Das Geschäft mit Lumpen Wie mit unseren Altkleidern Profit gemacht wird

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"Die Städte sind an den Einnahmen interessiert"

Denn wo die Städte die Sammlung an sich reißen, bleibt kein Platz für andere. Mit ihren hoheitlichen Rechten können sie alle anderen Container entfernen lassen, weil sie entweder auf öffentlichem Grund stehen oder dieser genutzt wird, um sie zu befüllen. „Die Städte sind an den Einnahmen interessiert, das ist alles“, sagt Jörg Lacher, Geschäftsführer des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung.

Bis 2012 war es Städten nicht erlaubt, sich in den Altkleidermarkt einzumischen. Die Unternehmen mussten entsprechende Sammlungen nur anzeigen, die Verwaltung prüfte lediglich die Zuverlässigkeit der Anbieter. Solange die Unternehmen ihre Container nicht auf öffentlichen Grund stellten, mussten die Verwaltungen es akzeptieren.

Auch auf Drängen der öffentlichen Unternehmen, denen die sagenhaften Preise für die alten Kleider zu Ohren gekommen waren, öffnete der Gesetzgeber vor zwei Jahren ein Hintertürchen im Kreislaufwirtschaftsgesetz. Wenn ein „öffentliches Interesse“ es rechtfertigt, dürfen die Städte den Wildwuchs an Containern beseitigen und selbst tätig werden. Sie können dann nicht nur einzelne Container entfernen, sondern die Sammlung als Ganzes übernehmen.

Ein offenes Spiel

Die Städte machen davon extensiv Gebrauch: Mehrere Dutzend Großstädte haben inzwischen eigene Sammlungen, unter den kleineren Gemeinden sind es noch viel mehr. Den freien Unternehmen bleibt dagegen nur der Gang vor Gericht. An fast allen deutschen Verwaltungsgerichten werden inzwischen Streitigkeiten zwischen Entsorgungsunternehmen und Stadtverwaltungen ausgetragen, mal obsiegen die Städte, mal die Sammler. „Die Rechtslage ist ziemlich unübersichtlich“, sagt Verbandsvertreter Lacher.

von Florian Willershausen, Henryk Hielscher, Philipp Mattheis

Gerade hat das Verwaltungsgericht München dem Landkreis Landsberg am Lech untersagt, die gewerblichen Entsorger aus dem Markt zu drängen. Die Unternehmen genössen Vertrauensschutz. Anderswo wird es den Städten erlaubt. Bis eine höchstrichterliche Entscheidung ergeht, wird der Gang vor Gericht ein offenes Spiel bleiben. Gerade deshalb aber scheuen sowohl Verwaltungen als auch Unternehmen den Gang durch die Instanzen: Solange alles unklar ist, können beide Seiten ihr Glück zumindest mal versuchen.

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