Trotz scharfer Kritik bescheinigt die US-Regierung dem Iran, sich an die Verpflichtungen des 2015 geschlossenen Atomabkommens zu halten. Das erklärten mehrere Regierungsmitarbeiter am Montagabend (Ortszeit) in einem Telefonat mit Journalisten.
Präsident Donald Trump und Außenminister Rex Tillerson seien aber nach wie vor der Meinung, dass der Iran eine der gefährlichsten Bedrohungen für amerikanische Interessen und den Nahen Osten darstelle, sagte einer der Vertreter. Teheran tue nicht genug, um dem „Geist des Abkommens“ gerecht zu werden, hieß es weiter. Man wolle zudem mit den Verbündeten daran arbeiten, die Mängel der Vereinbarung zu beheben.
Trump hat mehrmals erklärt, dass er das Abkommen für schlecht hält. Er ordnete eine Überprüfung durch den Nationalen Sicherheitsrat und andere Behörden an. Das Ergebnis steht noch aus. Das US-Außenministerium muss den Kongress aber alle 90 Tage darüber informieren, ob der Iran die Auflagen des Abkommens einhält. Diese Frist lief am Montagabend um Mitternacht aus.
Das politische Umfeld im Iran - eine schwierige Gemengelage
Die beiden Staaten prägt eine innige Feindschaft und Rivalität. Der Iran versteht sich als Schutzmacht der Schiiten, Saudi-Arabien als die der Sunniten. Die beiden Ölproduzenten unterstützen in allen großen Konflikten in der Region jeweils miteinander verfeindete Gruppierungen. Die Beziehungen zwischen den beiden Regionalmächten sind seit der Hinrichtung eines prominenten schiitischen Predigers und Regimekritikers in Saudi-Arabien Anfang 2016 auf einem Tiefpunkt.
Im Bürgerkrieg in Syrien steht der Iran an der Seite von Präsident Baschar al-Assad, der in Russland seinen wichtigsten Verbündeten hat. Die Führung in Teheran unterstützt die libanesische Hisbollah-Miliz, die mit Assads Truppen gegen die Rebellen kämpft. Gemeinsam mit Russland und der Türkei hat der Iran Friedensgespräche in der kasachischen Hauptstadt Astana ins Leben gerufen. Die drei Länder einigten sich auf die Errichtung von Sicherheitszonen für Zivilisten in Syrien.
Der Iran unterstützt die Schiiten, die in Syrien eine kleine Minderheit stellen. Assad gehört den Alawiten an, die zum schiitischen Islam zählen. Die anderen Golf-Staaten, allen voran Saudi-Arabien, helfen sunnitschen Rebellen finanziell und mit Waffen.
Im Jemen führen der Iran und Saudi-Arabien einen Stellvertreterkrieg. Der Iran leistet den schiitischen Huthi-Rebellen Beistand, die die Regierung des Präsidenten Abd-Rabbu Mansur Hadi gestürzt haben und ihr Korruption vorwerfen. Saudi-Arabien wirft dem Iran vor, den Huthi militärisch zu helfen, was die Regierung in Teheran bestreitet. Saudi-Arabien, das an den Jemen grenzt, bekämpft die Huthi-Rebellen unter anderem durch den Einsatz der Luftwaffe und will der international anerkannten Regierung Hadis wieder zur Macht verhelfen.
Der Iran erkennt Israel nicht als legitimen Staat an. Präsident Hassan Ruhani schlägt gemäßigtere Töne an als sein Vorgänger Ahmud Ahmadinedschad, der Israel immer wieder massiv bedroht hat. Doch auch Ruhanis Regierung und Ajatollah Ali Chamenei, der letztlich das Sagen im Iran hat, haben Israel mit Vernichtung gedroht. Ruhani hat erklärt, sein Land stehe an der Seite der Palästinenser.
Die USA und den Iran verbindet eine turbulente Geschichte. Jahrzehntelang unterstützten die USA Schah Reza Pahlavi, der 1941 an die Macht kam und für Folter und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht wurde. 1979 wurde der Schah im Zuge der Islamischen Revolution gestürzt und floh in die USA. Im November 1979 besetzten Studenten die US-Botschaft in Teheran, um die Auslieferung des Schahs zu erzwingen. Im April 1980 scheiterte ein Versuch des US-Militärs die 52 Geiseln zu befreien. Sie durften Anfang 1981 gehen, die USA gaben im Gegenzug iranisches Vermögen frei.
Massenkundgebungen gegen die USA sind im Iran keine Seltenheit. Seit Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump hat sich das Verhältnis der beiden Staaten verschlechtert, auch weil Trump eine Aufkündigung des Atomabkommens angekündigt hat. Er hat die Regierung in Teheran nach eigenen Worten nach einem iranischen Raketentest "verwarnt". Ajatollah Ali Chamenei nennt die USA ein Symbol der Verlogenheit.
Ruhani warb bei der Bevölkerung für das Atomabkommen mit dem Versprechen, die Wirtschaft werde nach Ende der Sanktionen einen Aufschwung erleben. Nach der jahrzehntelangen Isolierung stehen Investitionen in Infrastruktur und Ölindustrie an. Zahlreiche internationale Konzerne witterten gute Geschäfte. Bislang haben sich ihre Hoffnungen aber noch nicht erfüllt. Zu viele Rahmenbedingungen wie rechtliche Vorgaben sind noch unklar. Die größte Hürde für die Unternehmen ist die Weigerung vieler Banken, Geschäfte mit dem Iran zu finanzieren. So konnte beispielsweise die Fluggesellschaft IranAir bislang nur drei Airbus-Flugzeuge von insgesamt 100 bestellten übernehmen, weil sie bar bezahlt wurden.
Insgesamt wächst die Wirtschaft des Iran wieder. 2016 laut Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) um 6,5 Prozent, deutlich mehr als der IWF zuvor prognostiziert hatte. Vor dem Atomabkommen traute der IWF dem Iran nur ein Plus von 1,3 Prozent zu. Viele Iraner sind mit der Entwicklung aber unzufrieden. Offiziellen Angaben zufolge liegt die Arbeitslosigkeit bei zwölf Prozent. Unabhängige Analysten gehen sogar von 20 Prozent aus.
Die Wirtschaft des Iran wächst vor allem dank der Ölexporte. Nachdem die Sanktionen gegen das Land im Zuge des Atomabkommens weitgehend aufgehoben wurden, will der Iran Marktanteile zurückgewinnen. Bei der Ende letzten Jahres beschlossenen Förderkappung von Opec- und Nicht-Opec-Ländern zum Stopp des Ölpreisverfalls setzte Opec-Mitglied Iran deshalb eine Ausnahmeregelung durch und durfte seine Förderung leicht erhöhen. Insidern zufolge konnte der Iran mit dem Verkauf seiner Öllagerbestände sogar Kapital aus der Förderbremse schlagen. Derzeit wird eine Verlängerung diskutiert. Der Iran ist bereit, daran teilzunehmen, sofern bei den Opec- und Nicht-Opec-Staaten Konsens herrscht.
Mit dem vor zwei Jahren in Wien geschlossenen Abkommen zwischen dem Iran und den USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland sollte die Sorge der Weltgemeinschaft vor einer iranischen Atombombe zerstreut werden. Der Iran unterwirft demnach unter anderem seine Urananreicherung bis zu 25 Jahre lang einem mehrstufigen System von Beschränkungen und Kontrollen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA). Im Gegenzug sollte der Westen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran aufheben. Die USA halten jedoch mehrere Strafmaßnahmen aufrecht.
Im vergangenen Dezember beschlossen beide Kammern des Kongresses die Verlängerung eines Sanktionsgesetzes von 1996 um weitere zehn Jahre. Der damalige Präsident Barack Obama weigerte sich, das Papier zu unterschreiben, legte aber kein Veto ein. Es trat daher automatisch in Kraft. Der Iran sah in der Verlängerung der Maßnahmen einen Bruch des Atomabkommens.
Im Februar verhängte Trumps Regierung als Reaktion auf einen Raketentest Wirtschaftssanktionen gegen Personen und Einrichtungen im Iran. Einer der Mitarbeiter der US-Regierung erklärte am Montagabend, es sei damit zu rechnen, dass man weitere Sanktionen gegen Teheran erlassen werde - etwa wegen des iranischen Raketenprogramms oder der staatlichen Unterstützung von Terrorismus.
Die IAEA bescheinigte der iranischen Regierung zuletzt Anfang Juni erneut, alle Verpflichtungen der Vereinbarung einzuhalten. Die iranische Regierung zog am vergangenen Freitag zum zweiten Jahrestag der Unterzeichnung eine positive Bilanz. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif äußerte dabei auch die Hoffnung, dass Trump seine ablehnende Haltung zum Abkommen revidieren werde.
Die Unterzeichnung des Deals war einer der großen außenpolitischen Erfolge von Ex-Präsident Barack Obama. Trump stellte die Zukunft des Abkommens im Wahlkampf mehrmals infrage. Nach seinem Amtsantritt bezeichnete er die Vereinbarung immer wieder als schlecht. Im April erklärte er, der Iran werde dem „Geist des Abkommens“ nicht gerecht.