Britischer Wahlkampf Aufruf zu „taktischer“ Wahl

Premierministerin May rückt den geplanten EU-Austritt ins Zentrum ihres Wahlkampfs. Labour-Chef Corbyn weicht dem Thema aus. Die Brexit-Gegner organisieren sich inzwischen außerhalb des Parlaments.

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London Die britische Premierministerin Theresa May setzt im Wahlkampf auf ihre Führungsqualitäten angesichts der kommenden Verhandlungen über den EU-Austritt. Das machte May bei einem verbalen Schlagabtausch mit Oppositionschef Jeremy Corbyn während der letzten Fragestunde vor der vorgezogenen Parlamentswahl am 8. Juni im britischen Unterhaus deutlich.

„Jede Stimme für ihn ist eine Stimme für einen chaotischen Brexit. Jede Stimme für mich ist eine Stimme für eine starke Hand bei den Verhandlungen“, sagte May am Mittwoch über den Oppositionschef. Sie stehe für eine stabile und starke Regierung. Corbyn dagegen könne nur eine „Koalition des Chaos“ anführen.

Der Labour-Chef vermied es, auf den geplanten EU-Ausstieg Großbritanniens einzugehen. Er warf May vor, Politik für eine kleine Gruppe Privilegierter zu machen. Sie vernachlässige dabei das Gesundheitssystem und den sozialen Wohnungsbau. Mays Regierung sei „stark gegen die Schwachen und schwach gegen die Starken“, sagte Corbyn.

Mays Konservative liegen in den Umfragen weit vor der Labour-Partei Corbyns. Experten rechnen bei der anstehenden Parlamentswahl mit einem erdrutschartigen Sieg für May. Die pro-europäische Investmentmanagerin Gina Miller rief die Wähler in Großbritannien daher auf, taktisch abzustimmen, um einen harten Brexit zu verhindern.

„Nur eine taktische Abstimmung bei dieser Wahl kann sicherstellen, dass das Parlament seine Rolle vollständig erfüllt“, sagte die 52-Jährige am Mittwoch. Die Bürger sollten in der „größten taktischen Wahl unserer Geschichte“ für Abgeordnete stimmen, die „alle Optionen auf dem Tisch sehen wollen“. Damit solle ein „extremer Brexit“ verhindert werden, „der nicht im besten Interesse Großbritanniens ist“, heißt es auf der Webseite ihrer Kampagne.

Unter einem harten Brexit versteht man einen klaren Bruch mit Brüssel und einen Austritt Großbritanniens aus dem Binnenmarkt. EU-Bürger müssten etwa eine Arbeitserlaubnis beantragen, um in dem Land leben und arbeiten zu dürfen. Ein Freihandelsabkommen wäre nötig, damit auf Waren und Dienstleistungen keine Zölle erhoben werden.

Miller hatte erst im Januar vor Gericht erstritten, dass die britische Regierung die Zustimmung des Parlaments für die Austrittsverhandlungen mit der EU einholen muss. Wegen ihres Einsatzes wurde sie mehrfach bedroht. Die Aktivistin hat für ihre neue Kampagne für die Wahl in den ersten sieben Tagen bereits knapp 300.000 Pfund (353.472 Euro) gesammelt.

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