Chinesische Mauer, Zensur und Billigprodukte à la "made in China" - das Chinabild der Deutschen ist noch immer undifferenziert und geprägt von Klischees und Stereotypen. Das hat eine Huawei-Studie zum deutsch-chinesischen Verhältnis ergeben.
Dazu wurden 2600 Personen befragt, je 1000 aus der Bevölkerung, 200 Wirtschaftsentscheider und 100 politische Entscheider. Die Ergebnisse sind eindeutig: Das chinesische Deutschlandbild ist um ein Vielfaches positiver als umgekehrt die Wahrnehmung der Volksrepublik China durch Deutschland. Während rund zwei Drittel der chinesischen Bevölkerung Deutschland als führende Wirtschaftsnation ansehen und als positiv bewerten, sehen Deutsche in China vor allem eine Bedrohung.
Im Chinabild der Deutschen schwingt sowohl Faszination für die chinesische Kultur als auch Angst mit. Kaum ein Land polarisiert die Meinungen so stark wie die Volksrepublik China, die als Gegenmodell zu westlich-liberalen Systemen verstanden wird. So assoziieren 37 Prozent der Deutschen mit China in erster Linie eine aufstrebende Wirtschaftsmacht – mit der gleichzeitigen Sorge, chinesische Unternehmen könnten die deutsche Konkurrenz von einheimischen und internationalen Märkten verdrängen. Nicht ganz zu Unrecht. China hat in zwei Jahrzehnten das nachgeholt, wozu der Westen zwei Jahrhunderte brauchte. In nur zwanzig Jahren hat sich das chinesische Bruttoinlandsprodukt verzweihundertfacht. Vor allem Chinas Aufstieg zum Exportweltmeister führt bei einem großen Teil der deutschen Bevölkerung zu der Sorge, dass einheimische Hersteller durch chinesische Importe verdrängt werden.
Neben dem Bild Chinas als wirtschaftliche Supermacht, denken 14 Prozent der Deutschen bei der Volksrepublik auch an den Kommunismus. Obwohl China seit der Reform- und Öffnungspolitik einen Wandel durchlaufen hat, bleibt das Bild des sozialistischen Ein-Parteien-Staats mit diktatorischen Zügen in den Köpfen der Deutschen haften. Einen großen Teil trägt dazu die prekäre Menschenrechtssituation in China bei. 60 Prozent der Befragten sehen China hinsichtlich des Schutz der Menschenrechte weltweit in der Schlussgruppe. Dabei spielt die Medienberichterstattung eine nicht unwesentliche Rolle. 81 Prozent aller ausgewerteten Artikel stufen China als Diktatur ein, die Menschenrechte und Meinungsfreiheit verletzt und tendenziell dominieren pessimistisch-kritische Medieninhalte die Berichterstattung über China.
Negativimages und Stereotypen
Über die deutschen Medien kamen auch Berichte in den letzten Jahren zum Thema Produktskandale, die die Einschätzung der deutschen Bevölkerung und das Vertrauen in „Made in China“-Produkte beeinflussten. Das Bild von Billigprodukten und Firmen mit menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen ist verhaftet in den Köpfen der Deutschen. Und das, obwohl laut Huawei der Trend zu einer verbesserten Qualität chinesischer Produkte gehe, der sich auch in der Steigerung der Importe aus China wiederspiegle. Trotzdem ist die Spontanassoziation von acht Prozent der deutschen Befragten mit China der Begriff „Billigprodukte“, 53 Prozent schätzen die Qualität chinesischer Ware noch immer als niedrig ein.
Neben wirtschaftlichen und politischen Negativimages verbinden Deutsche jedoch auch Positives mit China: Peking-Ente, Reis süß-sauer und Frühlingsrollen, die Deutschen lieben chinesisches Essen. Und die chinesische Mauer fasziniert uns und ist ein beliebtes Ausflugsziel für alle China-Reisenden. Von den befragten Deutschen können sich 36 Prozent vorstellen, Urlaub in China zu machen.
Auch das wachsende Investitionsengagement chinesischer Unternehmen in Deutschland wird überwiegend mit positiven Beschäftigungseffekten verbunden. So nehmen 42 Prozent der deutschen Bevölkerung an, dass chinesische Investitionen Arbeitsplätze schaffen und sich somit positiv auf den deutschen Arbeitsmarkt auswirken. Dennoch dominieren Negativimages das Bild der Deutschen von der Volksrepublik China.
Durch die Modernisierung und Restrukturierung des politischen Systems des Landes und die Bemühungen durch Reform- und Öffnungspolitik rechtsstaatliche Elemente zu schaffen, so Huawei, seien viele der gängigen China-Klischees bereits ad absurdum geführt. Zumindest offiziell, in den Köpfen der Deutschen scheinen sie sich dennoch hartnäckig zu halten. Um das Image Chinas in Deutschland und generell in Europa zu verbessern, muss daher in Zukunft noch viel passieren.
Vertreter der Volksrepublik in Deutschland wollen künftig stärker an der Imageverbesserung ihres Landes arbeiten und ein differenzierteres China-Bild vermitteln. Britta Heidemann, Regionalwissenschaftlerin mit Schwerpunkt China, meint: „Die politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen werden in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Damit steigt auch die Anforderung, die gegenseitige Wahrnehmung zu schärfen, stärker aufeinander zuzugehen und Ängste abzubauen. Dies gilt insbesondere auf gesellschaftlicher Ebene.“