Das Ende einer Farce Amerikaner dürfen wieder Smartphones entsperren

Absurde Gesetze sind im „Land of the Free“ keine Seltenheit. So durfte bisher ein Smartphone nicht entsperrt und bei einem anderen Anbieter genutzt werden. Die Digitalfarce wird nun dank eines neuen Gesetzes beendet.

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Amerika ist entsperrt: Ein neues Gesetz erlaubt nun die Freischaltung von Smartphones. Quelle: dpa

Es ist eine der absurderen Gesetzeslagen in den USA. Ein einmal von einem Mobilfunkanbieter gekauftes Smartphone darf gegen dessen Willen niemals mehr entsperrt und für andere Netze genutzt werden. Selbst dann nicht, wenn der Käufer seinen Zweijahresvertrag vollständig erfüllt und das Gerät und alle etwaigen Schulden oder Gebühren voll bezahlt hat. Sonst geht er ins Gefängnis. Präsident Barak Obama wird diesen Zustand heute beenden, wenn er ein entsprechendes Gesetz unterzeichnet.
Hintergrund dieser Digitalfarce des 21. Jahrhunderts im „Land of the Free“ ist das Millenium Copyright Act. Eingeführt als das Internet noch jung war, untersagt es die Umgehung technischer Schutzmaßnahmen von Geräten oder Software bei der Androhung einer Gefängnisstrafe. Ausnahmen müssen ausdrücklich gesetzlich festgelegt werden. Alle drei Jahre findet standardmäßig eine Prüfung statt und 2012 wurde eine entsprechende Ausnahmegenehmigung für Mobiltelefone still und heimlich nicht mehr verlängert. Die Lobby der Mobilfunkbranche hatte erfolgreich geltend gemacht, es handele sich bei der Entsperrung um eine böse Copyright-Verletzung. Ihre kostspielig entwickelte Software dürfe nicht so einfach in anderen Netzwerken verwendet werden.

Eine absurde Vorstellung: Smartphones, wie etwa bei AT&T, kommen von einem Hersteller wie Samsung, HTC oder Apple und werden lediglich mit ein paar mehr oder weniger belanglosen Zusatz-Gimmicks aufgeblasen, die man dann noch nicht einmal wieder löschen kann. Die schützenswerte Software dient einfach dem Zweck, die Rechte des Käufers einzuschränken. Für immer. Es geht einfach darum, die Verwendung im eigenen Netz auf ewig zu garantieren. Das Urheberrecht als Umweg für den Konkurrenzausschluss.
Eine Petition beim Weißen Haus, dieses Entsperrungsverbot endlich aufzuheben, fand 2013 enormen Widerhall in der Öffentlichkeit. Jetzt ist es so weit. Die Mobiltelefone sind frei, keiner kann sie mehr halten. Das „Unlocking Consumer Choice and Wireless Competition Act“ erlaubt technisch nicht versierten Konsumenten daneben ausdrücklich Hilfe von Dritten anzunehmen. Jeder Mobilfunkshop darf jetzt Telefone entsperren. Der Spießrutenlauf durch komplizierte Antragsverfahren bei den Anbietern entfällt. Sie gewähren derzeit „freiwillig“ eine Entsperrung, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten werden.

Amerika ist entsperrt. In einem Mobilfunkmarkt, in dem ohnehin der Wettbewerb durch fortgesetzte Megafusionen auf ein Mindestmaß zurechtgestutzt wird, kann die Bedeutung dieses Gesetzes nicht unterschätzt werden. Es belebt den Markt mit Gebrauchtgeräten und spielt damit regionalen und kleineren nationalen Anbietern in die Hände.

Zu nennen ist da an erster Stelle T-Mobile USA, die im zweiten Quartal 2014 mit netto 1,5 Millionen Neukunden ohnehin schon das Pack in den USA anführten und wieder in die Gewinnzone vorgestoßen sind.

Unzufriedene Kunden des Giganten AT&T sind die bevorzugten Ziele und mit preisgünstigen Prepaid-Tarifen will T-Mobile das Heer der weniger zahlungskräftigen Kunden in den USA anlocken. Wer heute mit einem AT&T-Gerät in einem teuren Vertrag steckt, der kann viel leichter wechseln ohne ein neues Smartphone kaufen zu müssen. Ein Grund mehr für den Überraschungsbieter Iliad aus Frankreich in den Übernahmekampf um T-Mobile USA einzusteigen. Das Spiel geht jetzt erst wieder richtig.

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