Bundespräsidentenwahl Personalkarussell in Österreich

In zwei Wochen wählt Österreich einen neuen Bundespräsidenten. Geschlossenheit scheint erste Parteienpflicht. Mit einer überraschenden Personalie könnte sich die konservative ÖVP schaden.

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Die Chancen, dass der ÖVP-Kandidat Andreas Khol die Bundespräsidentenwahl gewinnt, sind eher gering. Quelle: Reuters

Wien Das sind Worte der Erleichterung: „In einigen Tagen habe ich wohl den schwierigsten Job dieser Republik hinter mir und die schönste Aufgabe in Österreich vor mir.“ Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), durch ihre restriktive Flüchtlingspolitik („Wir müssen an der Festung Europa bauen“) europaweit bekannt geworden, gibt den Posten als Innenministerin in Wien auf. Sie wechselt als stellvertretende Landeshauptfrau (Ministerpräsidentin) in ihrer Heimat Niederösterreich. Ihr Nachfolger wird der dortige Landesfinanzminister Wolfgang Sobotka – der ankündigte, am Anti-Willkommens-Kurs seiner Vorgängerin festhalten zu wollen.

Der Schritt ist also kein Signal nach außen. Er könnte aber Auswirkungen auf die Bundespräsidentenwahl in zwei Wochen und das Machtgefüge in der konservativen ÖVP haben.

So kurz vor der Wahl sei die Personalrochade in der Bundesregierung „eine Art von Super-GAU“ für den ohnehin wenig aussichtsreichen ÖVP-Kandidaten Andreas Khol, zitiert die Zeitung „Kurier“ die Politikberaterin Heidi Glück. Mangelnde Geschlossenheit gilt in dieser Phase als schwerer Fehler. Parteichef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner musste sich dem Wunsch und Willen des höchst einflussreichen Ministerpräsidenten von Niederösterreich, Erwin Pröll, beugen. Der 69-jährige ÖVP-Grande bereitet seine Nachfolge vor – und Mikl-Leitner hat beste Chancen.


Chancen für Khol stehen schlecht

Die Personalrochade zur Unzeit sei „ein ganz schwerer Schlag für das parteiinterne Standing des Parteichefs“, meint Politikberater Thomas Hofer. „Niederösterreich hat gezeigt, wo in der Partei der Hammer hängt.“ Das Kalkül könne sein, dass Niederösterreich als mächtigster ÖVP-Landesverband die Bundespräsidentenwahl schon verloren gebe und eine solche Personalie lieber im Vorfeld abwickele, so Hofer.

In der Tat sind die Chancen für den 74-jährigen Khol, am 24. April zumindest in die erwartete Stichwahl der beiden erfolgreichsten Bewerber um das höchste Amt im Staat zu kommen, eher mau. Laut Umfragen liegt er abgeschlagen bei rund zwölf Prozent auf dem vorletzten Platz unter sechs Kandidaten. Eine Personalrochade nach einem ÖVP-Desaster hätte den Beigeschmack der Konsequenz aus einer Niederlage. „Die Landeshauptleute sind die wahren Herrscher“, kommentiert „Der Standard“ die Ohnmacht der Bundesregierung gegenüber der Stellung der neun Bundesländer.

Schon traditionell geht die ÖVP wenig zimperlich mit ihren Vorsitzenden um. Mitterlehner, seit erst anderthalb Jahren Vizekanzler und Parteichef, gilt nun als „angezählt“. Wenn sein Kandidat in zwei Wochen nicht einmal in die Stichwahl kommt, dann wird sich der Druck auf den 60-Jährigen mit dem forschen Spitznamen „Django“ verstärken, sind sich Beobachter einig. Mittelfristig – für die Parlamentswahl 2018 – stehen die Chancen auf die Spitzenkandidatur für Mitterlehner ohnehin schlecht. Der 29-jährige Außenminister Sebastian Kurz schlägt ihn in aktuellen Umfragen zum „aussichtsreichsten ÖVP-Kandidaten“ haushoch.
Kurz werde aber nicht kurzfristig die Posten von Mitterlehner übernehmen wollen, ist sich Hofer sicher. „Als Vizekanzler kann man nicht strahlen.“ Einen wichtigen Unterstützer auf dem möglichen Weg ins Kanzleramt hat der 29-Jährige jedenfalls: Erwin Pröll.

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