China Olympische Spiele verschärfen Pekings Wassermangel

Sommer, Sportveranstaltungen, Wasserknappheit: Die Olympischen Spiele werden Pekings Wasserverbrauch um weitere 200 Millionen Kubikmeter erhöhen. Eine neue Untersuchung zeigt: Die Spiele im August verschärfen die ohnehin dramatische Wasserknappheit der chinesischen Hauptstadt.

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Arbeiter vor einem Quelle: REUTERS

Dai Qing kann den Bürgern der Olympiastadt 2008 wenig Hoffnung machen. „Wenn sich nicht bald durchgreifend etwas ändert, wird Peking schon in wenigen Jahrzehnten überhaupt kein Trinkwasser mehr haben“, warnt die bekannte chinesische Umweltaktivistin. Die meisten der Wasserreservoirs in Peking seien schon jetzt ausgetrocknet. Rund 200 Flüsse, Kanäle und Bäche zeigten Pekings Stadtpläne, so Dai, doch kaum noch einer führe Wasser.

Ursache der kontinuierlichen Austrocknung der chinesischen Hauptstadt ist der rasant steigende Wasserverbrauch. Jedes Jahr ziehen Hunderttausende Chinesen vom Land auf der Suche nach Arbeit nach Peking. Mehr als 17 Millionen Menschen wohnen inzwischen in der Hauptstadt im Norden des Landes. Der Lebensstandard der Menschen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, was den Verbrauch zusätzlich in die Höhe treibt.

Dazu kommt: Die nördlichen Landesteile leiden seit Jahren unter einer anhaltenden Dürre. Seit mehr als 25 Jahren regnet es in Peking zum Teil deutlich weniger als im langjährigen Mittel. Die Folge: Das Pro-Kopf-Angebot an Wasser liegt in Peking gerade Mal bei einem Dreißigstel des weltweiten Durchschnitts, rechnet der Bericht „Pekings Wasserkrise“ vor, den die kanadische Umweltorganisation Probe International vor wenigen Tagen vorgestellt hat und an dem Dai mitgewirkt hat.

Verschärft, so die Untersuchung, werde die Wasserkrise in Peking durch die Olympischen Spiele im August. Um etwa 200 Millionen Kubikmeter, etwa fünf Prozent des jährlichen Wasserverbrauchs der Haupstadt, dürfte das Sportereignis den Verbrauch in die Höhe schießen lassen, so Dai.

Pekings Grundwasserspiegel sinkt immer weiter

Damit bei Olympia das Wasser fließt, leiten die Behörden in großem Stil Wasser aus Pekings Nachbarprovinzen in die Olympiastadt. Mehr als 60 Millionen Dollar gibt die Regierung beispielsweise für eine 13 Kilometer lange unterirdische Röhre aus. Diese soll Wasser in einen Fluss in Peking leiten, der schon seit einem Jahrzehnt ausgetrocknet ist und auf dem im Sommer die olympischen Ruderwettbewerbe ausgetragen werden. Zum erhöhten Verbrauch während der Spiele tragen aber auch eine Reihe künstlicher Seen sowie Springbrunnen bei, die das Bild der chinesischen Hauptstsadt verschönern sollen. So wird etwa im Stadtteil Shunyi, wo die Ruderer um olympisches Metall kämpfen werden, aus einem riesigen Springbrunnen eine fast 137 Meter hohe Fontäne in den Himmel schießen – angeblich der größte Springbrunnen der Welt. Im Staddtteil Zhongguancun haben die Planer einen weiteren gewaltigen Springbrunnen errichtet.

Um die Wasserzufuhr sicherzustellen, lassen die Behörden immer tiefere Brunnen bohren, was den Grundwasserspiegel weiter absinken lässt. Weil Pekings Gewässer inzwischen fast komplett ausgetrocknet sind, stellt die Stadt die Wasserversorgung zu zwei Dritteln aus Grundwasser sicher. Darüber hinaus hat die Regierung ein umfangreiches Programm aufgelegt, das Wasser aus anderen Regionen Chinas in die Hauptstadt leiten soll. Allein 400 Millionen Kubikmeter Wasser werden jedes Jahr aus vier Wasserreservoirs in der angrenzenden Provinz Hebei nach Peking gepumpt. Die Folge: Die Bauern der Provinz klagen zunehmend über Engpässe bei der Bewässerung ihrer Felder. 60 Milliarden Dollar gibt die Regeirung außerdem für ein Kanalisationsprojekt aus, das Wasser aus dem regenreicheren Süden Chinas nach Norden pumpen soll.

Umweltorganisationen wie Probe International kritisieren solche Vorhaben. „Der Fehler der Regierung ist, dass sie die Wasserkrise fast ausschließlich mit immer neuen technischen Projekten lösen will“, sagt Dai. Viel wichtiger sei es, die Effizienz des bestehenden Versorgunssystems zu steigern. So kostet in Peking etwa ein Kubikmeter Wasser umgerechnet 0,54 US-Cents. In Großbritannien dagegen zwischen 2,2 und 2,7 US-Cents. „Der Preis spiegelt nicht den tatsächlichen Wert der knappen Ressource wider“, sagt Dai, „das führt zu großer Verschwendung.“

Aus Angst vor Unruhe in der Bevölkerung subventionert die Regierung unter anderem die Preise für Wasser und Strom. Dazu kommt, dass viele Gewässer in China, wenn sie nicht bereits ausgetrocknet sind, stark verschmutzt sind. Die Projekte zur Umleitung von Wasser nach Peking aus anderen Regionen führen überdies zu großen Verlusten, etwa durch Verdunstung. Das wichtigste sei aber, so Dai, Transparenz über das wahre Ausmaß der Pekinger Wasserkrise herzustellen. „Die Informationen dazu befinden sich in den Händen von wenigen Regierungsmitgliedern“, sagt Dai, „und die rücken sie nicht raus.“

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