Dietmar Bartsch im Handelsblatt Wirtschaftsclub „An Stelle von Susanne Klatten hätte ich auch Angst vor Rot-Rot-Grün“

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch wirbt im Gespräch beim Handelsblatt Wirtschaftsclub für eine rot-rot-grüne Koalition. Er will die Steuern erhöhen – und erklärt, warum sich Superreiche fürchten dürfen.

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Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Dietmar Bartsch (Archivbild), flirtet auch im Handelsblatt Wirtschaftsclub mit SPD und Grünen. Quelle: dpa

Berlin Dietmar Bartsch kann sich nicht erinnern, dass seit Erich Honeckers Zeiten jemals ein Politiker an einem Sonntagnachmittag so viel Fernsehpräsenz genossen habe wie Martin Schulz bei seiner ersten Rede als Kanzlerkandidat. Der Schulz-Hype habe ihn überrascht, erzählt der Vorsitzende der Linksfraktion im Gespräch bei „Curry & Politics“, der Berliner Veranstaltungsreihe des Handelsblatt Wirtschaftsclubs in der Hauptstadtredaktion.

Auf die Frage, ob Martin Schulz den Linken nicht ihr Kernthema, die soziale Gerechtigkeit, geklaut habe, reagiert er gelassen: „Im Gegenteil: Wenn soziale Gerechtigkeit das zentrale Wahlkampfthema wird, wird das für uns ein Heimspiel.“ Er räumt allerdings ein, dass die Popularität von Schulz den Umfragewerten der Linken in Ostdeutschland schade. Er gehe aber davon aus, dass sich dieser Effekt wieder legen werde. 

Der Fraktionschef der Linken sprach sich deutlich für ein rot-rot-grünes Bündnis aus SPD, Linken und Grünen aus. Zwar kämpfe jede Partei für sich allein, betont er, aber niemand dürfe Koalitionen vorab grundsätzlich ausschließen, wie es die SPD im letzten Bundestagswahlkampf getan habe. Er habe lange dafür gekämpft, dass Rot-Rot-Grün auf Bundesebene überhaupt eine Option werde.

Bartsch sei überzeugt, dass ein solches Bündnis gut für Deutschland wäre. Er könne aber auch nachvollziehen, dass manche Bürger eine solche Koalition als bedrohlich empfänden. „An Stelle von BMW-Erbin Susanne Klatten hätte ich auch Angst vor Rot-Rot-Grün“, scherzt er. Die Großaktionärin gilt als reichste Frau Deutschlands. Sie und ihr Bruder Stefan Quandt sollen in Kürze eine Dividende in Höhe von 1,074 Milliarden Euro erhalten.

Damit gehört sie zu jener Gruppe, die von den Steuerplänen der Linken betroffen wäre. Die Partei plant eine 75-prozentige Millionärssteuer – auf jeden Euro, der über eine Million Einkommen pro Jahr hinausgeht. Zudem soll es nach Vorstellung der Linken wieder einen Spitzensteuersatz in Höhe von 53 Prozent geben, wie zu Helmut Kohls Zeiten. Die Linke will zudem die Erbschaftsteuer verschärfen und eine Vermögensteuer (mit einem Freibetrag von einer Million Euro) wiedereinführen. 

Bartsch betonte, dass von den Steuererhöhungen nur sehr wenige Reiche betroffen seien. Für Einkommen bis knapp unter 80.000 Euro pro Jahr würde sich jedoch nichts ändern. Untere und mittlere Einkommen sollen entlastet werden. Den Steuerfreibetrag wolle die Linke auf 12.000 Euro brutto pro Jahr erhöhen, so Bartsch. Und auch wenn der Fraktionschef der Linken zugibt, dass die Reichensteuer nur wenige trifft und somit auch dem Staat keine riesigen Einnahmen bringen wird, hält er daran fest. „Diese Symbolik ist wichtig für unser Land“, sagt der Linkspolitiker. Es laufe doch in Deutschland etwas grundsätzlich schief, wenn Familie Klatten sich eine Milliarden-Ausschüttung auszahle, während gleichzeitig Kinderarmut herrsche. 

Zur Gegenfinanzierung der vielen teuren Versprechen der Linken werden die Steuerpläne kaum taugen. Auf den Einwand, die geplanten Ausgaben der Linken würden die Einnahmen durch Steuererhöhungen deutlich übersteigen, sagt Bartsch, es sei zwar nicht sein Ziel, die Neuverschuldung in die Höhe zu treiben. Aber er hänge auch nicht verbissen an der schwarzen Null.

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