China Wie China mit der Expansion die eigene Schwäche überdeckt

Seite 2/3

Die Skepsis in Europa ist groß

Wirtschaftsexperten sorgen sich vor dem Tag, an dem selbst das billige Geld die Wirtschaft nicht mehr antreiben kann. China ist immer noch stark vom Export abhängig, der steigende Lohn macht das Land weniger wettbewerbsfähig. Andere Länder in Südostasien sind längst billiger. China setzt auf seine digitale Ökonomie. Im Bereich von Fintech und Telekommunikation schaut die Welt gen Osten. Das neue Silicon Valley liegt in Peking. Doch das hat seine Grenzen. Die digitale Revolution führt kaum zu Produktionssteigerungen. Durch die Investitionen in Industrie 4.0 und Robotisierung der Industrie, die Peking massiv vorantreibt, werden in den kommenden Jahren Millionen ihre Jobs verlieren.

Nun sollen Investments im Ausland helfen. Prestige-Projekt des Präsidenten: die Seidenstraßen-Initiative. Benannt ist das Programm nach der historischen Handelstrasse, an der zunächst ein Großteil der Projekte liegen soll. China geht es bei der Initiative einerseits um den Abbau von Überkapazitäten in der Bauindustrie, die das Land zumindest in Staaten in Zentralasien ausschütten kann: Zement, Stahl und neue Aufträge für Giganten wie die staatlichen Eisenbahn-Bauer.

Ob wirtschaftlich, militärisch oder politisch: Mit Riesenschritten baut das Land seinen Einfluss in der Welt aus. Der G20-Gipfel wird zeigen: Die Schwäche der USA spielt Chinas Parteichef Xi Jinping dabei in die Hände.
von Matthias Kamp

„Aber auch der Finanzsektor in China leidet“, erklärt Maximilian Meyer, Professor an der Shanghaier Tongji University. „Renditen befinden sich in einem klaren Abwärtstrend“, sagt er. Besonders die jahrelang sehr renditereiche Immobilienbranche kämpft. „Die Initiative wird als Chance gesehen, größere Mengen an Kapital im Ausland zu investieren.“

Um der Kampagne neuen Schwung zu verleihen, die bereits seit vier Jahren als Begriff durch die chinesische Politik wabert, hatte Xi im Mai mit viel Tamtam nach Peking eingeladen. Wochen vorher ordnete Peking Schließungen von Fabriken in der Umgebung an, um strahlend blauen Himmel in der Hauptstadt zu garantieren. Mit dem Wetter hatte Xi Glück, mit der Gästeliste weniger. Trotz Drängen lehnten Angela Merkel und Theresa May einen Besuch ab. Nicht zuletzt, weil sie sich wohl das Gruppenfoto ersparen wollten: Putin, Orbán, Erdogan und Duerte flogen für die Konferenz nach China. Die Europäer schickten lieber die zweite Reihe.

Die Skepsis in Europa ist groß. Bundesministerin Brigitte Zypries, die stellvertretend für Deutschland zum Gipfel geflogen war, zeigte sich bei ihrer Reise deutlich zurückhaltend: „Die Seidenstraßen-Initiative darf keine Einbahnstraße sein“, sagte sie. „Es braucht faire Ausschreibungen und es muss klar sein, was überhaupt gebaut werden soll.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%