Die Regenwald-Siedlung Boa Frente könnte das Paradies sein, diese drei Dutzend Holzpfahlhäuser auf einer Lichtung hoch über dem Rio Madeira, inmitten des dichten Amazonaswaldes. Doch tagsüber liegen die Männer verkatert in ihren Hängematten. Sie schauen Telenovelas auf Flachbildschirmen. Ihre Frauen werfen den Müll aus dem Fenster hinter die Hütten und maniküren sich gegenseitig die Nägel. Zwischen Maniokpflanzen und pickenden Hühnern stehen mehrere nagelneue Pick-ups. Hier, wo es kaum Straßen gibt und die Menschen zu arm sind, um zum Arzt zu gehen. Nicht Geld, sondern Benzin in 1,5-Liter-PET-Flaschen abgefüllt, ist die liquideste Währung. Weil damit die Motoren der Blechkanus angetrieben werden. Die Entfernungen auf dem Fluss werden nicht in Kilometer oder Stunden gemessen, sondern in PET-Flaschen.
Erst am frühen Abend kommt Bewegung auf: Die Männer machen sich auf mit ihren Blechkanus, die mit ihren Außenbordmotoren pfeilschnell über den Fluss flitzen. Wohin sie fahren, was sie machen – man bekommt keine Auskunft. Bei der Bar am Fluss, neben der Tankstelle für Boote, rät der Besitzer den Fremden, nicht viel zu fragen. Und vor allem, nicht zu neugierig auf den Fluss zu schauen, wenn jemand im Schutz der Dunkelheit vorbeifährt – und holt eine neue Flasche Johnnie Walker Red Label und einen Bottich Eis für die Männer, die mit ihren Speedkanus vorbeikommen. Die wenigen offiziellen Amazonasschiffe, die den Tag über anlegen – von Petrobras, dem staatlichen Ölkonzern, vom Gesundheitsdienst des Bundesstaates –, sind schwer bewacht: Neben dem Steuermann und hinten am Heck stehen Militärsoldaten mit Sonnenbrille, schusssicherer Weste und Maschinenpistole im Anschlag.
Die brauchen sie auch. Denn im Amazonas braut sich ein explosives Krisenszenario zusammen, das Brasilien in eine Gewaltspirale treibt – deren Konsequenzen jedoch auch in Europa zu spüren sein werden. Denn seitdem in Kolumbien die Guerilla-Gruppe Farc, die bisher 70 Prozent des Drogenhandels in Südamerika kontrollierte, im Rahmen eines Friedensprozesses zusagte, sich aus dem Kokaingeschäft zu verabschieden, nutzen neue Drogenmafias das Vakuum. Im Amazonas findet seitdem ein brutaler Bandenkrieg statt: Es geht darum, wer das Erbe der Farc antritt. „Der Abtritt der Farc führt zu einer geopolitischen Neuordnung der Drogenrouten in Südamerika“, beobachtet der brasilianische Politologe und Drogenexperte Paulo de Tarso von der Universität Campinas. „Das wird weltweite Verschiebungen im Drogenhandel mit sich bringen.“
Statt kolumbianischer Rebellen erobern brasilianische Drogenmafias den Markt – und die Schmuggelrouten für Kokain aus Kolumbien nach Europa. Schon heute gelangen auf diesem Weg Drogen im Wert von mehr als 30 Milliarden Euro, meist über das Einfallstor Hamburger Hafen, nach Europa. Und das ist erst der Anfang: Der Durchmarsch der Amazonasmafia dürfte die Kokainausfuhr nach Europa dramatisch steigen und damit in Europa die Preise fallen lassen. Die europäische Polizeibehörde Europol befürchtet in ihrem neuesten Bericht, dass „Europa zum Transitknoten für Lieferungen werden könnte für expandierende Kokainmärkte in Russland, China und Indien, im Nahen Osten oder in Australien“.
Die etwas andere Freihandelszone
Im Amazonasgebiet wird die Droge über Tausende von Flüssen mit ihren Nebenarmen transportiert. Auf Kanus wie in Boa Frente, auf Fracht- und Siloschiffen, die mitten auf dem Amazonas beladen werden, auf Fähren, welche die Flussstädte abklappern. Zwischenziel der Drogenkuriere ist die Amazonasmetropole Manaus, wo der Stoff gesammelt und reisefertig für den Transport nach Europa gemacht wird.
Riesig, chaotisch und unkontrollierbar
Die Zwei-Millionen-Einwohner-Metropole mitten im Regenwald mit dem Opernhaus der Kautschuk-Barone bietet sich dafür perfekt an: In einem Industriegebiet zwischen übrig gebliebenen Regenwaldstücken am Fluss – riesig, chaotisch und unkontrollierbar – werden dank einer großen Freihandelszone Motorräder, Autos, Waschmaschinen und Fernseher zusammengebaut. Die Teile und Bausätze kommen in Containerschiffen aus Asien und Europa. Auf dem Weg zurück bringen sie das Kokain zu den Hafenstädten im Nordosten Brasiliens oder transportieren es direkt über den Atlantik nach Norden.
Geschichte der Drogen: Raketentreibstoff und Panzerschokolade
Alexander von Humboldt bereist Lateinamerika und berichtet, wie Einheimische die Blätter der Kokapflanze konsumieren. Das zügelt ihren Appetit, und die harte Feldarbeit fällt ihnen leichter.
In Göttingen gelingt es dem Apotheker und Chemiker Albert Niemann, die aktiven Komponenten des Koka-Strauches zu isolieren. Er gibt dem Stoff den Namen Kokain. Weil er euphorisiert und betäubt, wird er zunächst bei Patienten mit Depressionen und bei Operationen eingesetzt.
1883 mischt der bayrische Militärarzt Theodor Aschenbrand seinen Soldaten Kokain ins Essen. Mit beeindruckendem Ergebnis: Selbst sehr erschöpfte und verwundete Soldaten fangen wieder an zu kämpfen.
Ein neues Mittel gegen Kopfschmerzen, Hysterie, Melancholie und Müdigkeit kommt auf den Markt: Coca-Cola. Sein Erfinder John Stith Pemberton bewirbt die Medizin als „Brain Tonic“ – zu Deutsch: Hirntrunk. Zeitweise soll ein Liter etwa 250 Milligramm Kokain enthalten haben.
Am 17. Dezember 1914 gibt es schärfere Gesetze in den USA: Der Missbrauch von Kokain wird unter Strafe gestellt. Der Stoff verschwindet aus Coca-Cola und wird durch Koffein ersetzt.
Während es mit der Wirtschaft bergab geht, hat der Kokainkonsum in Deutschland Hochkonjunktur. Hier wird er erst um 1930 verboten.
Knapp 40 Jahre, nachdem Amphetamin erstmals künstlich hergestellt wurde, testet der US-Chemiker Gordon Alles im Selbstversuch, wie der Stoff wirkt: stimulierend und euphorisierend.
1932 bringen US-Pharmafirmen ein Amphetamin-Präparat auf den Markt: Benzedrine soll Krampfanfälle von Asthmatikern lindern. Kurz darauf wird es auch gegen 40 weitere Krankheiten eingesetzt, zum Beispiel Allergien und Erkältungen.
Studenten der Universität Minnesota bemerken in einem Forschungsprojekt, dass Amphetamin Müdigkeit vertreibt, und sie benutzen es, um nächtelang zu lernen.
Benzedrine gibt es jetzt auch als Tablette. Und es wird bald ein Kassenschlager: Wer sich damit aufputscht, kann rund um die Uhr arbeiten.
1938 wird in Deutschland das Mittel Pervitin zugelassen und massiv beworben. In ihm steckt der Wirkstoff Methamphetamin, das noch stärker stimuliert als Amphetamin. Eine kleine Dosis der „Wunderdroge“ genügt, um 24 Stunden am Stück wach bleiben zu können.
Deutsche Soldaten fallen in Polen ein. Viele von ihnen stehen unter Drogen. Millionen Einheiten Pervitin – auch bezeichnet als „Panzerschokolade“ oder „Hermann-Göring-Pillen“ – halten die Wehrmacht und die Arbeiter in der Rüstungsindustrie wach und fit. Der Stoff nimmt den Soldaten Todesangst, Durst und Hungergefühl, steigert ihre Aggressivität und Leistungsbereitschaft.
Angesichts hoher Nebenwirkungen erkennt der „Reichsgesundheitsführer“ der Nazis im Jahr 1941 die „Pervitingefahr“. Das Mittel wird verschreibungspflichtig.
Im Zweiten Weltkrieg ziehen auch britische, amerikanische und japanische Soldaten mit Millionen von Amphetamin-Tabletten in den Krieg. Der Stoff versetzt sie in den sogenannten „Fight, Fright, Flight“-Zustand: Der Körper konzentriert sich auf „Kämpfen, Fürchten, Flüchten“ und das pure Überleben. Alle anderen Bedürfnisse werden abgeschaltet.
Der Chemiker Leandro Panizzon synthetisiert Methylphenidat – ein künstlicher und anregender Stoff, der Amphetamin ähnelt. Nach Jahrzehnten im Schattendasein wird es als Ritalin seinen Siegeszug antreten. Namensgeberin ist übrigens Marguerite Panizzon, die Ehefrau des Forschers: Sie nimmt das Mittel vor dem Tennisspielen und spielt gleich viel besser.
Auch wenn 1945 der Zweite Weltkrieg endet, geht der Konsum von Aufputschmitteln weiter: Lastwagenfahrer, Lohnschreiber und Studenten setzen auf die stimulierende und Schlaf verhindernde Wirkung von Amphetamin.
Die USA und 15 andere Nationen intervenieren im Koreakrieg. US-Soldaten injizieren sich „Speedballs“: Cocktails aus Heroin und Amphetamin, das sie „Splash“ nennen.
Der österreichische Bergsteiger Hermann Buhl erklimmt im Himalaya den Nanga Parbat (8125 Meter) – auch dank Pervitin.
In Bern gewinnt die deutsche Nationalelf die Fußball-WM. Ihr Mannschaftsarzt wird später verdächtigt, den Spielern den „Raketentreibstoff“ Pervitin eingeflößt zu haben.
Ritalin ist jetzt auch in Deutschland zu haben: Wer schnell müde wird oder deprimiert ist, soll es nehmen, empfiehlt die Werbung – außerdem all jene, die nach einer schlaflosen Nacht am nächsten Tag Vollgas geben müssen.
Die USA bombardieren Ziele in Nordvietnam. In den folgenden Jahren werden an die US-Militärs in Indochina über 200 Millionen Einheiten Amphetamine verteilt.
Hippies in den USA berauschen sich an der „Liebesdroge“ MDMA – einem Amphetaminabkömmling, der später als Ecstasy bekannt wird.
In den USA werden die Gesetze verschärft: Wer Amphetamin ohne Genehmigung herstellt, besitzt oder damit handelt, macht sich strafbar. Präsident Richard Nixon erklärt dem „Staatsfeind Nummer eins“ den Krieg: Der „War on Drugs“ beginnt.
1971 löst in Deutschland das Betäubungsmittelgesetz das Opiumgesetz von 1929 ab. Die ungenehmigte Produktion von und der Handel mit Amphetaminen werden erst 1981 strafbar.
In den USA mehren sich die Fälle von heftigem Methamphetamin-Missbrauch: Der Konsum von „Crystal“ oder „Meth“ steigt bis heute immer weiter an. Der Stoff macht enorm abhängig, stürzt die Konsumenten in einen orgiastischen Rausch und ruiniert ihr Leben in kürzester Zeit.
Der Amphetaminabkömmling MDMA darf in den USA nicht mehr benutzt werden – dennoch hat er als Partydroge Ecstasy eine steile Karriere vor sich. Wer sie nimmt, kann zwar nicht besser arbeiten, aber besser feiern.
Während Methamphetamin in den USA um sich greift, wird das baugleiche Pervitin aus den Regalen der deutschen Apotheken verbannt. Ritalin, das lange frei verkäuflich war, darf nur noch in geringen Mengen abgegeben werden.
Vier Wochen nach den Anschlägen auf das World Trade Center beginnt in Afghanistan die Operation „Enduring Freedom“. In dem jahrelangen Einsatz schlucken viele Soldaten Antidepressiva wie Prozac. Schon länger nehmen Piloten der US-Air-Force vor Kampfeinsätzen „go pills“ – kleine Dosen Amphetamin.
Alleine im Februar beschlagnahmte die Polizei in Hamburg 700 Kilogramm Kokain, die größte Ladung, die dort seit 2010 ins Netz der Behörden ging. In England wurden 360 Kilogramm Kokain an die Küste geschwemmt, an Schwimmwesten gebunden. In Antwerpen beschlagnahmten die Fahnder mit 33,5 Tonnen 2015 bereits doppelt so viel Kokain wie im Jahr zuvor.
Die Alte Welt ist für die Drogenproduzenten aus Südamerika besonders attraktiv geworden. Einerseits fürchten die Produzenten, dass bald der Schmuggel in die USA erschwert werden könnte, wenn der neue US-Präsident Donald Trump die Grenze zu Mexiko tatsächlich schließen sollte. Andererseits sind die Gewinne im Kokaingeschäft mit Europa höher: Nach Angaben der US-Drogenbehörde DEA ist der Konsumentenpreis für Kokain mit umgerechnet 60.000 Dollar im Durchschnitt fast doppelt so hoch wie in den USA.
Traditionell verlaufen die Kokainschmuggelrouten aus Brasilien über den südlichen Teil Brasiliens: Das meiste Kokain wird aus Bolivien und Peru in die industrialisierten und reichen Bundesstaaten São Paulo und Rio de Janeiro geschmuggelt. Brasilien ist in wenigen Jahren selbst zum zweitgrößten Konsummarkt für Kokain und Crack weltweit geworden nach den USA. Doch die Transportrouten erweitern sich jetzt: „Am Amazonas geht es jetzt vor allem um die Kontrolle über neue Exportschmuggelrouten nach Europa“, sagt Marília Pimenta, brasilianische Sicherheitsforscherin an der Universität Syracuse. „Der interne Markt ist nicht mehr das Ziel.“
Anfang Februar trafen sich die Verteidigungsminister Brasiliens und Kolumbiens zu einem Krisengipfel in Manaus. „Wir müssen verhindern, dass die von der Farc aufgegebenen Drogenanbaugebiete nun von anderen militärischen Gruppen übernommen werden“, sagte Luis Carlos Villegas, der kolumbianische Verteidigungsminister bei dem Treffen. Doch das ist längst geschehen.
Der Frieden brachte den Konflikt
Statt weniger produziert Kolumbien heute mehr Kokain. Die Gewalt hat nicht abgenommen, sie nimmt sogar wieder zu – in Kolumbien, aber auch in Brasilien.
Der Weg der Drogen nach Europa
Zuletzt hatte die Drogenmafia 2007 so viel Coca angebaut wie derzeit. Die Anbaufläche konnte die Farc so schnell ausweiten, weil die Regierung ihnen zugesagt hatte, während der Verhandlungen keine Plantagen mehr mit Lufteinsätzen und Pflanzengiften zu zerstören. Die Farc nutzte diese Schonfrist, um die Produktion hochzufahren. Sie wollte finanzielle Reserven aufbauen, für die Zeit nach der Rückkehr in die Zivilgesellschaft, aber auch für den Fall, dass die Verhandlungen scheitern würden. Für die Rekordproduktion suchen die neuen Chefs der Coca-Plantagen und Kokainlabors nun neue Abnehmer und Märkte.
Der brasilianische Amazonas bietet sich als Korridor an: Dort leben nur 25 Millionen Menschen auf der Fläche halb Europas.
Wie schwierig dort die Kontrolle ist, das zeigt sich in Tabatinga. Auf der kolumbianischen Seite heißt sie Leticia, eine Stadt im Dreiländereck zwischen Peru, Brasilien und Kolumbien. Die brasilianische Bundespolizei hat dort 30 Offiziere stationiert. Sie sollen ein Gebiet so groß wie Frankreich sichern. Den ganz in der Nähe kasernierten Militärs geht es nicht viel besser: Es sind 70 Soldaten. Sie sollen eine Grenze überwachen, die mit 10.000 Kilometern dreimal so lang ist wie die zwischen den USA und Mexiko.
Der Kampf der Knastmafias
Noch ist nicht ausgemacht, wer künftig den Drogenhandel am Amazonas kontrollieren wird. Derzeit kämpfen drei brasilianische Mafiagruppen brutal um die Kontrolle. Es sind Knastmafias, weil ihre Befehlshaber einsitzen und von den Gefängnissen aus den Drogenhandel und die Organisationen führen und neue Mitglieder rekrutieren. Auch ihre Kampfarenen sind die überfüllten Knäste am Amazonas. Dort dominiert die in der Region einflussreiche Familia do Norte, also Familie des Nordens. Sie kontrolliert bisher den Drogenhandel im Amazonasgebiet.
In der Silvesternacht töteten in Manaus Mitglieder der „Familia“ im Gefängnis von Manaus 56 Mitglieder der aus São Paulo stammenden PCC, des „Ersten Kommandos der Hauptstadt“, der am besten organisierten Drogenmafia des Landes, die sich das lukrative Geschäft am Amazonas unter den Nagel reißen will. Vier Tage später kam die Rache im Gefängnis der Amazonas-Provinzstadt Boa Vista. Dort köpften und vierteilten PCC-Mitglieder wiederum 31 Vertreter der Familie.
Hugo Acero, ehemaliger Sekretär für Sicherheit der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá und heutiger UN-Berater fürchtet, dass Brasilien die gleiche Entwicklung droht wie Mexiko. „Der Drogenhandel am Amazonas macht aus kleinen unorganisierten Banden in kurzer Zeit perfekt funktionierende Großunternehmen.“ So wie es in Mexiko geschehen ist: Dort boten sich lokale kriminelle Organisationen den Kokainproduzenten aus Kolumbien als Schmuggler in die USA an. In wenigen Jahren wurden aus den Logistikern, welche die Drogen in den Norden schmuggelten, mächtige Drogenmafias, die nun nach und nach begannen, selbst Drogen zu produzieren.
Drogen
Es gibt unzählige Varianten der berauschenden Pflanze. Die beiden größten sind Cannabiskraut (Marihuana) und Cannabisharz (Haschisch). Zwar nimmt innerhalb der EU angebautes Cannabiskraut auf dem Markt eine vorherrschende Stellung ein, aber das Cannabisharz aus Marokko, dessen Wirkstoffgehalt steigt, wird bisweilen in die EU geschmuggelt wird. Kriminelle Gruppierungen machen sich das gesamte Potenzial technologischer Neuerungen zunutze, um die Produktionsmengen zu steigern und den Wirkstoffgehalt der Drogen zu erhöhen.
Kokain, je nach Verarbeitung auch als Koks, Schnee, Coke, Crack und Rocks bezeichnet, ist ein weißes kristallartiges Pulver, das mit Hilfe verschiedener chemischer Prozesse aus den Blättern des Kokastrauches gewonnen wird. Es wirkt sowohl berauschend wie auch örtlich betäubend. Es ist das in Deutschland am häufigsten konsumierte Stimulans.
Amphetamine (Speed, Crystal, Glass) und Ecstasy (MDMA, XTC, Adam oder Cadillac) sind eine Gruppe synthetisch hergestellter Substanzen, die teilweise auch in Medikamenten enthalten sein können (Amphetamine). Sie haben - je nach chemischer Struktur - eine aufputschende und/oder halluzinogene Wirkung. Und können vor allem zur psychischen Abhängigkeit führen.
Das als Ecstasy bekannte Amphetaminderivat MDMA wird hauptsächlich in Form von Kapseln oder Tabletten konsumiert. Inzwischen werden auf dem illegalen Markt die verschiedensten Substanzen unter der Bezeichnung Ecstasy angeboten. Insbesondere Kapseln sind häufig verunreinigt und mit zusätzlichen Wirkstoffen wie Amphetamin und Coffein versetzt.
Die natürliche Herkunftspflanze des Heroins ist Mohn. Heroin ist ein durch chemische Prozesse aus dem Rohopium des Schlafmohns gewonnenes Pulver mit betäubender und zugleich euphorisierender Wirkung. Nachdem die Verfügbarkeit eine Zeit lang zurückgegangen war, sind seit Kurzem Anzeichen für eine erneute Zunahme erkennbar
Legal Highs, oder so genannte Neue Psychoaktive Substanzen (NPS) werden als „legaler“ Ersatz für illegale Drogen in großer Zahl offen verkauft. Bei diesen Substanzen gibt es keine Anzeichen für eine rückläufige Entwicklung. Im Jahr 2015 wurden 100 neue Substanzen erstmalig gemeldet. So sind gesonderte, aber sich überschneidende Märkte entstanden, auf denen beispielsweise Legal Highs,
„Forschungschemikalien“ und „Nahrungsergänzungsmittel“ über den stationären und
den Online-Handel vertrieben werden. Mit der zunehmenden Verfügbarkeit nehmen
auch die Schäden zu, beispielsweise akute, bisweilen tödliche Vergiftungen.
Für Ethan Nadelmann von der nordamerikanischen Drug Policy Alliance, einer Lobbygruppe aus New York, die sich gegen die repressive US-Regierungspolitik einsetzt, braucht Brasilien eine neue Drogenpolitik: Legalisierung weicher Drogen, wie es etwa Uruguay vormache, statt mehr Repression und überfüllte Gefängnisse. Nadelmann sagt: „Brasiliens Städte erleben gerade eine Situation wie Chicago unter Al Capone.“
In den Hafenstädten an der nordbrasilianischen Atlantikküste lässt sich das beobachten: Noch vor Kurzem waren Natal, Salvador, Belém oder Maceió bei Touristen weltweit beliebte Geheimtipps: verschlafene Provinzstädte mit Traumstränden vor Kokospalmen. Doch inzwischen erreichen die Mordraten in den Provinzhauptstädten weltweite Spitzenwerte – wie sonst nur in Bürgerkriegsgebieten. Unter den 30 Städten mit den höchsten Mordraten weltweit befinden sich elf Gemeinden in Brasiliens Amazonasgebiet und Nordnordosten.