Demokratie in China Hohe Wahlbeteiligung bei Wahl in Hongkong

Beim ersten Urnengang nach den großen Demokratie-Protesten 2014 bilden sich in Hongkong lange Schlangen vor den Wahllokalen. Die Menschen in Chinas Sonderverwaltungszone sind gespaltener denn je.

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Das Hongkonger Parlament hat 70 Sitze, von denen 40 in freien Wahlen vergeben werden. Die restlichen bestimmen verschiedene Gruppen, die Peking nahestehen. Quelle: dpa

Hongkong Zwei Jahre nach den Demonstrationen für mehr Demokratie in Hongkong hat die chinesische Sonderverwaltungsregion am Sonntag in begrenzten Wahlen ein neues Parlament bestimmt. Wie die „South China Morning Post“ auf ihrer Internetseite berichtete, hatten zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale am Sonntagabend 47,8 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben – mehr als bei der vergangenen Wahl 2012. Damals hatten 43,8 Prozent zu diesem Zeitpunkt abgestimmt. Das amtliche Ergebnis wird am Montag erwartet.

Laut Beobachtern ist die große Wahlbeteiligung ein Zeichen dafür, wie angespannt die Lage in der Stadt nach der großen Demokratiebewegung von 2014 noch ist. Die „Regenschirm-Proteste“ hatten die asiatische Wirtschaftsmetropole wochenlang lahmgelegt und weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Es war die größte Herausforderung für Chinas kommunistische Führung in der früheren britischen Kronkolonie seit deren Rückgabe 1997.

Für Hongkongs Parlament (Legco) wurden am Sonntag 70 Sitze vergeben, von denen 40 nach dem allgemeinen, freien Wahlrecht gewählt wurden. Die übrigen 30 Sitze bestimmten Hongkonger Interessengruppen, die in der Mehrzahl dem pekingfreundlichen Lager angehören.

Trotz dieser Ungleichgewichtung der Stimmen stand bei den Wahlen einiges auf dem Spiel: Zurzeit habe die parteiübergreifende Allianz der Demokraten mit 27 Sitzen genug Stimmen im Parlament, um bestimmte Gesetze und Entscheidungen zu blockieren. Käme aber das Pro-Peking-Lager insgesamt auf eine Zweidrittel-Mehrheit, könnte es sogar Hongkongs Grundgesetz ändern.

Die Peking-Befürworter kämpften nach Medienberichten mit harten Bandagen: Zwei chinesische Staatsunternehmen sollen demnach an ihre Mitarbeiter in Hongkong Anleitungen zur „korrekten“ Stimmabgabe verteilt haben. Hongkonger, die zuvor auf das chinesische Festland umgezogen sind, sollen zudem zur Stimmabgabe massenweise mit Bussen in die Stadt gebracht worden sein.

An den Wahlen am Sonntag nahmen auch eine ganze Reihe neu gegründeter Parteien teil, die anders als die etablierten Demokratie-Kräfte nicht nur freie Wahlen, sondern komplette Unabhängigkeit vom chinesischen Staat erreichen wollen. Erstmals vertreten war auch die Partei Demosisto des jungen Aktivisten Joshua Wong, der vor zwei Jahren zum Gesicht der Demokratie-Bewegung wurde.

Im August hatte ein Hongkonger Gericht den 19-Jährigen wegen seiner Beteiligung an den prodemokratischen Demonstrationen zu 80 Sozialstunden verurteilt. Bestraft wurden auch zwei Mitstreiter.

Auch wenn die Urteile weit von der möglichen Höchststrafe einer fünfjährigen Haft entfernt lagen, kritisierten Menschenrechtler sie scharf. Es sei ein bedenkliches Zeichen dafür, dass sich Hongkongs Behörden Peking immer stärker annäherten.

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