Donald Trump beginnt versöhnlich. Nachdem er unter Händeschütteln und frenetischem Jubeln in den Kongress eingezogen ist, spricht sich Trump – ungewohnt präsidial – gegen Hass aus. Er verurteilt den Anschlag eines Rassisten auf zwei indische Staatsbürger in Kansas und Drohungen gegen jüdische Einrichtungen in den USA. Selbst die Demokraten klatschen. Doch es dauert keine drei Minuten und Trump ist zurück im Krawallmodus.
Er poltert, dass die USA für Milliarden von US-Dollar befreundete Nationen beschützen und deren Grenzen verteidigen, während die eigenen Landesgrenzen vernachlässigt worden sind. Damit müsse Schluss sein. Und dazu gehört auch, dass eines der zentralen Wahlkampfversprechen Trumps umgesetzt wird: „Wir werden schon bald mit dem Bau einer Mauer an unserer südlichen Grenze beginnen“, sagt Trump. Die Republikaner im Kongress – die die Mehrheit der Sitze innehaben – reagieren mit Standing Ovations. Bemerkenswerterweise auch als Trump ausführt, „Kriminelle, Drogendealer und Gangmitglieder“ aus dem Land zu werfen. Zudem verteidigt der US-Präsident sein umstrittenes Einreiseverbot für Bürger aus ausgewählten muslimischen Ländern. „Unsere Aufgabe ist es, die US-Bürger zu schützen“.
Nach nicht einmal zehn Minuten seiner Rede vor dem Kongress, der ersten als US-Präsident vor dem Haus, das viele seiner Gesetzesvorhaben zustimmen muss, ist klar: Die Rede ist eine weitere Kampfansage von Donald Trump. An Minderheiten im Land, an Mexiko, an die muslimische Welt.
Donald Trump im Portrait
Unternehmer, Entertainer, Schauspieler, Buchautor
14. Juni 1946
Zwilling
New York City
1,87 Meter
Verheiratet in dritter Ehe mit Melania Trump und insgesamt fünf Kinder.
„Make America Great Again“
Im mittleren Teil seiner Rede mäßigt sich Trump. Er spricht darüber, die Städte sicherer zu machen und in die Ausbildung investieren zu wollen. Die Mittelschicht soll dank Steuererleichterungen gestärkt werden. Zum ersten Mal seit langer Zeit klatschen auch demokratische Abgeordnete wieder. Ein Großteil von ihnen ist ganz in weiß gekleidet, eine Solidaritätsbekundung mit der Frauenrechtsbewegung.
Aber es dauert nicht lange bis Trump wieder sein hässliches Gesicht zeigt. Er erklärt, dass er die Homeland-Security-Behörde angewiesen hat, eine Abteilung einzurichten, die Straftaten von ausländischen Bürgern gegen US-Amerikaner registrieren soll. Die Abteilung werde „voice“ heißen: Die Opfer sollen eine Stimme erhalten, „weil sie von unseren Medien und Special-Interest-Gruppen“ ignoriert würden. Die Demokraten stöhnen bei diesem vorurteilsgeladenen Angriff auf Einwanderer und Illegalen im Land laut auf.
Trump will das Militärbudget erhöhen
Die Ankündigung, eine neue Behörde schaffen zu wollen, ist die erste und einzige wirkliche Neuigkeit an diesem Abend. Ansonsten bleiben viele der Trump’schen Politikpläne weiter vage. Im Schnelldurchlauf spricht der US-Präsident über die Abschaffung von Obamacare, über sein Versprechen eine große Steuerreform auf den Weg zu bringen, über Investitionen in die Infrastruktur. Details aber bleibt er wieder einmal schuldig. Anleger sind enttäuscht: An den asiatischen Börsen gibt der US-Dollar nach.
Über Russland, Afghanistan und Syrien verliert Trump in seiner knapp einstündigen Rede kein Wort. Dafür spricht er über den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Dieser „schändliche Feind“ müsse „ausgelöscht“ werden. Dafür will er mit arabischen Verbündeten zusammenarbeiten. Auch an der NATO zweifelt Trump nach eigenen Worten nicht mehr. Im Gegenteil: Er sei entschieden für das Militärbündnis. Zumal sich die Partner bewegen und ihre finanziellen Mittel aufstocken würden – „dank unserer intensiven und offenen Diskussion“.
Das eigene Militär soll ebenfalls mit mehr Geld geflutet werden, um ein neues „Kapitel amerikanischer Größe“ schreiben zu können. Die „Zeit des kleinen Denkens“ sei vorbei. Trump bat den Kongress, das Budget für die Streitkräfte massiv anzuheben. Künftig sollen 54 Milliarden US-Dollar pro Jahr mehr für die Truppen zur Verfügung stehen. Schon jetzt liegen die Ausgaben bei rund 600 Milliarden US-Dollar – mehr als doppelt so viel wie Russland und China zusammen investieren.
Christopher Preble versteht diesen Wunsch des Republikaners nicht. Schon heute sei das US-Verteidigungs-Budget – inflationsbereinigt – höher als zu Kriegszeiten, rechnet der Sicherheitsexperte der US-Denkfabik Cato vor. 2005 etwa – die USA kämpften damals im Irak und im Afghanistan – hätten die US-Streitkräfte zehn Milliarden US-Dollar weniger verschlungen.
Aus Sicht von Donald Trump würden sich die höheren Ausgaben einfach gegenfinanzieren lassen. Zum einen will er an anderer Stelle sparen – bei der Umweltbehörde EPA, bei den ungeliebten Geheimdiensten, die Trump ins Visier genommen haben, und im Außenministerium. Zum anderen sollen dank höherer Steuereinnahmen durch den Wirtschaftsaufschwung, auf den Trump setzt, mehr Mittel in die Staatskassen fließen.
Wie viele Deutsche Trumps Vorschläge auch bei uns gerne verwirklicht sähen
Die Deutschen mögen Donald Trump nicht. Nur wenige Prozent hätten für den Republikaner gestimmt, ergaben Umfragen vor der US-Wahl. Doch ist ihnen womöglich nur der Mensch zuwider, nicht sein Programm? Und fürchtet die überwiegende Mehrheit, dass Trump ein gefährlicher Präsident wird? Eine aktuelle Ipsos-Umfrage im Auftrag der WirtschaftsWoche liefert dazu erstaunliche Erkenntnisse.
Auf die Frage, welche Trump-Vorhaben die Deutschen auch hierzulande gerne umgesetzt sähen, antworteten satte 56,3 Prozent, sie wollten die Abschiebung aller illegalen Ausländer.
34 Prozent der Befragten stimmen Trumps Forderung nach mehr Durchgriffsrechten für die Polizei zu.
Immerhin 30,6 Prozent wünschen sich weniger Einkommensteuer.
26,2 Prozent wünschen sich gar eine strikte Einreiseregulierung für Muslime.
Die Ablehnung der Deutschen gegen Freihandelsabkommen wie TTIP oder TPP zeigt sich auch in dieser Umfrage. 19 Prozent sähen auch hierzulande gerne ein Ende/Neuverhandlung der Freihandelsabkommen.
15 Prozent der Befragten sind für den Aufbau engerer Beziehungen zu Putins Russland.
Die Erbschaftsteuer sähen 13 Prozent der Befragten auch in Deutschland gerne abgeschafft.
Immerhin 4 Prozent wünschen sich eine Einführung von (Schutz-)Zöllen für Importe.
Mehrfach drohte der designierte US-Präsident mit dem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen. Nur 2 Prozent der Befragten sind für einen Austritt beziehungsweise Rückzug aus dem Klimavertag.
17 Prozent der Befragten ist nicht nur die Person Donald Trump zuwider. Auch das Programm des Republikaners stößt auf Ablehnung.
Gemessen an der Ablehnung seiner Person, sehen die Bundesbürger Trumps Rolle in der Welt noch vergleichsweise milde. 57,2 Prozent der Deutschen gehen davon aus, Trump werde vom Weißen Haus aus die Welt politisch destabilisieren.
55,9 Prozent erwarten negative Auswirkungen für Deutschland.
Zu den möglichen Folgen für die USA ist die Skepsis viel größer: Nur 12,2 Prozent sagen, Trump werde die internationale Position seines Landes nachhaltig verbessern.
„Das Geld kommt größtenteils aus der Wirtschaft, die wir auf Hochtouren bringen“, erklärte der US-Präsident vor seiner Rede im US-Fernsehen. Eine Erklärung, die nicht neu ist. Aber ziemlich optimistisch. Immerhin will Trump die Unternehmenssteuern deutlich senken. Und: Seine Wachstumsprognosen – der US-Präsident träumt von Wachstumsraten um die vier Prozent – sind weit höher als IWF oder die US-Notenbank Fed prognostizieren. Nein, solide gegenfinanziert sind die Trump’schen Pläne weiterhin nicht.
Die Republikaner im Kongress scheint das vorerst nicht zu stören. Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten, lobte die Rede Trumps als „Homerun“. Und die Abgeordneten seiner Partei jubelten so frenetisch wie zu Beginn des Abends, als Trump das Haus betrat.