China-Reise Gabriels holpriger Start

China ist verärgert über den Widerstand Deutschlands gegen chinesische Übernahmen hiesiger Hightech-Firmen. Das bekommen Wirtschaftsminister Gabriel und seine Delegation in Peking zu spüren. Die Partner werden zu Rivalen.

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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel trifft auf seiner Peking-Reise den chinesischen Premierminister Li Keqiang. Quelle: dpa

Peking Es ist zugig und kalt im großen Sitzungssaal im achten Stock des Handelsministeriums in Peking. Journalisten und Wirtschaftsvertreter warten auf Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und seinen chinesischen Amtskollegen Gao Hucheng. Die beiden Minister wollen mit ihren Reden die Sitzung des deutsch-chinesischen Wirtschaftsausschusses eröffnen.

Der Ausschuss tagt seit Jahren regelmäßig abwechselnd in Deutschland und China. Er ist das wichtigste Koordinationsgremium des deutschen Wirtschafts- und des chinesischen Handelsministeriums. An diesem Dienstag, dem ersten Tag der China-Reise Gabriels, steht das Thema „Strukturwandel und regionale Entwicklung“ auf der Tagesordnung. Vertreter chinesischer und deutscher Firmen sitzen mit am Tisch.

Doch die Minister kommen nicht. Nach einer halben Stunde ergreift Gabriels Staatssekretär Matthias Machnig das Wort. Gabriel und sein chinesischer Amtskollege hätten sich vor Beginn der Ausschusssitzung wie geplant zum Mittagessen getroffen, erklärt Machnig. Er habe soeben erfahren, dass die Gesprächsatmosphäre gut gewesen sei. Die geplanten Reden der Minister müssten aber leider ausfallen. Keine große Sache. Ende der Durchsage.

Tatsächlich sind die Irritationen symptomatisch für die Entwicklung der deutsch-chinesischen Beziehungen. Die Absage sei eine chinesische Entscheidung gewesen, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Immerhin empfing Chinas Ministerpräsident Li Keqiang den Vizekanzler anschließend wie geplant. Hintergrund der Verstimmung in Peking ist der Widerstand in Deutschland gegen chinesische Übernahmen hiesiger Hightech-Firmen.

Vizeministerin Gao Yan, die den Handelsminister in dem gemeinsamen Wirtschaftsausschuss vertrat, beklagte in ihrer Auftaktrede eine „investitionsfeindliche Stimmung“ in Deutschland. Mit keinem Wort entschuldigte sie sich bei den Spitzen der deutschen Wirtschaft für die Abwesenheit des chinesischen Ministers.

Der wachsende Widerstand in Deutschland gegen chinesische Übernahmen und die Sorge vor einem Ausverkauf von Schlüsseltechnologien sorgen in Peking für Verärgerung. So hatte Gabriels Ministerium die Genehmigung für den Verkauf des Spezialmaschinenbauers Aixtron zurückgenommen und eine neue Überprüfung des Verkaufs eingeleitet. Auch hatte Gabriel einen besseren Schutz in der Europäischen Union vor Übernahmen von Hightech-Firmen gefordert.

Am Tag vor seinem Besuch hatte Chinas Außenministerium den Gesandten in Peking einbestellt, um gegen die Nichtgenehmigung von Investitionen auf Druck der USA hin und negative Medienberichte zu protestieren.

Nach der Absage des Handelsministers wollte Staatssekretär Matthias Machnig (SPD) nicht von einem „Affront“ sprechen. Beide Minister hätten einen „intensiven Meinungsaustausch“ über alle strittigen Punkte gehabt. „Für mich ist wichtig, dass das Gespräch, das gerade stattgefunden hat, nach allem, was ich weiß, in guter Atmosphäre stattgefunden hat.“ Das Treffen mit Premier Li Keqiang sei „das Entscheidende“.


„Das ist auch das Prinzip einer Marktwirtschaft“

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums verlief die Unterredung der Minister über Handelsthemen ausgedehnt sehr offen und konstruktiv. Aus deutschen Teilnehmerkreisen hieß es, auch die Themen Stahl, Marktwirtschaftstatus sowie die Gleichbehandlung von deutschen und chinesischen Firmen seien angesprochen worden.

Staatssekretär Machnig bekräftigte in seiner Rede, chinesische Investitionen seien in Deutschland willkommen. Daran werde sich nichts ändern. Er forderte aber „Reziprozität“, also Gegenseitigkeit. „Für uns ist wichtig, dass es für deutsche Unternehmen in China die gleichen Chancen gibt wie für chinesische Unternehmen in Deutschland.“

Es sei der deutschen Wirtschaft wichtig, dass es in China Zugang zu Ausschreibungen und keine Diskriminierung von Produkten aus Deutschland gebe. „Das ist auch das Prinzip einer Marktwirtschaft“, sagte Machnig offenbar unter Hinweis auf die chinesische Forderung, als Marktwirtschaft eingestuft zu werden.

Bei Chinas Aufnahme in die Welthandelsorganisation (WTO) vor 15 Jahren war China zugesagt worden, den Status bis Dezember diesen Jahres zu erhalten. Dann könnte China bei Verstößen gegen Dumpingregeln, also wenn es Produkte unter Preis auf den Markt bringt, nicht mehr mit hohen Strafzöllen belegt werden.

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