Dublin-Verfahren EU will Flüchtlinge nach Griechenland zurückbringen

Fünf Jahre lang durften EU-Staaten Flüchtlinge nicht zurück nach Griechenland schicken. Nun will die EU-Kommission das wieder ändern. Ab März sollen Asylbewerber aus anderen EU-Staaten dorthin abgeschoben werden.

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Die zwischen EU und der Regierung in Ankara vereinbarte Rückführung von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei verläuft noch immer schleppend. Quelle: dpa

Brüssel Flüchtlinge sollen nach Vorstellungen der EU-Kommission ab Mitte März 2017 wieder nach Griechenland zurückgebracht werden, wenn sie dort erstmals den Boden der Europäischen Union betreten haben. Die Brüsseler Behörde empfahl am Donnerstag die schrittweise Wiederaufnahme dieses sogenannten Dublin-Verfahrens. Damit will sie mehr Menschen von der irregulären Einreise nach Europa abhalten. Die Regel soll für Migranten gelten, die ab dem 15. März in Griechenland ankommen und sich von dort auf den Weg in andere EU-Staaten machen. Unbegleitete Minderjährige sollten vorerst nicht nach Griechenland zurückgebracht werden, und die dortigen Behörden müssten gewährleisten, dass jeder Abgeschobene in angemessenen Aufnahmezentren untergebracht werde.

Das Dublin-System war im Sommer 2015 unter dem Zustrom von Millionen Flüchtlingen zusammengebrochen, von denen die meisten über Griechenland Richtung Deutschland und Nordeuropa gereist sind. Die Regel, dass ein Migrant in jenes EU-Land zurückgebracht wird, das er zuerst betreten hat, ist im Falle Griechenlands allerdings schon seit 2011 ausgesetzt. Damals hatten der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und der Gerichtshof der EU (EuGH) entschieden, dass das griechische Asylsystem vor allem bei der Unterbringung keinen internationalen Standards genügt und deshalb Flüchtlinge nicht mehr dorthin abgeschoben werden dürfen. Die Lage hat sich nach Angaben der EU-Kommission aber gebessert, auch weil den griechischen Behörden mehr als eine Milliarde Euro zugewiesen wurden, um die Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen.

Derzeit halten sich nach EU-Angaben noch über 62.000 illegal Eingereiste in Griechenland auf. Bisher wurden über 8000 Flüchtlinge von dort in andere EU-Staaten gebracht, um das unter der Schuldenkrise leidende Land zu entlasten. Ursprünglich sollten 160.000 Menschen von EU-Partnern aufgenommen werden, was bisher aber am Widerstand vor allem osteuropäischer Staaten scheiterte. Die EU-Kommission forderte die Länder erneut zu mehr Anstrengungen auf und schlug die Aufnahme von mindestens 2000 Menschen pro Monat aus Griechenland und 1000 aus Italien vor. Für Griechenland solle sich die Zahl ab April auf 3000 erhöhen. Direkt aus Drittstaaten wie der Türkei, Libanon und Jordanien nahm die EU bisher 13.887 syrische Bürgerkriegsflüchtlinge auf.

In den Aufnahmelagern auf den griechischen Ägäis-Inseln ist die Lage weiter angespannt. Die zwischen EU und der Regierung in Ankara vereinbarte Rückführung von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei verläuft EU-Diplomaten zufolge noch immer wegen langer Verfahrenszeiten vor den griechischen Gerichten schleppend. Der EU-Kommission zufolge wurden 1187 Menschen in die Türkei zurückgebracht. Seit März kommen pro Tag im Durchschnitt 92 Menschen in Griechenland an. Vor dem EU-Abkommen mit der Türkei waren es mehrere Tausend pro Tag.

Von den zugesagten drei Milliarden Euro Hilfen für die Türkei zur dortigen Versorgung von Flüchtlingen wurden bisher 677 Millionen Euro überwiesen. Die Vereinbarungen sind insbesondere seit dem Vorgehen der türkischen Behörden gegen Oppositionelle nach dem Putschversuch im Sommer in die Kritik geraten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte seinerseits damit, wieder mehr Flüchtlinge in die EU zu lassen. Bisher ist dies aber nicht geschehen.

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