Deniz Yücel Merkel muss die Freilassung fordern – nicht darauf hoffen!

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Nicht verhandelbar

Im Gegenteil: Die Europäer und insbesondere die Deutschen können sogar Druck aufbauen. Wie der Spiegel kürzlich berichtete, bittet die Erdogan-Regierung Deutschland um Hilfe, um die schwierige wirtschaftliche Lage unter Kontrolle zu bekommen. Demnach hofft die Türkei wieder auf mehr Besucher aus Deutschland und ganz Europa, die die Binnenkonjunktur der Türkei stärken würden. Auch Kredite und Hilfszahlungen waren demnach im Gespräch.

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Hier muss die Bundesregierung ansetzen. Sollten die Türken Yücel nicht freilassen, müsste Berlin dem Wunsch nach mehr wirtschaftlicher Kooperation und Zusammenarbeit mit der Türkei ablehnen. Ja, die Türkei ist ein strategischer Partner. Über die Nato sind wir sogar militärische Partner. Aber wenn die Türkei die Pressefreiheit verletzt und einen deutschen Journalisten festsetzt, sind Sanktionen gegen die Türkei ein schmerzhafter aber logischer Schritt.

Manche sagen nun, Yücel sei nicht nur Deutscher, sondern auch Türke. Warum sollten wir uns also überhaupt einmischen? Es stimmt, Yücel hat zwei Pässe. Er ist der Sohn eines türkischen Einwanderers, wurde in der Nähe von Frankfurt geboren und arbeitet für eine deutsche Zeitung. Der Fall Yücel ist also keine innertürkische Angelegenheit, es ist ein deutsch-türkischer Stresstest.

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Bislang hat die Bundesregierung mahnende Worte gewählt. Doch was Yücel in der Türkei erwartet, hat mit einem rechtsstaatlichen Verfahren wie wir es kennen nichts zu tun. Dass sich deutsche Diplomaten im Hintergrund um eine Lösung bemühen, ist gut und richtig. Aber im Fall Yücel braucht es nicht nur Diplomatie. Unsere Bundesregierung muss die Werte unseres Grundgesetzes offen verteidigen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist ein Menschenrecht, das nicht verhandelbar ist. Das sollte die Kanzlerin dem türkischen Präsidenten sagen.

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