Hierzu gehörten auch konkrete Anliegen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen in China, wie eine weitere Marktöffnung und ein fairer Wettbewerb. Die chinesische Regierung habe zwar die Durchführung von Strukturreformen in der Vergangenheit mehrfach angekündigt, „erforderlichen Reformen sollte nun im Rahmen der wirtschaftlichen Neuausrichtung auch politische Priorität verliehen werden“, sagt Voss. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten könne China so die Chance nutzen, durch weitere Reformschritte klare Zeichen zu setzen.
Auch die Europäische Handelskammer klagt über den Rückwärtskurs der Chinesen. Ausländische Unternehmen in China seien zunehmend pessimistisch, heißt es in den Ergebnissen einer aktuellen Umfrage unter ihren Mitgliedern. „Die Lage für ausländische Firmen in China ist aktuell sehr schwierig“, sagt Mick Adams, Vizepräsident der Europäischen Handelskammer. Viele Unternehmen wachsen zwar, aber es sei zunehmend schwer, profitabel zu sein. Das gelte vor allem für große Unternehmen, die schon seit sehr langer Zeit in China sind. Viele von ihnen sind vor allem im herstellenden Gewerbe und in der Industrie aktiv. „Der Druck für diese Firmen ist enorm“, sagt Adams. Auch er verweist auf die Reformmüdigkeit Pekings. Denn trotz vieler Versprechen der Zentralregierung gingen diese nur stockend voran.
Er warnt auch vor den Negativfolgen für China. Denn viele Unternehmen hielten sich aktuell mit Investitionen zurück, reduzierten Kosten und Personal sowie Ausgaben in der Forschung und Entwicklung. „Das wird sich nur ändern, wenn die chinesische Regierung handelt und die dringend notwendigen Reformen tatsächlich umsetzt.“
Bei der Pressekonferenz im Anschluss an die Regierungskonsultationen gaben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Li Keqiang am Montag betont harmonisch. Deutschland und China wollen sich weiter aufeinander zu bewegen. Die Streitigkeiten würden nur einen kleinen Teil der Beziehungen ausmachen, hieß es.
Merkel kam dabei aber auch auf die entsprechenden Kritikpunkte zu sprechen: Rechtssicherheit und Gleichbehandlung seien für die deutsche Wirtschaft in China ein Muss. Deutsche Unternehmen bräuchten zudem einen besseren Marktzugang. Nicht zuletzt, weil Deutschland sich aktuell selbst als einen offenen Investitionsstandort für chinesische Unternehmen zeige. „Wir erwarten Reziprozität auch auf chinesischer Seite“, so die Kanzlerin.
Gleichzeitig zeigte sich Merkel aber auch bereit, sich für den Status Chinas als eine Marktwirtschaft einzusetzen. China wurde beim Beitritt zur WTO 2001 versprochen, nach 15 Jahren den Status einer Marktwirtschaft zu erhalten. Eine Anerkennung würde es innerhalb der EU beispielsweise schwieriger machen, beispielsweise Schutzzölle zu verhängen. Gleichzeitig verwies die Bundeskanzlerin aber auch darauf, dass es Ausnahmen geben müsse, beispielsweise in der Stahlindustrie. In diesem Bereich hat China in den vergangenen Jahren gewaltige Überkapazitäten aufgebaut.
Li widersprach dieser Forderung. China hätte die Zusage damals bekommen, zu diesem Versprechen müsse man nun auch stehen. Zwar räumte Li die Drohung aus, einen Handelskrieg mit der EU im Fall eines Negativvotums führen zu wollen. Dies hatte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua zuletzt verkündet. Trotzdem ist dieser Streitpunkt noch längst nicht ausgeräumt. Die Entscheidung steht im Dezember an.
Im Zuge der Regierungskonsultationen schlossen die beiden Länder 24 neue Wirtschaftsverträge mit einem Volumen von 2,73 Milliarden Euro ab. Heute ist die Bundeskanzlerin noch in Shenyang im Nordosten des Landes, wo BMW Anfang des Jahres ein weiteres Autowerk eröffnet hat.