Brasilien Merkel zu Besuch im Krisenland

Angela Merkel und ihre Minister besuchen Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff. Die versinkt gerade im Korruptionssumpf - und ihr Land steht vor dem Abgrund.

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Luft nach oben: Präsidentin Rousseff Quelle: REUTERS

Es ist nicht einfach eine Regierungsreise, es ist ein Regierungsausflug. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch im A340, der größten Regierungsmaschine überhaupt, gen Brasília abhebt, wird sich die Berliner Politprominenz in den vorderen Reihen stauen.

Nicht weniger als zehn Minister oder Staatssekretäre möchten Merkel zur ersten „deutsch-brasilianischen Regierungskonsultation“ begleiten. Schließlich will die Kanzlerin mit Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff über nichts Geringeres reden als die engere Kooperation zwischen dem bevölkerungsstärksten Land Europas und dem bevölkerungsstärksten Land Südamerikas.

Großer Fußball also, würden die sportbegeisterten Brasilianer sagen. Dazu passt, dass die Idee zu dem Treffen vor rund einem Jahr während des Spiels Deutschland gegen Portugal bei der Fußball-WM in Brasilien entstand. Damals war die Welt der Gastgeberin noch in Ordnung: Ihre Nationalelf träumte vom Weltmeistertitel, Rousseff war sich ihrer Wiederwahl im folgenden Oktober sicher.

Bedauerlich nur, dass danach Brasiliens Nationalmannschaft gegen Deutschland unterging – und auch Rousseff, 67, eine veritable Formschwäche offenbarte. Erst gelang ihr die Wiederwahl nur nach einer Zitterpartie. Seither könnte diese zweite Hälfte ihrer Amtszeit mieser nicht laufen, ihr Land steckt mitten in der schwersten wirtschaftlichen und politischen Krise seit Jahrzehnten. Brasiliens Staatsanleihen stehen kurz vor Ramsch-Status, hat die Ratingagentur Standard & Poor’s gerade errechnet. Lächerliche sieben Prozent der Bürger haben laut Umfragen noch Vertrauen in Rousseff.

Zeichen der Krise: Wirtschaftswachstum in Brasilien und Wert des Real. (zum Vergrößern bitte anklicken)

Was für ein Absturz: Noch vor wenigen Jahren zählte Brasilien zu den Volkswirtschaften, die weltweit das höchste Wachstum aufwiesen. Gemeinsam mit Russland, Indien und China gehörte es zu den BRIC-Staaten, die mit vereinten Kräften die Weltwirtschaft nach der Finanzkrise aus dem Sumpf gezogen haben.

Zeitweise sah es so aus, als könne dem Land alles gelingen: Unter Rousseffs Vorgänger und politischem Ziehvater Luiz Inácio Lula da Silva wuchs die Wirtschaft rasant, die gewaltige Kluft zwischen Arm und Reich schrumpfte, Brasilien entdeckte große Ölvorkommen, es brachte milliardenschwere Konzerne an die Börse. 2009 stand das Land mit 200 Millionen Einwohnern auf dem Zenit seines Erfolgs, als es die Austragungsrechte für die Fußball-WM 2014 und die Olympischen Spiele 2016 gewann.

Heute aber zählt die Deutsche Bank Brasilien neben Venezuela, der Ukraine und Russland zu den Volkswirtschaften mit den geringsten Wachstumsaussichten. Seine Währung, der Real, hat seit Anfang dieses Jahres gegenüber dem Dollar ein Viertel an Wert eingebüßt. Für jeden Dollar Kredit, den das verschuldete Land zurückzahlen will, muss die Regierung entsprechend höhere Real-Steuereinnahmen zusammenkratzen.

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