Brexit-Deal Unterhaus lehnt Vetorecht für Parlament ab

Die Abgeordneten des britischen Unterhauses haben am Montag ein Vetorecht für das Parlament über ein Brexit-Abkommen mit der EU abgelehnt. Die Brexit-Pläne bringen sogar die Einheit des Königreichs in Gefahr.

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Mehr als drei Millionen EU-Bürger leben in Großbritannien – auf eine Garantie, dass sie nach dem Brexit bleiben können, wollte sich die Regierung bislang nicht festlegen. Quelle: AFP

London Es war schon spät, als sich die froschgrünen Sitzreihen im britischen Parlament am Montag noch einmal füllten. Die Abgeordneten in London standen vor einer historischen Entscheidung: Sollen sie der Premierministerin Theresa May tatsächlich die Erlaubnis für den offiziellen Startschuss des Brexit geben? Oder sollen sie der Regierung zumindest Zugeständnisse abringen?

Der Brexit betreffe ihn – wie viele Briten – ganz persönlich, sagte Nick Clegg, ehemaliger Vizepremier Großbritanniens: Seine Ehefrau sei Spanierin, seine Mutter Niederländerin. Was mit ihnen passiert, wenn das Land aus der Europäischen Union (EU) austrete, ist unklar. Mehr als drei Millionen EU-Bürger leben in Großbritannien – auf eine Garantie, dass sie nach dem Brexit bleiben können, wollte sich die Regierung bislang nicht festlegen.

Die Mitglieder des britischen Oberhauses wollten das nicht akzeptieren. Sie hatten Zugeständnisse gefordert, bevor sie einen Gesetzesentwurf über den Beginn des Brexit abnicken: Eine „bedeutsame“ Abstimmung über den am Ende der Brexit-Verhandlungen erzielten Deal und eben Garantien für die auf der Insel lebenden EU-Bürger. Man dürfe sie nicht als „Verhandlungsmasse“ betrachten.

Diese Forderungen stellten eine kleine Revolte und einen Rückschlag für die britische Regierung dar. Eigentlich hatte diese den nun hitzig diskutierten Gesetzesentwurf rasch durch die beiden Kammern durchschleusen und den Austritt aus der EU in die Wege leiten wollen.

Die erste Station im Unterhaus, dem so genannten House of Commons, verlief Ende Februar auch aus Sicht der Regierung wie erhofft: Ohne Änderungswünsche winkten die Abgeordneten den Gesetzesentwurf durch. Vom House of Commons ging der Gesetzesentwurf dann an das Oberhaus, das so genannte House of Lords. Die dort sitzenden Mitglieder machten der Regierung aber einen Strich durch die Rechnung und forderten Zugeständnisse. Der abgeänderte Gesetzesentwurf musste wieder im House of Commons diskutiert werden – was die Abgeordneten am Montag auch taten.

Bis zum Abend zogen sich die Diskussionen, bis die Abgeordneten dann doch die Vorschläge aus dem House of Lords verwarfen. Der Gesetzesentwurf geht nun wieder zurück zum Oberhaus. Dort hatte man aber bereits signalisiert, dass man dann den Widerstand aufgeben werde. Der letzte Schritt, den die Regierung dann unternehmen muss vor dem offiziellen Austrittsverfahren in Brüssel, ist die Zustimmung der Königin – was aber lediglich eine Formalität darstellen dürfte.

Es wird erwartet, dass die Regierung dann wie geplant in Kürze den Austrittsprozess starten kann. Jedoch werde es wohl Ende des Monats werden, bis der dafür notwendige Artikel 50 der EU-Verträge in Kraft gesetzt werde, berichten britische Medien. Zuvor war spekuliert worden, dass die Premierministerin das sogar schon in den kommenden Tagen tun könnte.

Befeuert wurde die Brexit-Diskussion durch eine Nachricht aus Schottland: Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon will im Herbst 2018 oder Frühjahr 2019 ein neues Referendum über die Unabhängigkeit von Großbritannien abhalten. Anders als die Engländer und Waliser hatten die Schotten beim Brexit-Referendum für den Verbleib Großbritanniens in der EU votiert. Deswegen müsse sie jetzt handeln, erklärte Sturgeon. Der Brexit bedrohe die schottische Wirtschaft. „Jetzt nichts zu tun und auf das Beste zu hoffen, ist nicht die richtige Option“, sagte sie.

In Gesprächen mit der britischen Regierung habe sich diese „keinen Millimeter“ in Richtung eines Kompromisses bewegt, wie ihn die schottische Regierung wünsche. „Es geht nicht nur um die Beziehung zu der EU“, betonte Sturgeon: Wenn man Schottland jetzt in der Brexit-Frage ignoriere, bestehe die Gefahr, dass man auch bei anderen Entscheidungen von London ignoriert werde.

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