Donald Trump Und er trompetet wieder

Der künftige US-Präsident Donald Trump behauptet auf Twitter, die Wahlen seien durch Millionen illegaler Stimmen verfälscht worden. Beweise hat er nicht. Offenbar wurmt es ihn, dass er den „popular vote“ verloren hat.

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Der designierte US-Präsident fühlt sich betrogen. Er behauptet, dass die Wahl in den USA durch Millionen illegale Stimmen verfälscht wurde. Quelle: AFP

New York Eine Lüge ist für Donald Trump nur dann eine Lüge, wenn man falsche Tatsachen behauptet, aber genau weiß, dass sie falsch sind. Behauptet man dagegen falsche Tatsachen, ohne sich darum zu kümmern, ob sie stimmen, dann ist es keine Lüge. So hat es jedenfalls Kellyanne Conway, die Wahlkampf-Helferin des künftigen US-Präsidenten, einmal formuliert. Als Trump einen Fernsehmoderator als Demokraten bezeichnete, um ihm eine feindliche Gesinnung zu unterstellen, obwohl er Anhänger der Republikaner ist, wollte Conway dies nicht als Lüge gelten lassen. Denn Trump habe nicht gewusst, dass der Mann Anhänger der Republikaner ist.

Wer gedacht hat, dass Trump sich nach seiner Wahl einen sorgsameren Umgang mit der Wahrheit angewöhnt, wird enttäuscht. Die US-Wahlen seien durch Millionen illegaler Stimmen verfälscht worden, behauptet er per Twitter, ohne auch nur den Hauch eines Beweises zu liefern. Würde man diese Stimmen abziehen, dann ergäbe sich eine klare Stimmenmehrheit für ihn, zwitschert er, abermals ohne jeden Beleg.

Offenbar wurmt es den künftigen Präsidenten, dass er zwar die Wahl gewonnen, aber insgesamt doch gut zwei Millionen Stimmen weniger als seine Gegnerin Hillary Clinton bekommen hat. Clinton hat den „popular vote“ gewonnen, was ein Populist wie Trump nicht gelten lassen will, obwohl es letztlich keine Bedeutung hat.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist das komplizierte amerikanische Wahlsystem. Danach kann es passieren, dass der Präsident zwar die Mehrheit der Wahlmänner bekommt, die von den einzelnen Bundesstaaten benannt werden, nicht aber die Mehrheit aller Stimmen. Denn große Staaten wie New York und Kalifornien werden bei dem System gegenüber kleinen Staaten wie etwa Wisconsin untergewichtet.

Ein anderer Punkt ist, dass es in Amerika keine Einwohnermeldeämter und keine verpflichtenden Personalausweise gibt und deswegen auch kein eindeutiges Verfahren, um festzustellen, wer wahlberechtigt ist. Immer wieder flammt Streit über die Frage auf, wie Wähler sich ausweisen müssen. Dabei sind die Demokraten eher für eine großzügige Handhabung, weil sie bei armen Leuten, die häufig keine aussagekräftigen Papiere besitzen, einen guten Stand haben. Die Republikaner hingegen versuchen, die Hürde möglichst hoch anzusetzen, sind aber zum Teil per Gerichtsbeschluss daran gehindert worden.

Die Ironie bei Trumps neuer Tweet-Attacke ist, dass seine Behauptung eines millionenfachen Wählerbetrugs ja eigentlich dafür sprechen müsste, die Ergebnisse noch einmal nachzuzählen. Genau das wird auf Antrag der grünen Kandidatin Jill Stein in voraussichtlich drei Bundesstaaten passieren, in denen Trump überraschend gewonnen hat. Er hält diese Aktion mit einer gewissen Berechtigung für lächerlich. Aber für seine eigenen Behauptungen trifft das ebenfalls zu – so lange er keinerlei Beleg liefert.

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