Deutschland und Frankreich Konfrontation auf allen Ebenen

Mit dem Politikwechsel in Paris wird endgültig sichtbar, dass eine französische Mehrheit nicht einverstanden ist mit der Währungs- und Wirtschaftspolitik in Europa. Allen voran soll sich Deutschland ändern.

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Merkel und Hollande in Berlin. Quelle: AFP

Berlin / Camp David Frankreichs neuer sozialistischer Präsident Francois Hollande geht in zentralen Fragen der Krisenbekämpfung in Europa auf Konfliktkurs zu Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wenige Tage vor dem informellen EU-Gipfel in Brüssel bezogen Hollande und seine Regierung in zahlreichen Themenfeldern Positionen, in denen Konflikte mit der deutschen Regierung absehbar sind.

So plädierte Hollande beim G8-Gipfel in Camp David für die die Einführung von Eurobonds und sein Ministerpräsident Jean-Marc Ayrault forderte in einem Interview am Wochenende direkte Kredite der Europäischen Zentralbank (EZB) für Euro-Krisenländer. Zudem stößt die Beförderung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf den einflussreichen Posten des neuen Chefs der Eurogruppe einem Magazinbericht zufolge auf erhebliche Bedenken Hollandes.

Die Bundregierung versuchte, die Gegensätze zwischen Berlin und Paris abzuschwächen. „Frankreich und Deutschland vertreten keine zwei unterschiedlichen Seiten, so wie es die Diskussion hier ergeben hat“, sagte Merkel in Camp David.

Alle seien sich einig, dass es beides brauche: Haushaltsdisziplin und Budgetsanierung einerseits und Anstrengungen für mehr Wachstum andererseits. Schäuble sagte der „Bild am Sonntag“, er freue sich auf neue Impulse von Hollande zur Diskussion um mehr Wachstum in Europa. „Die Bundesregierung ist bereit, über alles zu diskutieren“, kündigte er an. Was aber niemand wollen könne, seien kurzfristig ausgerichtete Ausgabenprogramme für „konjunkturelle Strohfeuer“. Die führten zu mehr Schulden und müssten noch teuer bezahlt werden.

Frankreichs Regierungschef Ayrault kündigte an, sein Land werde beim informellen EU-Gipfel neben anderen Themen auch das von direkten EZB-Krediten für Griechenland ansprechen. In einem Interview der Zeitung „Liberation“ sagte er: „Das wird Teil der Diskussion sein. Kein Thema ist tabu“. Der Gipfel müsse ein starkes Signal der Unterstützung an das griechische Volk senden und dabei alle Optionen ansprechen. „Alle Themen müssen auf den Tisch: Finanzen, das Bankensystem, Wachstum, Protektionismus“, sagte Ayrault. Hollande hatte im Wahlkampf dafür plädiert, dass die EZB angeschlagenen Euro-Staaten über den dauerhaften ESM-Rettungsmechanismus Geld leihen sollte.

Die Bundesregierung steht einer direkten EZB-Kreditvergabe an Krisen-Staaten über den ESM, was auch eine Banklizenz für den Rettungsschirm bedeuten könnte, kritisch gegenüber. Sie fürchtet um die Unabhängigkeit der Notenbank und verweist auf das Verbot der Staatenfinanzierung durch die Zentralbanken.

Hollande kündigte beim G8-Gipfel auch an, er wolle Eurobonds fordern. Entsprechende Vorschläge werde er beim EU-Gipfel am Mittwoch vorlegen. „Ich werde alle Wachstumsvorschläge ... vorlegen. Zu dem Paket gehören auch Eurobonds und ich werde sie nicht alleine vorschlagen.“


Großbritannien hält sich Optionen für Euro-Bonds offen

Unterstützung erhielt er vom Nicht-Euro-Land Großbritannien. Dessen Finanzminister George Osborne nannte Eurobonds „eine Option“. Ähnlich äußerte sich der britische Vize-Premier Nick Clegg in einem „Spiegel“-Interview. Direkte Zuweisungen an andere Mitgliedsländer oder gemeinsame Anleihen in Form von Eurobonds seien in einer Währungsunion unvermeidlich. EU-Energiekommissar Günther Oettinger würde, wie er der „Welt am Sonntag“ sagte, Eurobonds als Schlussbaustein der Euro-Rettung in Betracht ziehen.

Die Bundesregierung lehnt Eurobonds zum gegenwärtigen Zeitpunkt rigoros ab. Sie sieht darin eine Vergemeinschaftung von Schulden und fürchtet, falls es dazu käme, ein Nachlassen der Bemühungen zum Sparen und zum Schuldenabbau.

Ein deutsch-französischer Konflikt deutet sich zudem in der Frage an, Finanzminister Schäuble als Nachfolger des luxemburgischen Regierungschefs Jean-Claude Juncker zum Eurogruppen-Chef zu machen. Das Magazin „Der Spiegel“ berichtete ohne Quellenangaben, Hollande habe die Verantwortlichen in Brüssel wissen lassen, dass er einen deutschen Vorsitzenden der Euro-Finanzminister nur sehr schwer werde akzeptieren können. Wenn überhaupt müsse Schäuble, wenn er das Amt wolle, seinen Job als deutscher Finanzminister aufgeben. Bislang galt es als weitgehend ausgemacht, dass Schäuble nächster Vorsitzender der Euro-Gruppe wird. Seine Bereitschaft dazu hatte der Minister wiederholt signalisiert. Einen permanenten Eurogruppen-Chef, der nicht auch Finanzminister ist, lehnt der CDU-Politiker ab.

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