Bürgermeisterwahl in New York Zweite Amtszeit für Bill de Blasio?

Die große Liebe ist es nicht zwischen den New Yorkern und ihrem Bürgermeister Bill de Blasio. Trotzdem werden sie ihn den Umfragen zufolge am 7. November wiederwählen. Für Schlagzeilen sorgt ein Kandidat à la Trump.

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New York Zu Halloween präsentierte sich New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio gerade so, wie er wohl am liebsten immer gesehen würde: Anzug und Krawatte, aber darunter – Superman-Outfit. Der groß gewachsene 56-Jährige, seit 2014 im Amt, gibt sich gerne als hemdsärmeliger Macher und Kämpfer für die Armen und Unterdrückten der Millionenmetropole. Für einen Superhelden-Bürgermeister halten ihn allerdings nur wenige New Yorker – mehr als die Hälfte finden Umfragen zufolge, dass er seinen Job schlecht oder sehr schlecht ausübt. Dabei könnten die Menschen gerade jetzt nach dem Terror im Süden Manhattans eine starke Führung gut gebrauchen.

Trotzdem wird de Blasio am kommenden Dienstag, 7. November, wohl für eine zweite Amtszeit wiedergewählt werden. Der Demokrat, der zum linken Flügel seiner Partei gezählt wird, hat die Unterstützung von Geldgebern, Gewerkschaften und das Glück, dass sich einfach kein herausragender Gegenkandidat fand. Die demokratische Vorwahl gewann de Blasio im September mit satten 75 Prozent der Stimmen. Zwei seiner demokratischen Konkurrenten – Mike Tolkin und Sal Albanese – treten nun unabhängig an, dazu kandidieren die Republikanerin Nicole Malliotakis und der unabhängig antretende Konservative Richard „Bo“ Dietl. Alle Umfragen sagen de Blasio einen hohen zweistelligen Vorsprung voraus.

Die große Liebe war es zwischen de Blasio und den New Yorkern noch nie. Aber nach zwölf Jahren mit dem charismatischen Millionär Michael Bloomberg an der Spitze wählten sie 2013 das komplette Gegenteil. De Blasio hatte sich im Wahlkampf in letzter Minute an die Spitze katapultiert – vor allem dank seiner sympathischen Familie um die afroamerikanische Ehefrau Chirlane McCray und die Kinder Chiara und Dante, die in seinen Werbespots auftauchten. Er gab sich als volksnah und progressiv und gewann mit rund 73 Prozent der Stimmen.

Viele seiner Wahlversprechen hat de Blasio allerdings noch nicht umsetzen können: Die Obdachlosenzahlen sind weiter gestiegen, bezahlbare Wohnungen sind weiter Mangelware und die Pferdekutschen fahren weiter durch den Central Park, obwohl der Bürgermeister deren Abschaffung gefordert hatte. Auf der Plus-Seite: Ein kostenloses Kindergartenjahr für alle Vierjährigen der Stadt ist eingeführt und soll demnächst noch ausgeweitet werden.

De Blasio ist eigensinnig. So lässt sich der 56-Jährige jeden Morgen von seiner Residenz Gracie Mansion auf der noblen Upper East Side rund eine Dreiviertelstunde in den Stadtteil Park Slope in Brooklyn fahren, wo er zuvor mit seiner Familie in einem unscheinbaren kleinen weißen Holzhäuschen lebte. In Jogginghose und Schlabbershirt geht er dann dort in Lieblingscafé und Lieblingsfitnessstudio.

Sympathisch finden das die einen, provinziell die anderen, die ihm auch fehlende Masterpläne, einen übermäßig detailorientierten Führungsstil, ständige Unpünktlichkeit und sture Beratungsresistenz vorwerfen. Mit Gouverneur Andrew Cuomo liefert sich de Blasio andauernde Streits. Aber der Bürgermeister weist alle Kritik an seiner Amtsführung zurück. „Ich bin angetreten mit dem Versprechen, Dinge zu verändern. Und das habe ich gehalten. Ich glaube, dass manche Leute diese Veränderungen nicht mögen, also legen sie sich ihre Kritik zurecht, wie sie es wollen.“ 

An Charisma weit überlegen ist dem Amtsinhaber der wohl schillerndste Kandidat der Wahl: Richard „Bo“ Dietl. Der Ex-Polizist ist als Privatdetektiv und mit Fernsehauftritten reich geworden, hat für umstrittene Menschen wie den früheren Chef des TV-Senders Fox, Roger Ailes, oder den ehemaligen Präsidenten-Berater Stephen Bannon gearbeitet und ein lockeres Mundwerk, das bisweilen an US-Präsident Donald Trump erinnert. Mit Unterstützung unter anderem von Ex-Tennisprofi Andre Agassi und Ex-Präsidentensprecher Anthony Scaramucci hat Dietl im Wahlkampf rund eine Million Dollar eingesammelt.

Bislang sagen die Umfragen Dietl nur magere fünf Prozent voraus, aber das schreckt den vierfachen Vater nicht ab. „Ich fühle mich wohl in dieser Stadt. Überall“, sagte er der „New York Times“. „Ich bin quasi das Synonym dieser Stadt.“

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