„Direkter Draht“ Putin, wir haben ein Problem!

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Die Schröder-Anekdote

Wladimir Putin weiß genau, dass sein Volk es schätzt, wenn jemand nicht lange redet, sondern mit klarer Linie entscheidet und handelt. Deswegen zeigt das Staatsfernsehen auch Nadeschda aus einem Dorf in Sibirien, das von dem schrecklichen Brand am Montag heimgesucht wurde. Mindestens 15 Menschen starben, 1000 Häuser brannten nieder. Die betroffene Frau bricht vor der Kamera in Tränen aus, sie fleht Putin an: „Bitte helfen Sie uns!“ Man weiß nicht, ob Putin erst auf eine solch drastische Botschaft gewartet hat, um zu reagieren, aber er reagiert. Zückt seinen Stift und schreibt auf und diktiert, wie viele Hunderttausende an Rubel für die Opfer bezahlt werden müssten.

Und wieder eine klare Ansage: „Bis zum 15. Oktober werden alle abgebrannten Häuser wieder stehen.“ Der Moderator atmet auf und bedankt sich. Die Sendung ist für Putin ein Heimspiel, der Sender ist wie das komplette russische Fernsehen vom Staat finanziert. Vor überraschenden kritischen Fragen muss sich hier keiner fürchten.

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Erst nach drei Stunden und 40 Minuten kommen das erste Mal Bewohner der Krim zu Wort. Doch vorher zeigt die Kamera schöne Landschaftsaufnahmen, die Felsen und das Meer. Ein Bild für die russische Seele. Dann erzählt Nikolai, Chef eines Verbands für Transportunternehmen, von den extremen Wartezeiten russischer Lastwagenfahrer auf dem Weg zur Krim.

Teilweise stehen sie zwei Wochen an, um auf die Fähren zu warten. „Zwei Wochen?“ Putin kann es kaum glauben, aber man würde schon eine Lösung finden, „das verspreche ich Ihnen“. Die Kamera verlässt die Krim wieder, jetzt können die Bewohner nur noch hoffen, dass der Präsident sein Wort hält. Egal wohin man schaut, überall im Land scheint es Menschen zu geben, die ihre Probleme vor Ort von Präsident Putin, der im tausende Kilometer weit entfernten Russland regiert, gelöst bekommen wollen.

Die Sendung ist fast zu Ende, da will Putin noch eine Anekdote erzählen. Er wird gefragt, ob er denn gerne in die Sauna gehe. Einmal sei er mit Gerhard Schröder in der Sauna gewesen, erzählt Putin, das sei aber schon sehr lange her. Dann gab es einen Feueralarm, das ganze Gebäude brannte. Aber der deutsche Altkanzler? Wollte erst in Ruhe sein Bier austrinken und erst dann rausgehen. „Er ist verrückt, aber er ist so ein Typ“, sagt Putin über Schröder. Und will damit zeigen, wie gern er in die Sauna geht – so wie viele andere Russen auch. „Ich mag Sauna sehr.“

Dann ist die Show vorbei, Putin hat gesprochen. Er bedankt sich für die Fragen und sagt, er werde sein Bestes tun, um sich um alles zu kümmern. Dann nimmt er seinen grünen Schnellhefter mit und geht. Was bleibt, ist die Hoffnung des russischen Volkes.

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