Übernahmen chinesischer Firmen in Deutschland
Die chinesische Holding Beijing Enterprises gab Anfang Februar 2016 bekannt, den Müllverbrennungsspezialisten EEW Energy from Waste aus Helmstedt für rund 1,44 Milliarden Euro zu übernehmen.
Der Spezialmaschinenbauer wurde im Januar 2016 von ChemChina, dem größten Chemiekonzern Chinas, für 925 Millionen Euro gekauft. ChemChina kam unlängst erneut in die Schlagzeilen – mit einem 43-Milliarden-Dollar-Angebot für den Schweizer Agrarchemie-Anbieter Syngenta.
Das chinesische Unternehmen Avic Electromechanical Systems übernahm 2014 den sächsischen Autozulieferer. Ein Kaufpreis wurde nicht genannt.
Avic übernahm 2014 für 473 Millionen Euro den deutschen Autozulieferer.
Der Industriekonzern Thyssenkrupp schloss 2013 den Verkauf seiner Tochter an den chinesischen Stahlkonzern Wuhan Iron and Steel ab. Zum Preis machten beide Seiten keine Angaben.
2012 stieg der chinesische Nutzfahrzeugproduzent Weichai Power beim Gabelstaplerhersteller Kion ein. Die Chinesen kauften zunächst für 467 Millionen Euro 25 Prozent an Kion und steigerten 2015 ihren Anteil auf 38,25 Prozent. Außerdem erhielt der Investor für 271 Millionen Euro eine Mehrheitsbeteiligung von 70 Prozent an der Hydrauliksparte Kions.
Der Baumaschinenhersteller Sany übernahm 2012 den Betonpumpenhersteller für gut 320 Millionen Euro.
Der Weltmarktführer für Pkw-Schließsysteme, Kiekert, ging 2012 in chinesische Hände. Der Hersteller aus Heiligenhaus bei Düsseldorf wurde vom börsennotierten chinesischen Automobilzulieferer Lingyun übernommen.
Das Motto klingt gut. Es kann aber kaum darüber hinwegtäuschen, dass es in China für deutsche Unternehmen in jüngster Zeit weniger um Chancen geht, sondern vor allem um Herausforderungen. Der Besuch diese Woche in China ist bereits der neunte Besuch der Kanzlerin bei Deutschlands wichtigstem Handelspartner in Asien. Gemeinsam mit sechs Ministern, darunter Finanzminister Wolfgang Schäuble, absolviert Merkel noch bis Dienstag ein eng getaktetes Programm. Bilaterale Gespräche mit den chinesischen Amtskollegen inklusive.
Deutschland ist das einzige Land, mit dem die chinesische Regierung überhaupt Regierungskonsultationen pflegt. Dementsprechend wertvoll ist der Bundesregierung der regelmäßige Austausch, zu dem Merkel dieses Mal ihr halbes Kabinett mitgenommen hat. Doch lange gab es nicht mehr so viele Konfliktpunkte zwischen den beiden Partnern. Mangelnder Marktzugang, Protektionismus, die chinesische Überproduktion und der Konflikt im Südchinesischen Meer belasten das Verhältnis. Vor allem im Angesicht chinesischer Kaufwut in Europa, die jüngst in der geplanten Investition in den Roboterhersteller Kuka gipfelte, fordern viele Unternehmen mehr Gleichberechtigung in China und klarere Worte aus Berlin.
Chinas Wirtschaft befindet sich in einer Phase der Transformation. Während Peking immer noch davon träumt, zwischen 2010 und 2020 das Bruttoinlandsprodukt und das Pro-Kopf-Einkommen des Landes zu verdoppeln, schwächelt die heimische Wirtschaft. Will das Land das Ziel überhaupt noch erreichen, muss es bis 2020 stetig um mindestens 6,5 Prozent pro Jahr wachsen. Im vergangenen Jahr lag das Wirtschaftswachstum zwar bei 6,7 Prozent, viele Experten gehen aber davon aus, dass das tatsächliche Wachstum weit darunter liegen könnte.
Nun will sich das Land von einer exportgetriebenen Wirtschaft mit hohen Kapazitäten in der Industrie zu einem konsumgetriebenen Modell entwickeln. Lange Zeit wurde das Wirtschaftswachstum vor allem durch billiges Geld und Investitionen in die Infrastruktur und den Wohnungsbau vorangetrieben. Mit steigenden Löhnen und sinkender Nachfrage reicht das aber nicht mehr. Unter dem Schlagwort "Made in China 2025" eifert das Land nun dem deutschen Wirtschaftsprogramm Industrie 4.0 nach. Zukünftig sollen vor allem Innovation und Hightech Motor der chinesischen Wirtschaft werden.
Viele Unternehmen und Verbände klagen aber, dass Peking diese Transformation mit unfairen Mitteln stützt. So auch Alexandra Voss, Leiterin der Außenhandelskammer in Peking. „Es liegt auf der Hand, dass Deutschland und China ihre Zusammenarbeit im Bereich Industrie 4.0 weiter ausbauen wollen“, so Voss. Wichtig sei dabei vor allem aber die Arbeit an gemeinsamen Standards und Normen sowie gleichzeitig Themen wie IT-Sicherheit, Datenschutz und Schutz geistigen Eigentums anzusprechen. „Eine erfolgreiche Zusammenarbeit kann nur gelingen, wenn es gemeinsame technische Standards und ähnliche IT-Architekturen gibt, Geschäftsgeheimnisse gewahrt werden und kein Wissen des Unternehmens unkontrolliert abfließen kann.“
In China sind mehr Reformen vonnöten
Hierzu gehörten auch konkrete Anliegen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen in China, wie eine weitere Marktöffnung und ein fairer Wettbewerb. Die chinesische Regierung habe zwar die Durchführung von Strukturreformen in der Vergangenheit mehrfach angekündigt, „erforderlichen Reformen sollte nun im Rahmen der wirtschaftlichen Neuausrichtung auch politische Priorität verliehen werden“, sagt Voss. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten könne China so die Chance nutzen, durch weitere Reformschritte klare Zeichen zu setzen.
Auch die Europäische Handelskammer klagt über den Rückwärtskurs der Chinesen. Ausländische Unternehmen in China seien zunehmend pessimistisch, heißt es in den Ergebnissen einer aktuellen Umfrage unter ihren Mitgliedern. „Die Lage für ausländische Firmen in China ist aktuell sehr schwierig“, sagt Mick Adams, Vizepräsident der Europäischen Handelskammer. Viele Unternehmen wachsen zwar, aber es sei zunehmend schwer, profitabel zu sein. Das gelte vor allem für große Unternehmen, die schon seit sehr langer Zeit in China sind. Viele von ihnen sind vor allem im herstellenden Gewerbe und in der Industrie aktiv. „Der Druck für diese Firmen ist enorm“, sagt Adams. Auch er verweist auf die Reformmüdigkeit Pekings. Denn trotz vieler Versprechen der Zentralregierung gingen diese nur stockend voran.
Er warnt auch vor den Negativfolgen für China. Denn viele Unternehmen hielten sich aktuell mit Investitionen zurück, reduzierten Kosten und Personal sowie Ausgaben in der Forschung und Entwicklung. „Das wird sich nur ändern, wenn die chinesische Regierung handelt und die dringend notwendigen Reformen tatsächlich umsetzt.“
Bei der Pressekonferenz im Anschluss an die Regierungskonsultationen gaben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Li Keqiang am Montag betont harmonisch. Deutschland und China wollen sich weiter aufeinander zu bewegen. Die Streitigkeiten würden nur einen kleinen Teil der Beziehungen ausmachen, hieß es.
Merkel kam dabei aber auch auf die entsprechenden Kritikpunkte zu sprechen: Rechtssicherheit und Gleichbehandlung seien für die deutsche Wirtschaft in China ein Muss. Deutsche Unternehmen bräuchten zudem einen besseren Marktzugang. Nicht zuletzt, weil Deutschland sich aktuell selbst als einen offenen Investitionsstandort für chinesische Unternehmen zeige. „Wir erwarten Reziprozität auch auf chinesischer Seite“, so die Kanzlerin.
Gleichzeitig zeigte sich Merkel aber auch bereit, sich für den Status Chinas als eine Marktwirtschaft einzusetzen. China wurde beim Beitritt zur WTO 2001 versprochen, nach 15 Jahren den Status einer Marktwirtschaft zu erhalten. Eine Anerkennung würde es innerhalb der EU beispielsweise schwieriger machen, beispielsweise Schutzzölle zu verhängen. Gleichzeitig verwies die Bundeskanzlerin aber auch darauf, dass es Ausnahmen geben müsse, beispielsweise in der Stahlindustrie. In diesem Bereich hat China in den vergangenen Jahren gewaltige Überkapazitäten aufgebaut.
Li widersprach dieser Forderung. China hätte die Zusage damals bekommen, zu diesem Versprechen müsse man nun auch stehen. Zwar räumte Li die Drohung aus, einen Handelskrieg mit der EU im Fall eines Negativvotums führen zu wollen. Dies hatte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua zuletzt verkündet. Trotzdem ist dieser Streitpunkt noch längst nicht ausgeräumt. Die Entscheidung steht im Dezember an.
Im Zuge der Regierungskonsultationen schlossen die beiden Länder 24 neue Wirtschaftsverträge mit einem Volumen von 2,73 Milliarden Euro ab. Heute ist die Bundeskanzlerin noch in Shenyang im Nordosten des Landes, wo BMW Anfang des Jahres ein weiteres Autowerk eröffnet hat.