Chinas Präsident Xi Jinping in den USA Steak, Kartoffelpüree und dann Marschflugkörper

Die Zeichen stehen auf Sturm beim historischen Treffen von Donald Trump und dem chinesischen Präsidenten. Die Eskalation in Syrien kann das fragile Gleichgewicht mit einem Schlag zerstören.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
US-Präsident Donald Trump mit Frau Ivanka (r.), Chinas Staatspräsident Xi Jinping mit seiner Frau Peng Liyuan (l.). Quelle: AP

New York Erst gab es Steak und Kartoffelpüree und dann Marschflugkörper gegen Syrien. Das erste Zusammentreffen von US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping fand in einer bizarren Situation zwischen Humor und Horror statt.

Zunächst hatte Trump beim Fototermin vor dem gemeinsamen Dinner mit Xi noch den perfekten Gastgeber gegeben, jovial, mit freundlichem Händedruck und entspannender Freundlichkeit. „Wir hatten schon intensive Gespräche“, so ein locker scheinender Trump, um dann mit Anspielung auf seine massive Anti-China-Rhetorik augenzwinkernd hinzuzufügen: „und ich habe noch absolut nichts bekommen“. Erlösendes Gelächter und freundliches Applaudieren von Xi waren der Lohn.

Immerhin hatte im Wahlkampf schon mal klargemacht, wie chinesische Wirtschaftsdelegationen behandelt werden sollten: „Es gibt einen Hamburger von McDonald's und dann wird gearbeitet“. Dann, um 22.00 Uhr Ortszeit in Florida in seinem Golfressort Mar-a-Lago, unterbrach Trump das Willkommensdinner, um mitzuteilen, die USA habe 59 Marschflugkörper auf militärische Ziele in Syrien abgefeuert. Amerikas Vergeltung für einen barbarischen Giftgasangriff. Keine drei Monate im Amt wird Trump zum Kriegspräsidenten.

Für Xi mit Sicherheit eine nicht gerade angenehme Situation. Nicht nur, dass er schlagartig von der Hauptperson zum Nebendarsteller degradiert wurde. Einer der wichtigsten Punkte seiner zweitägigen Visite in den USA ist der schwelende Konflikt in Nordkorea. Dessen Familiendiktator ist unter dem Schutzschild Chinas auf dem Weg zur Atommacht und Trump hatte gerade erst angedeutet: „Wenn China das Problen (Nordkorea) nicht löst, dann werden wir es machen.“

Xi, der starke Mann der Volksrepublik China, ahnte schon, dass der Besuch kein Zuckerschlecken werden wird. Mit Gattin und seinem riesigen Tross aus chinesischen Politikern, Beamten und Wirtschaftsmagnaten nächtigt er nicht in Donald Trumps Luxus-Golfressort Mar-a-Lago in Florida. Er wählte das Luxusressort „Eau Palm Beach Resort & Spa“, um dort für zwei Tage sein Hauptquartier aufzuschlagen. Die Genugtuung, als dankbarer Gast im privaten Golf-Ressort des US-Präsidenten zu nächtigen, wollte er Trump nicht geben.

In der chinesischen Kultur treten Gäste im Haus ihres Gastgebers nicht herrisch auf, kritisieren nicht und Forderungen stellen sie schon gar nicht. Aber genau dafür ist er in die USA gekommen. Er will als gleichberechtigter Partner auf Augenhöhe zu Trump wahrgenommen werden, wenn die TV-Bilder der heiklen Treffen über chinesische TV-Bildschirme flimmern. Aber mit einen Militarschlag in Syrien, einem Eingreifen der USA in die inneren Angelegenheiten hatte er nicht gerechnet.

Nach der Landung der Delegation in Palm Beach und Begrüßung durch Außenminister Ex Tillerson kurz nach 14.00 Uhr Ortszeit auf dem Flughafen von Palm Beach ging es noch in Trumps Golfressort, wo der mittlerweile berüchtigte Pressetermin mit Händedruck des burschikosen US-Präsidenten anstand. Japans Premier Abe rollte nach einem peinlich langen Händedruck nur entnervt die Augen, Bundeskanzlerin Angela Merkel bekam den Händedruck sogar verweigert, angeblich, weil Trump die Frage von Fotografen danach „nicht gehört“ hatte. Diesmal zeigte sich Gastgeber Trump von seiner Schokoladenseite, als er den „Freund“ Xi begrüßte.


Donald Trump setzt weniger auf ruppiges Gepolter

Xi war auf das Schlimmste gefasst. Über Monate hatte Trump China als Buhmann angegriffen, als Währungsmanipulator oder Arbeitsplatz-Vernichter gebrandmarkt. China hätte Amerika über Jahr unfair behandelt und das werde er jetzt rigoros stoppen, hatte er johlenden Wählermassen zugerufen. Seit Monaten droht er mit massiven Einfuhrzöllen, aber noch ist nichts passiert. Dafür provozierte er Xi mit einem provokativen Telefonat mit Taiwans Staatsoberhaupt. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, nicht als eigenständigen Staat.

Doch Trump weiß, dass er mit ruppigem Gepolter nichts erreichen wird. Der Präsident-gewordene Immobilienunternehmer und Golfplatzbetreiber steht jetzt einem gewieften Machtmenschen mit langjähriger Kaderschulung entgegen, erfahren und gewandt auf dem internationalen Parkett. Der leise und höflich agierende Xi ist Anfeindungen gewohnt und in keiner Wiese dünnhäutig wenn er kritisiert wird, so wie Trump. Trotzdem ist er knallhart in der Sache und hat einiges zu bieten, wenn er ab Freitag morgen dem „größten Dealmacher“ aller Zeiten am Verhandlungstisch gegenübersitzt.

China ist nach den USA längst die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt, das Handelsdefizit ist mit 347 Milliarden Dollar zugunsten Chinas (325 Milliarden Dollar) ein ungelöstes Problem. Seit der US-Präsident mit einem Federstrich das transpazifische Handelsabkommen aufgekündigt hat, setzt sich Xi geschickt als Retter des freien Welthandels in Szene. In der Nordkorea-Krise wird Trump ohne China nichts erreichen können. Ein offener Krieg könnte für die Verbündeten Japan und Südkorea zum absoluten Gau geraten, auch ohne Atomwaffen.

Xi kann gleichzeitig Trumps Wunschlösung eines faktisch ausradierten nordkoreanischen Staates nicht akzeptieren. Das wäre gleichbedeutend mit einer gemeinsamen Grenze zu einem wiedervereinten Korea unter amerikanischem Einfluss. Entsprechend schwierig werden sich die Gespräche gestalten und mir großen Ergebnissen kann nicht gerechnet werden.

Auch wegen der anhaltenden Personalprobleme der Trump-Regierung. Während der Präsident der Volksrepublik mit einem straff gedrillten und bis ins Detail vorbereiteten Tross aus linientreuen Beamten und Politikern mit langjähriger Verhandlungserfahrung in den USA antritt, muss Trump naturgemäß mit einer motivierten, aber unerfahrenen Truppe antreten. Die sieht sich inzwischen laut Informationen von Politico.com intern einem wahren „Bürgerkrieg“ im Weißen Haus gegenüber. Die von Trump eingesetzten Neulinge reiben sich dem Bericht zufolge immer mehr in Grabenkämpfen mit Politprofis auf und jetzt mussten sie noch zusehen, wie ihr strategischer Rückhalt, Stephen Bannon, zum Teil entmachtet wurde. Bannon war ostentativ in der Air Force One mit nach Florida geflogen und stand weitgehend unbeachtet auf den Fototerminen herum.

Donald Trump und der Welt stehen jetzt zwei harte Tage bevor. Er muss der Verlockung widerstehen, sich als neuer Kriegsheld zu inszenieren und Xi spüren zu lassen, wer der wahre Weltherrscher ist. Statt dessen muss er den chinesischen Präsidenten spüren lassen, dass er zusammen mit ihm die wirtschaftlichen und politischen Probleme der Welt lösen will. Damit kann Xi nach Hause fliegen, ohne sein Gesicht zu verlieren. Und das wäre schon viel gewonnen in der Beziehung zweier Weltmächte am Rande des Gefrierpunkts. Der „Dealmacher“ ist gefragt.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%