Drogen aus Südamerika Koks für die Welt

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Der Kampf der Knastmafias

Noch ist nicht ausgemacht, wer künftig den Drogenhandel am Amazonas kontrollieren wird. Derzeit kämpfen drei brasilianische Mafiagruppen brutal um die Kontrolle. Es sind Knastmafias, weil ihre Befehlshaber einsitzen und von den Gefängnissen aus den Drogenhandel und die Organisationen führen und neue Mitglieder rekrutieren. Auch ihre Kampfarenen sind die überfüllten Knäste am Amazonas. Dort dominiert die in der Region einflussreiche Familia do Norte, also Familie des Nordens. Sie kontrolliert bisher den Drogenhandel im Amazonasgebiet.

In der Silvesternacht töteten in Manaus Mitglieder der „Familia“ im Gefängnis von Manaus 56 Mitglieder der aus São Paulo stammenden PCC, des „Ersten Kommandos der Hauptstadt“, der am besten organisierten Drogenmafia des Landes, die sich das lukrative Geschäft am Amazonas unter den Nagel reißen will. Vier Tage später kam die Rache im Gefängnis der Amazonas-Provinzstadt Boa Vista. Dort köpften und vierteilten PCC-Mitglieder wiederum 31 Vertreter der Familie.

Hugo Acero, ehemaliger Sekretär für Sicherheit der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá und heutiger UN-Berater fürchtet, dass Brasilien die gleiche Entwicklung droht wie Mexiko. „Der Drogenhandel am Amazonas macht aus kleinen unorganisierten Banden in kurzer Zeit perfekt funktionierende Großunternehmen.“ So wie es in Mexiko geschehen ist: Dort boten sich lokale kriminelle Organisationen den Kokainproduzenten aus Kolumbien als Schmuggler in die USA an. In wenigen Jahren wurden aus den Logistikern, welche die Drogen in den Norden schmuggelten, mächtige Drogenmafias, die nun nach und nach begannen, selbst Drogen zu produzieren.

Drogen

Für Ethan Nadelmann von der nordamerikanischen Drug Policy Alliance, einer Lobbygruppe aus New York, die sich gegen die repressive US-Regierungspolitik einsetzt, braucht Brasilien eine neue Drogenpolitik: Legalisierung weicher Drogen, wie es etwa Uruguay vormache, statt mehr Repression und überfüllte Gefängnisse. Nadelmann sagt: „Brasiliens Städte erleben gerade eine Situation wie Chicago unter Al Capone.“

In den Hafenstädten an der nordbrasilianischen Atlantikküste lässt sich das beobachten: Noch vor Kurzem waren Natal, Salvador, Belém oder Maceió bei Touristen weltweit beliebte Geheimtipps: verschlafene Provinzstädte mit Traumstränden vor Kokospalmen. Doch inzwischen erreichen die Mordraten in den Provinzhauptstädten weltweite Spitzenwerte – wie sonst nur in Bürgerkriegsgebieten. Unter den 30 Städten mit den höchsten Mordraten weltweit befinden sich elf Gemeinden in Brasiliens Amazonasgebiet und Nordnordosten.

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