegen sie vorgebrachten Vorwürfe, sie habe Haushaltszahlen geschönt, seien ein „Putsch“ gegen sie, um auch die Petrobras-Ermittlungen zu begrenzen.

Nach Angaben einer Gewerkschaft boten rund 200 Angestellte des Transparenzministeriums ihren Rücktritt an, um gegen Temers ursprüngliche Entscheidung zu protestieren, Silveira im Amt zu belassen. Zuvor hatten einige Mitarbeiter gar versucht, Silveira den Zutritt zum Ministerium in der Hauptstadt Brasília zu verwehren.

Als wäre der politische Gegenwind nicht genug, wirft auch ein Bericht der Zeitung „O Estado de S.Paulo“ ein umstrittenes Licht auf ihn: Das Blatt berichtete, dass Temers siebenjähriger Sohn Michelzinho der eingetragene Besitzer von Immobilien im Wert von umgerechnet rund 500 000 Euro sei. Der Interimspräsident sagte der Zeitung, er habe die Vermögenswerte an seinen Sohn übertragen, um dessen Erbe vorwegzunehmen. Seine Töchter aus vorherigen Ehen hätten zu ähnlichen Bedingungen ebenfalls Immobilien erhalten.

In dem Bericht ist auch die Rede davon, dass sich Temers Besitztümer zwischen 2006 und 2014 fast verdoppelt hätten.

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