Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro, ein fundamentaler Gegner des Freihandels, hat Deutschland innerhalb weniger Wochen gleich zwei Mal frontal angegriffen. Zunächst warf er der Bundesrepublik vor, sie würde per „Währungsmanipulation“ die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft unfairerweise stärken. In der vergangenen Woche legte der Ökonom nach: Das Handelsbilanzdefizit der USA mit Deutschland sei „eine ernste Sache“, über die zu reden sei.
Richtig ist: Die deutschen Exporte in die Vereinigten Staaten übertrafen im vergangenen Jahr 2016 die Einführung von dort um 49 Milliarden Euro. Nur im Handel mit Großbritannien ist der deutsche Überschuss noch größer. Die Bundesregierung sieht in den deutschen Überschüssen eine Stärke der eigenen Wirtschaft und deren Produkte. Und: Da sie weder die Lohnfindung in Deutschland beeinflusst noch die Gemeinschaftswährung bewegen kann, hat die Regierung – selbst bei bestem Willen – wenig Handhabe.
Die USA denken laut über eine Strafsteuer nach – das allerdings würde wohl beide Seiten schwächen: Deutschland, das weniger exportieren kann. Und die die USA, deren Verbrauchen plötzlich mehr zahlen müssten, da die heimische Wirtschaft in vielen Punkten auf deutsche (Zulieferer-) Produkte angewiesen ist. Und: Deutsche Unternehmen produzieren und investieren im großen Stil in den USA. Einem Bericht von BDI und DIHK zufolge beschäftigen deutsche Firmen 672.000 Mitarbeiter in den USA.
Wie viele Deutsche Trumps Vorschläge auch bei uns gerne verwirklicht sähen
Die Deutschen mögen Donald Trump nicht. Nur wenige Prozent hätten für den Republikaner gestimmt, ergaben Umfragen vor der US-Wahl. Doch ist ihnen womöglich nur der Mensch zuwider, nicht sein Programm? Und fürchtet die überwiegende Mehrheit, dass Trump ein gefährlicher Präsident wird? Eine aktuelle Ipsos-Umfrage im Auftrag der WirtschaftsWoche liefert dazu erstaunliche Erkenntnisse.
Auf die Frage, welche Trump-Vorhaben die Deutschen auch hierzulande gerne umgesetzt sähen, antworteten satte 56,3 Prozent, sie wollten die Abschiebung aller illegalen Ausländer.
34 Prozent der Befragten stimmen Trumps Forderung nach mehr Durchgriffsrechten für die Polizei zu.
Immerhin 30,6 Prozent wünschen sich weniger Einkommensteuer.
26,2 Prozent wünschen sich gar eine strikte Einreiseregulierung für Muslime.
Die Ablehnung der Deutschen gegen Freihandelsabkommen wie TTIP oder TPP zeigt sich auch in dieser Umfrage. 19 Prozent sähen auch hierzulande gerne ein Ende/Neuverhandlung der Freihandelsabkommen.
15 Prozent der Befragten sind für den Aufbau engerer Beziehungen zu Putins Russland.
Die Erbschaftsteuer sähen 13 Prozent der Befragten auch in Deutschland gerne abgeschafft.
Immerhin 4 Prozent wünschen sich eine Einführung von (Schutz-)Zöllen für Importe.
Mehrfach drohte der designierte US-Präsident mit dem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen. Nur 2 Prozent der Befragten sind für einen Austritt beziehungsweise Rückzug aus dem Klimavertag.
17 Prozent der Befragten ist nicht nur die Person Donald Trump zuwider. Auch das Programm des Republikaners stößt auf Ablehnung.
Gemessen an der Ablehnung seiner Person, sehen die Bundesbürger Trumps Rolle in der Welt noch vergleichsweise milde. 57,2 Prozent der Deutschen gehen davon aus, Trump werde vom Weißen Haus aus die Welt politisch destabilisieren.
55,9 Prozent erwarten negative Auswirkungen für Deutschland.
Zu den möglichen Folgen für die USA ist die Skepsis viel größer: Nur 12,2 Prozent sagen, Trump werde die internationale Position seines Landes nachhaltig verbessern.
Merkel wird auf die Verdienste der deutschen Unternehmen in den USA verweisen, die Jobs schaffen, oftmals überdurchschnittliche Löhne zahlen und in die Aus- und Weiterbildung der US-Belegschaft investieren. So schaffen Siemens, Daimler oder Thyssen-Krupp genau die Jobs in der Produktion, die Trump ansiedeln will. „Das deutsche Engagement ist eine Steilvorlage, die Merkel – auch in öffentlichen Äußeren – nutzen wird“, glaubt US-Experte Martin Thunert. Ob die Argumente der Deutschen – vorgetragen nicht nur von Merkel, sondern auch von den beiden Dax-Chefs Joe Kaeser (Siemens) und Harald Krüger (BMW), die die Bundeskanzlerin begleiten werden – verfangen, ist dennoch fraglich. Die US-Regierung scheint an ihrem protektionistischen Kurs festzuhalten. Den „grundsätzlichen Dissens bei ökonomischen Fragen“ werde man wohl kaum ausräumen können, sagt auch Thunert. „Da bleibt nur, auf Zeit zu spielen und Provokationen zu vermeiden.“
Ähnliches gilt laut dem Politikwissenschaftler bei den emotionalen Streitfragen Migration und Nachhaltigkeit. Während sich die USA abschotten und Trump offen die Flüchtlingspolitik Deutschlands kritisiert, hält die Bundesregierung an ihrer Politik fest, dass Menschen in Not geholfen werden müsse. Ob sich Merkel bei ihrem Besuch öffentlich zu den Einreiseverboten von Menschen aus bestimmten Ländern in die USA äußert, darf mindestens bezweifelt werden. Und auch beim Klimaschutz werden Trump und Merkel wohl erkennen, „dass die Prioritäten der beiden Länder derzeit nicht kompatibel sind“, so Thunert.
Das Treffen im Weißen Haus wird somit für beide Seiten heikel. Sollte es – wie das Telefonat zwischen Trump und Merkel Ende Januar – nicht im Eklat enden, wäre der Besuch der Bundeskanzlerin schon ein Erfolg.