Für Republikaner hätte ein kleiner Klippensprung einen besonderen Charme: Ohne einen Kompromiss würden die Steuern für alle Amerikaner steigen. Und nach dem 3. Januar könnten Republikaner dann dafür stimmen, die Steuern für einen großen Teil der Bevölkerung wieder zu senken. Das ist für die konservative Partei attraktiver, als jetzt dafür zu stimmen, die Steuern für die wohlhabenden Amerikaner zu erhöhen. Steuererhöhungen sind grundsätzlich ein rotes Tuch für viele Politiker der Partei. Einige haben sich sogar öffentlich dazu verpflichtet, niemals die Steuern zu erhöhen.
Die größten Pleitekandidaten der USA
Kaliforniens Haushaltsloch brachte schon Ex-Gouverneur Arnold Schwarzenegger zur Verzweiflung. Weder die Schließung von Gefängnissen noch die Sperrung von Nationalparks konnten die Finanzkrise des Landes lösen. In diesem Jahr wird im bevölkerungsreichsten US-Staat wohl eine Lücke im Haushalt von 25,4 Milliarden Dollar klaffen. Zur Einordnung: Das ist fast ein Drittel (29,3 Prozent) des Gesamtetats von 2011. Nun wird überall gespart – außer bei der Filmförderung für Hollywood.
Der fünftgrößte US-Staat war jahrelang die Heimat von US-Präsident Barack Obama. Er arbeitete in Chicago und ist noch heute in der „windy city“ äußert beliebt. Die Finanzlage des Landes ist besorgniserregend. Für 2012 erwartet Illinois ein Haushaltsloch von 15 Milliarden Dollar (44,9 Prozent des aktuellen Budgets). Die Bonität des Staates gilt schon jetzt als gering. Investoren leihen Illinois nur für hohe Zinsen ihr Geld. Die Schuldenspirale dreht sich damit immer weiter.
Der Bundesstaat an der Grenze zu Kanada hat nicht nur viele Gewässer ("Land der tausend Seen"), sondern auch viele Schulden. Für das Gesamtjahr 2012 gehen die Behörden von einem Haushaltsloch von knapp vier Milliarden US-Dollar aus. Schon im Juli 2011 war Minnesota zeitweise zahlungsunfähig. Zoos und Nationalparks wurden geschlossen, Bauarbeiten an Straßen wurden eingestellt und 22.000 staatliche Bedienstete in den unbezahlten Urlaub geschickt.
Der kleine Ostküstenstaat zwischen New York und Rhode Island steckt ebenfalls in der schwersten Finanzkrise seiner Geschichte. Im Haushalt 2012 fehlen 3,7 Milliarden Dollar (20,8 Prozent des 2011er-Etats). Selbst die private Elite-Uni Yale in Connecticut bleibt von der Krise nicht verschont. In ihrem Uni-Budget für 2011/12 fehlen 68 Millionen Dollar.
Der Südstaat musste in den vergangenen Jahren viele Tiefschläge verkrafte. Erst wütete Hurrikan „Katrina“ über das Land, dann folgte eine schmerzhafte Rezession und 2010 schließlich noch die Ölkatastrophe. Der Haushalt ist vollkommen überlastet. Es klafft 2012 ein Loch von 1,7 Milliarden US-Dollar (22 Prozent des 2011er-Etats).
Der Wüstenstaat ist durch eine Stadt weltbekannt: Las Vegas. Die Spielermetropole zieht jährlich Touristen aus allen Teilen der Erde an. Der Haushalt des Bundesstaates kann davon aber nicht profitieren. 2012 wird der Haushalt eine Lücke von 1,5 Milliarden Dollar aufweisen. Allerdings: Die Summe entspricht fast der Hälfte des derzeitigen Etats Nevadas.
Der nördliche Nachbar von Kalifornien wird 2012 wohl ein Haushaltsloch von 1,8 Milliarden US-Dollar verkraften müssen. Diese Summe beträgt ein Viertel des Gesamthaushaltes von 2011. Es wird drastisch gespart: Sowohl bei Kranken und Rentnern als auch bei Schülern und Studenten.
Der Sprecher im republikanisch geführten Repräsentantenhaus, John Boehner, wird am 3. Januar wiedergewählt. Danach, so heißt es in Washington, hätte er mehr Freiheiten, einen Deal auszuarbeiten. Jetzt würde er nichts tun, was seine Wiederwahl gefährden könnte. Boehner hatte vor Weihnachten die Verhandlungen platzen lassen und die Verantwortung auf den demokratisch geführten Senat abgewälzt.
Auch für Demokraten wäre dieser Weg attraktiv. Sie werden nach dem 3. Januar mehr Stimmen im Repräsentantenhaus haben. Und auch sie wollen sich jetzt nicht in einen Kompromiss drängen lassen, der Reichen eine Steuererhöhung erspart oder bei den Sozialsystemen zu harte Einsparungen durchsetzt.
Der Zeitdruck bleibt: Denn wenn der Countdown ausgelaufen ist, werden die Märkte Druck auf Washington machen. Die Politiker sind schon darauf eingestellt. „Ich glaube, die Märkte werden uns für unser Scheitern bestrafen“, sagte der demokratische Abgeordnete Peter Welch im US-Fernsehen. „Und sie sind vielleicht der einzige Weg, um uns noch zu einer Einigung zu bewegen.“